# taz.de -- Twitter und die Werbung: Wodka für mehr Speed | |
> Twitter-Gründer Biz Stone wurde von einem Spirituosenhersteller für einen | |
> Werbespot verpflichtet. Bei Twitter selbst lassen die Reklame-Umsätze | |
> weiter zu wünschen übrig. | |
Bild: Mal Wodka, mal Web: Biz Stone. | |
Wo es der Facebook-Gründer bereits zu einem Film gebracht hat, da schafft | |
es ein Twitter-Gründer wenigstens in die Werbung. Nach Mark Zuckerberg, | |
dessen Kino-Alter-Ego Jesse Eisenberg im Facebook-Drama [1]["The Social | |
Network"] gerade Kinoerfolge feiert, ist nun Twitter-Mitbegründer Isaac | |
"Biz" Stone dran. In einer [2][Reklame] für eine russisch-amerikanische | |
Wodka-Marke trifft er auf sich selbst und darf - mit etwas Selbstironie - | |
sein Online-Netzwerk als ein Internet-Angebot feiern, dass "die | |
Geschwindigkeit im Business total verändert" habe. | |
Wie viel Geld Stone für seine Wodka-Werbung bekam, ist nicht bekannt - auch | |
wenn sich das US-Klatschblog "Valleywag" darüber [3][l][4][ustig] machte, | |
der Twitter-Manager habe für den Spot uncoolen "Appletini" zu sich nehmen | |
müssen, obwohl er doch eigentlich Experte für gute Cocktails sei. | |
Möglicherweise ist die Reklame-Erfahrung ja hilfreich, Twitter endlich zu | |
ausreichenden Umsätzen zu verhelfen, damit sich die Firma selbst | |
finanzieren kann. Vorbereitende Maßnahmen wurden bereits getroffen: Mitte | |
September begann Twitter, seinen Web-Auftritt zu überarbeiten. Dieser | |
[5][Mini-Relaunch], firmenintern "#NewTwitter" getauft, betraf vor allem | |
die wichtigen Seiten mit den Nutzerbotschaften, also jene, die User am | |
häufigsten anklicken. Der überarbeitete Look ist mittlerweile bei den | |
meisten Nutzern angekommen - und bietet nun jede Menge Platz für | |
Werbebotschaften auch multimedialer Art, sollte sich das Unternehmen | |
künftig für radikalere Reklameformen entscheiden. | |
Bislang hieß es stets, Werbung auf Twitter dürfe nicht nerven. Das gelang | |
mit den derzeit verfügbaren Werbevarianten, "Promoted Tweets" und "Promoted | |
Trends" genannt, relativ gut. Sie tauchen entweder dezent wie | |
Google-Anzeigen in der Twitter-Suche auf oder werden weniger dezent in der | |
"Trends: Worldwide"-Liste gezeigt. Nerviger sind die so genannten "Promoted | |
Accounts". Mit ihnen regt Twitter bei Nutzern an ("Vorschläge für Dich"), | |
einem Werbekunden zu folgen. | |
Alle drei Reklameformen finden nur dort Anwendung finden, wo es bereits | |
regelmäßige Nutzerinteraktionen gibt. Was das genau bedeutet, weiß nur | |
Twitter selbst. Dabei fließt durchaus Geld. Wie die "New York Times" | |
berichtet, verlangt Twitter für einen "Promoted Trend" bis zu 100.000 | |
Dollar (knapp 72.000 Euro) pro Tag. Die Reichweite von bis zu 190 Millionen | |
Mitgliedern relativiert den scheinbar hohen Preis im Vergleich zu anderen | |
Medien. | |
Dennoch kein Wunder, dass zahlreiche Firmen angesichts solcher Preise mit | |
anderen Mitteln auf Twitter ihre Botschaften bewerben. So meinte Aaron | |
Shapiro, Partner bei der Interpublic-Agentur "Huge" gegenüber der "New York | |
Times", alle seine Kunden nutzten den Kurznachrichtendienst bereits als | |
Teil ihrer Social Media-Strategie. "Wir sehen kein besonders großen | |
Interesse an dem, was Twitter da anbietet." | |
Die Investitionen in die Vermarktung halten sich auch bei Twitter selbst in | |
Grenzen. Von den momentan 300 Mitarbeitern sollen derzeit weniger als zwei | |
Dutzend für Reklame zuständig sein, erst im Sommer wurden zusätzliche | |
Spezialisten angeheuert. Das hielt den [6][neuen Twitter-Chef] Dick Costolo | |
aber nicht davon ab, in einem Interview mit dem in Werberkreisen viel | |
gelesenen Fachblatt "Ad Age" anzukündigen, Twitter erwarte "sehr, sehr | |
bald" Reklamebuchungen im Millionenbereich. Costolo sieht sich dabei in | |
einer Liga mit Facebook, und in einigen Jahren will man vielleicht auch zu | |
Google aufschließen, das ja auch mal klein angefangen habe. | |
Davon ist Twitter derzeit noch weit entfernt. Costolo sagte, sobald das | |
Unternehmen das Gefühl habe, eine Werbe-Infrastruktur zu besitzen, "die | |
robust genug ist", werde nach Art von Google auch eine | |
Self-Service-Variante entstehen. Dort kann ein Werber mit wenigen Klicks | |
eigene Reklame einstellen und sie beispielsweise auch auf bestimmte | |
Weltregionen konzentrieren. | |
19 Oct 2010 | |
## LINKS | |
[1] /1/leben/film/artikel/1/lass-uns-doch-freunde-sein/ | |
[2] http://www.fastcompany.com/1695917/twitter-co-founder-biz-stone-has-drink-w… | |
[3] http://valleywag.gawker.com/5666820/twitter-co+founder-makes-apple-vodka-ad | |
[4] http://valleywag.gawker.com/5666820/twitter-co+founder-makes-apple-vodka-ad | |
[5] /1/netz/netzoekonomie/artikel/1/twitter-wird-schicker/ | |
[6] /1/netz/netzoekonomie/artikel/1/mitbegruender-gibt-chefposten-ab/ | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Überwachung | |
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