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# taz.de -- Castor-Reaktionen in Frankreich: Medienbluff der Atomkraftgegner
> Die Castorblockade ist nicht länger ein rein deutsches Thema. Auch in
> Frankreich findet der Protest gegen die Atomkraft zunehmend Raum in der
> Berichterstattung.
Bild: Castor-Protest in Frankreich: Auch im Nachbarland beginnt die Stimmung zu…
Selten haben französische Medien so ausführlich nicht nur über die
Widerstandsaktionen gegen einen Castor-Atomtransport berichtet, sondern
auch über die (ungelöste) Frage der Entsorgung des Atommülls.
Dank der intensiven Pressearbeit zwischen dem französischen Netzwerk Sortir
du nucléaire und Greenpeace Frankreich und Deutschland, wurde auch
deutlich, wie gut heute die deutsch-französische Freundschaft beim
Widerstand gegen die Atomtransporte quer durch Europa funktioniert. Noch
bis vor Kurzem wurden die Anti-Castor-Demonstrationen vorwiegend als
deutsches Thema gesehen.
Schon vor der Abfahrt des schwer bewachten Zugs in Valognes zeigten
öffentliche und private Fernsehsender nicht nur die üblichen Kurzsequenzen
von Demonstranten in Anti-Atom-Overalls, sondern ließen Greenpeace-Sprecher
Pascal Husting und verschiedene Mitglieder von Sortir du nucléaire zu Wort
kommen.
Die Nachrichtensendungen zeigten auch, wie entlang der Strecke Strahlen
gemessen wurden und wie Aktivisten in Caen den Zug blockierten. Sechs von
diesen "Störenfrieden" drohe nun laut Le Figaro am 8. Dezember ein Prozess.
Die konservative Zeitung betont zudem, dass wegen der Aktionen rund tausend
Beamte im Einsatz standen, was sich im Vergleich zum Polizeimarsch in
Deutschland allerdings schon fast bescheiden ausnimmt.
Le Figaro zitiert im Bemühen um eine ausgewogene Berichterstattung wie die
meisten Zeitungen auch den Sprecher des Atomkonzerns Areva, der sich über
den "Medienbluff" der Atomkraftgegner ärgert, welche seiner Meinung nach
"die Angst der Leute missbrauchen". Er spielt damit auf die Warnung an,
dass dieser Zug wegen der außerordentlich großen Mengen radioaktiver
Rückstände ein "rollendes Tschernobyl auf Schienen" sei.
Die Sonntagszeitung Journal du Dimanche hob auch die "Rekorde" hervor: "Es
handelt sich um die langsamste Bahnfahrt mit dem unsichersten Fahrplan des
Jahres. Es ist auch der am schwersten bewachte Zug zwischen Valognes (am
Ärmelkanal), von wo der Castor am Freitag aufgebrochen ist, und Gorleben im
Norden Deutschlands, wo er zu einem noch unbekannten Zeitpunkt eintreffen
soll." Bemerkenswert sei auch, dass es dem Absender Areva nicht mehr
gelinge, den Castortransport in aller Heimlichkeit zu organisieren und
abzuwickeln.
Es ist nicht zuletzt einigen gut recherchierten Reportagen zu verdanken,
dass in letzter Zeit auch in Frankreich, wo 58 Reaktoren fast 80 Prozent
der Elektrizität produzieren, die Entsorgungsfrage kein Tabu mehr ist.
Diese Informationsarbeit hat unter anderem zur Folge, dass die
Urantransporte aus der Wiederaufbereitungsanlage La Hague nach Tomsk in
Sibirien eingestellt werden.
Umgekehrt wächst nun der Druck auf die Anwohner von Bure, einer Ortschaft
in Lothringen, der als Standort für eine Endlagerung in Lehmschichten in
500 Metern Tiefe designiert wurde. Denn die Polemik um die Castortransporte
hat auch der französischen Atomlobby klargemacht, dass ohne dauerhafte und
glaubwürdige Lösung für die Endlagerung die Kerntechnologie selbst in
Frankreich die Zustimmung der öffentlichen Meinung verlieren kann.
8 Nov 2010
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Frankreich
Atomaufsicht
Schwerpunkt Atomkraft
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