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# taz.de -- Arte-Doku über Babyproduktion: Embryos in der Milchkanne
> Die Arte-Dokumentation "Google-Baby" gibt Einblicke in die Babyproduktion
> in Zeiten der Globaliserung. Freitag, 22.40 Uhr, Arte
Bild: Indische Leihmütter in ihrer Unterkunft.
Große braune Augen, allzeit vergnügt, Talia ist das perfekte Baby. Das
findet nicht nur Vater Doron. Auch die Freunde, die zum Umtrunk Platz
genommen haben, sind entzückt. Wenn die Sache nur nicht so kostspielig
wäre. Denn Talia ist nicht nur süß, sie war auch teuer. 100.000 Dollar
haben Doron und sein Partner in Eizellspende und Leihmutterschaft
investiert. In den USA kostet das eben so viel.
"Google Baby", der als bester Dokumentarfilm auf dem israelischen Doc Aviv
Filmfestival ausgezeichnet wurde, will die Babyproduktion in Zeiten der
Globalisierung beleuchten, zeigt jedoch vor allem die eitle Seite des
Kinderwunsches. Ein Kind dank Leihmutterschaft, so die unterschwellige
Botschaft, ist vor allem unnötiges Luxusgut, das sich hier entweder schwule
Paare oder selbstgerechte über 50-Jährige leisten.
Knapp 80 Minuten begleitet der Film Doron, der als Betroffener eine
Geschäftsidee entwickeln will, mit der die Leihmutterschaft für jedermann
bezahlbar wird. Sein Konzept: Eizellentnahme und Befruchtung finden in den
USA statt, ausgetragen werden die Embryonen in Indien. Online aufgeführte
Eizell-Spenderinnen gibt es bei "Egg Donation" genug. "Wir haben
Schauspielerinnen, Models, Akademikerinnen. Oft ist es einfach eine rundum
tolle Frau", wie die Dame von der Spendenorganisation betont. Bloß mit
Google hat das alles nichts zu tun - der Filmtitel ist eher ein
Marketingtrick.
Mit einem milchkannegleichen Behälter voller Embryonen reist Doron
schließlich nach Indien. Hier arbeitet die Ärztin Dr. Nayna Patel daran,
kinderlose Paare zu Paaren mit Kindern zu machen. Für sie ist es eigentlich
ein Tauschgeschäft: "Eine Frau hilft der anderen", sagt Dr. Patel zu einer
der Leihmütter. "Ihre Auftraggeberin kann kein Kind bekommen. Sie wiederum
haben kein Haus und können ihrem Sohn keine Ausbildung zahlen. Das tun
jetzt die Auftraggeber." Am Ende reichen gut 6.000 Dollar für ein
Eigenheim.
Gott spielende Ärzte, die Leihmutter als Leidtragende: Was zunächst nach
klarer Rollenverteilung aussieht, bekommt bei genauerem Hinsehen Risse. Die
Bösen sind mitunter sympathisch, die Guten nicht gut genug. Wie Dr. Patel,
die trotz der Zweifelhaftigkeit ihres Unternehmens auf klare Abmachungen
und faire Behandlung der Leihmütter pocht. Dass das Thema nicht plump
abgehandelt wird, ist eine der großen Stärken des Films.
Das Geburtshaus in Indien kann eine gewisse Fabrikähnlichkeit nicht
leugnen. Alles ist straff organisiert, auch die Einnahme der
Nahrungsergänzungsmittel. Im ewig plärrenden Fernseher läuft eine indische
Soap, die werdenden Mütter streicheln abwesend ihre kugeligen Bäuche, über
ihnen surrt ein Ventilator. Nach neun Monaten sind dann die Auftraggeber
da.
Leute wie das Schwulen-Pärchen, das Monate zuvor auf der babyblauen
Homepage von "Egg Donation" sie die künftige Erbgut- und Eizellspenderin
ausgewählt hatte. "Das ist wie Online-Dating", sagt einer der beiden,
während er sich durch die Hochglanzfotos klickt. "Ich will eine, die mich
an meine Mutter oder Schwester erinnert."
Dass die Anteilnahme am Heranwachsen des Fötus bei seinen Kunden jedoch
gleich null ist, scheint auch Doron zu irritieren. "Sie kommen eben bloß am
Ende und holen ihr Kind ab", sagt er, blickt zu Boden und macht sich -samt
Embryonen in der Milchkanne - auf den Weg nach Indien.
Sendetermine auf Arte: 03. September 2010 um 22.40 Uhr
(Wiederholung: 03. September 2010 um 23.00 Uhr, 05. September 2010 um 01.35
Uhr)
3 Sep 2010
## AUTOREN
Anne C. Schmidt
## TAGS
Indien
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