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# taz.de -- Neue Webseite Tianditu: Chinas Antwort auf Google Earth
> Um Google beim Geschäft mit Satellitenbildern und Karten Konkurrenz zu
> machen, hat China mit Map World einen eigenen Dienst gestartet. Wie
> gewohnt zensiert.
Bild: China auf Chinesisch: "Tianditu"-Karte
PEKING taz.de | Wolken in Form einer Weltkarte schweben auf tiefblauem
Himmel über einer Berglandschaft mit Großer Mauer: Willkommen auf der
Homepage von Map World (Tianditu)! Ist dies die neue chinesische Konkurrenz
zu Google Maps und Google Earth?
Seit der vergangenen Woche ist der Internet-Kartensuchdienst unter
[1][Tianditu.cn] online – um ihn zu benutzen, muss man allerdings
Chinesisch können. Eine englische Version gibt es bislang nicht. Betreiber
ist das staatliche Amt für Landvermessung und Kartierung.
Map World erscheint zu einer Zeit, in der die chinesische Regierung große
Anstrengungen unternimmt, die gewaltige Menge von Informationen, die
inzwischen aus China über Satellitenbilder und Karten zu finden sind, zu
regulieren. Erst im Mai hatte sie verfügt, dass jeder Internet-Anbieter für
kartographische Dienste eine Lizenz braucht - und außerdem den gesammelten
Schatz seiner Erkenntnisse auf einem Server in China speichern muss.
Ein erster Ausflug auf die noch als Testversion gekennzeichnete neue
Webseite zeigt: Als Suchdienst für Adressen von Sehenswürdigkeiten,
Krankenhäusern, Geschäften und Behörden in Chinas Städten und Dörfern
funktioniert Map World schon genauso schnell wie Google. Der winzige
Nudelsuppen-Laden, Lieblingsimbiss einer taz-Mitarbeiterin in der Nähe des
Pekinger Arbeiterstadions, ist ebenso wie das Stammrestaurant ihrer Eltern
in der fernwestlichen Provinz Gansu klar zu sehen. Ebenso leicht sind
Informationen über die Entfernung zwischen verschiedenen Gebäuden oder
Orten aufzurufen.
Die Satellitenbilder von Peking zeigen noch sommerlich belaubte Bäume. Wer
ein kleines Häuschen oder eine Straßenszene erwischen will, wird allerdings
enttäuscht; so tief hinab darf Map World nicht zoomen, dass die Menschen zu
erkennen wären. Etwas langsamer als in Peking bauen sich die Ansichten von
Orten in den politisch heikleren Grenzregionen – etwa Lhasa in Tibet oder
Kashgar in Xinjiang – auf. Schließlich sind aber auch hier die Gebäude und
Plätze auszumachen. Militärisch wichtige Punkte bleiben verschwommen oder
sind unkenntlich gemacht.
Map World ist nur die neueste Erscheinung im Kampf um politischen Einfluss
und lukrative Geschäfte im Internet. Die Pekinger Behörden wollen die 420
Millionen heimischen Internet-Nutzer mit möglichst kontrollierbarem Wissen
versorgen. Im Mai schlossen sie die Webseite Mondlicht-Forum, weil dort
Satellitenfotos von Militärbasen und Flugplätzen erschienen. In den
vergangenen Jahren wurden hunderte Festnahmen wegen "illegaler Vermessung
und kartographischer Datensammlung" gemeldet.
Peking geht es aber nicht nur um die viel beschworenen Gefahren für die
Staatssicherheit, sondern auch ums Geschäft: Die ausländische Konkurrenz
soll nicht das große Geld mit dem Internet in China machen. Nach
Medienberichten stiegen die Einnahmen aus Landkarten- und
Satelliteninformationen in China seit 2005 von 8,7 Millionen US-Dollar auf
heute 72 Millionen Dollar. Wichtiger sind wohl die Gewinne aus der Werbung.
Nach dem großen Streit zwischen Peking und Google im vergangenen Winter
haben heimische Provider wie der Suchdienst Baidu ihre Marktanteile weiter
kräftig ausgebaut. Noch etwa ein Viertel der Suchanfragen aus China richten
sich inzwischen an Google. Diese Anfragen werden automatisch auf den Server
in Hongkong umgeleitet, seitdem Firmensprecher in den USA erklärten, sie
wollten ihre Seiten nicht mehr selbst zensieren. Zensiert wird zwar
weiterhin – jetzt aber von chinesischen Filtern und Internet-Polizisten.
Allerdings: Eine Konkurrenz zu Google Earth ist der Neuling nur innerhalb
Chinas. Der Name Map World verspricht deutlich mehr, als er hält, denn von
der Welt außerhalb des Landes erfährt man noch wenig. Infos und
Kartenmaterial von anderen Kontinenten sind dürftig oder fehlen ganz,
ebenso wie Satellitenbilder, die über die Grenzen hinausreichen.
Google Earth hat in China keine Lizenz beantragt. Sonst müsste die Firma
ihre gesamten Daten auf Rechnern innerhalb Chinas speichern. Das ist kaum
vorstellbar, nachdem Google sich so lautstark über chinesische
Hackerangriffe auf wichtige Daten in ihren Computern beklagt hat.
25 Oct 2010
## LINKS
[1] http://www.tianditu.cn/
## AUTOREN
Jutta Lietsch
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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