Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nobelpreis für Medizin: Für Babys aus der Retorte
> Eine Million Euro für die Entwicklung der künstlichen Befruchtung: Am
> Montag wurde der diesjährige Nobelpreis für Medizin an den britischen
> Forscher Robert Edwards vergeben.
Bild: Der Erfinder der künstlichen Befruchtung: Forscher Robert Edwards.
BERLIN taz | Der 101. Nobelpreis für Physiologie oder Medizin ist für die
Erfindung einer gesellschaftlich ebenso bedeutenden wie umstrittenen
Technologie vergeben worden: Der Brite Robert Edwards erhielt die
Auszeichnung für seinen Beitrag zur Entwicklung der künstlichen
Befruchtung. Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit.
Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist mit einem Preisgeld von zehn
Millionen Schwedischen Kronen, oder umgerechnet runde eine Million Euro,
dotiert.
Das Karolinska-Institut begründete die Entscheidung damit, dass die Arbeit
von Edwards eine "Behandlung" von Unfruchtbarkeit ermöglicht habe. Er habe
nicht nur bereits seit den 1950er Jahren systematisch die Grundlagen der
menschlichen Fruchtbarkeit untersucht, sondern vor allem als erster
Forscher eine künstliche Befruchtung an Menschen durchführen können und
diese anschließend weiterentwickelt. Zuvor waren ähnliche Methoden nur in
Tierversuchen erfolgreich.
Bei der In-Vitro-Fertilisation genannten Befruchtungsmethode werden Eizelle
der Mutter und Spermien des Vaters zunächst entnommen und dann in einer
Laborschale in einer geeigneten Flüssigkeit zusammengebracht. Dieser Ansatz
wurde in den vergangenen 30 Jahren zu mehreren ausgefeilteren Varianten
weiterentwickelt. In Deutschland ist die Anwendung der
In-Vitro-Fertilisation nur erlaubt, wenn bei einem Paar ein Jahr lang -
trotz regelmäßigem Geschlechtsverkehr - eine Schwangerschaft ausbleibt.
Robert Edwards wurde 1925 im britischen Leeds geboren und gilt als einer
der Pioniere auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin. Seit 1963
unterrichtete er an der renommierten Universität Cambridge, 1985 wurde er
dort Professor für Physiologie. Zusammen mit dem Gynäkologen Patrick
Steptoe gründete Edwards eine auf künstliche Befruchtungen spezialisierte
Klinik. Edwards lebt heute in einem Seniorenheim in Großbritannien.
Am 10. November 1977 wurde unter Edwards Leitung Louise Joy Brown als
erster Mensch in einem Labor gezeugt. Eine Eizelle ihrer Mutter Lesley
wurde im Reagenzglas mit Spermien ihres Vaters John befruchtet,
anschließend wurde die so künstlich befruchtete Eizelle in die Gebärmutter
der Mutter eingesetzt. Am 25. Juli 1978 kam Louise Joy im Oldham Hospital
in der Nähe von Manchester auf die Welt. Ihre Eltern hatten zuvor aufgrund
einer Eileiter-Fehlfunktion der Mutter neun Jahre lang vergeblich versucht,
ein Kind zu zeugen.
Die Entwicklung einer Technologie zur künstlichen Befruchtung wurde schon
früh kritisiert. Der oberste Geistliche von Venedig und spätere Papst
Johannes Paul I., Albino Luciano, äußerte Ende der 1970er Jahre die
Befürchtung, Frauen könnten dadaurch als "Baby-Fabriken" missbraucht
werden. In jüngster Zeit wird vor allem über die Möglichkeit einer
unnatürlichen Auslese bei der künstlichen Befruchtung diskutiert. Kritiker
befürchten, dass neue Methoden zur DNA-Analyse Ungeborener in Kombination
mit einer künstlichen Befruchtung zu so genannten Designer-Babys führen
könnten.
Die feierliche Überreichung des Nobelpreises findet traditionsgemäß am 10.
Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel. Ob Robert
Edwards seinen Preis dann persönlich entgegennehmen könne, sei wegen seines
Gesundheitszustandes fraglich, sagte ein Sprecher des Nobelkomitees.
4 Oct 2010
## AUTOREN
Thomas Schmid
## TAGS
künstliche Befruchtung
## ARTIKEL ZUM THEMA
IVF-Pionier Robert Edwards gestorben: Vater der Retortenbabys
Für seine Arbeiten zur künstlichen Befruchtung bekam der IVF-Pionier 2010
den Nobelpreis für Medizin. Weit über vier Millionen Retortenkinder gibt es
inzwischen.
Reproduktion in Grossbritannien: Bezahlte Eizellen
Wieviel ist ein Leben wert? In Grossbritannien gibt es zu wenige Eizell-
und Samenspender. Nun wird geprüft, ob das die finanzielle Entschädigung
dafür erhöht werden kann.
Nobelpreis für Physik: Flach, flacher, Graphen
Für bahnbrechende Kohlenstoffexperimente: Der Nobelpreis für Physik geht in
diesem Jahr an den Niederländer Andre Geim und den russisch-britischen
Forscher Konstantin Nowoselow.
Arte-Doku über Babyproduktion: Embryos in der Milchkanne
Die Arte-Dokumentation "Google-Baby" gibt Einblicke in die Babyproduktion
in Zeiten der Globaliserung. Freitag, 22.40 Uhr, Arte
Pro & Contra: Gibt es dank PID bald Designerbabys?
Gestattet das Karlsruher Urteil die Auslöschung von Behinderten? Oder haben
Familien jetzt endlich eine legale Option, trotz Erbkrankheiten ein
gesundes Kind zu bekommen?
BGH erlaubt Gentests an Embryonen: Selektion ist zulässig
Künstlich erzeugte Embryonen müssen nicht eingepflanzt werden, wenn sie
Gendefekte aufweisen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden - und die
sogenannte Präimplantationsdiagnostik erlaubt.
Streit um befruchtete Eizellen: Frau darf von Totem schwanger werden
Eine Klinik weigerte sich, künstlich befruchtete Eizellen an eine Witwe
herauszugeben. Sie klagte. Jetzt gab ihr das Oberlandesgericht recht.
Samen- und Eizelle seien bereits "innig" verbunden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.