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# taz.de -- Krise traf Landesbanken besonders hart: Neue Geschäftsidee gesucht
> Die EU gibt der angeschlagenen WestLB drei Monate Zeit für einen
> Sanierungsplan. Ein Konzept für den gesamten Sektor gibt es jedoch nicht.
> Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Bild: Steil bergab: WestLB.
Was ist eigentlich los bei den Landesbanken?
Während der Finanzkrise sind vier der verbliebenen acht Landesbanken in
Existenznöte geraten. Der Bankenrettungsfonds Soffin und ihre Eigentümer,
also die Länder und Sparkassen, mussten sie bislang mit insgesamt rund 21
Milliarden Euro Kapital und rund 64,5 Milliarden Euro an Garantien stützen.
Warum bekommt die WestLB jetzt so viel Druck aus Brüssel?
Alle Beihilfen werden von der EU-Wettbewerbskommission gebilligt. Die zeigt
sich sehr streng und macht allen Banken strenge Auflagen: Sie müssen
schrumpfen, Arbeitsplätze abbauen und sich in Aktiengesellschaften
umwandeln, die einer strengeren Kontrolle unterliegen als Anstalten des
öffentlichen Rechts. Für die WestLB, die BayernLB und die HSH Nordbank ist
die Genehmigung nur vorläufig, weil Kommissar Joaquín Almunia ihre
Überlebensfähigkeit in Frage stellt. Besonders skeptisch ist er bei der
WestLB, die nach den Brüsseler Vorgaben bis Ende 2011 verkauft werden soll.
Für sie wurde zusätzlich eine Bad Bank gegründet, die riskante Papiere im
Wert von 77 Milliarden Euro übernahm. Nach Almunias Einschätzung soll die
WestLB bei der Auslagerung zu großzügig gewesen sein und sich so
zusätzliche 3,4 Milliarden Euro ungenehmigte Hilfen verschafft haben. Die
Düsseldorfer Landesregierung weist diesen Vorwurf zurück. Bei einem
Treffen, zu dem Almunia Vertreter von Bundes- und Landesregierung sowie der
WestLB am Montag nach Brüssel geladen hatte, verlangte der Kommissar nun
einen neuen Sanierungsplan, der bis Februar vorgelegt werden soll.
Warum lässt man die Problembanken nicht einfach pleite gehen?
Auf die Landesbanken entfällt noch immer rund ein Fünftel des
Geschäftsvolumens aller deutschen Bankinstitute. Das ist in etwa so viel
wie die Deutsche Bank mit Postbank, die Commerzbank mit der Dresdner Bank
und die UniCreditbank zusammen halten. Zudem beschäftigen die
öffentlich-rechtlichen Institute rund 55.250 Menschen. Als systemisch
relevant gelten sie aber vor allem wegen ihrer eigentumsrechtlichen
Verflechtung. So bürgen die Sparkassenverbände in Nordrhein-Westfalen
gemeinsam mit der Landesregierung für Anleihen von über 50 Milliarden Euro,
die die WestLB vor 2005 ausgegeben hatte. Bei einer Pleite blieben sie auf
dieser Summe sitzen. Das würde der regionalen Wirtschaft den Boden
entziehen, die auf die Sparkassen angewiesen ist. Und weil die gemeinsame
Sicherungseinrichtung der Sparkassen einspringen müsste, blieben auch die
anderen Sparkassenverbände nicht verschont.
Ist der Staat ein schlechter Banker?
Dieses Vorurteil lässt sich so generell nicht halten. Zwar haben die
Landesbanken im Schnitt Renditen, die unter dem Mittel aller deutschen
Banken liegen. Dafür nehmen die anderen öffentlich-rechtlichen Institute,
nämlich die Sparkassen, den Spitzenplatz ein. Allerdings senkt die Nähe zur
Politik offenbar die Hemmschwelle, Fehlinvestitionen und Fehlspekulationen
zu vertuschen. Dafür spricht die Anzahl der Skandale, in die Landesbanken
verstrickt waren und sind.
Warum hat die Krise die Landesbanken besonders hart getroffen?
Das eigentliche Problem liegt darin, dass sich ihr Geschäftsmodell im Laufe
der Jahre verändert hat. Die ersten Landesbanken wurden vor 200 Jahren
gegründet. Die Sparkassen brauchten Zentralbanken, über die sie sich Geld
besorgen oder an die sie bestimmte Dienstleistungen abgeben konnten. Die
Länder wünschten sich Hausbanken für Infrastrukturprojekte und den Auf- und
Ausbau der regionalen Wirtschaft. Im Lauf der Zeit haben sich die
Landesbanken aber auch die Unternehmensfinanzierung und das
Immobiliengeschäft erschlossen. So gerieten sie mit den privaten Banken in
Konflikt, denen gegenüber sie einen Vorteil hatten: Letztlich hafteten die
Länder für sie. Mit dieser Garantie kamen sie billig an Geld. 2001 schaffte
die EU-Wettbewerbskommission diese sogenannte Gewährsträgerhaftung ab,
räumte den Landesbanken jedoch eine Übergangsfrist bis 2005 ein, damit sie
neue Geschäftsmodelle entwickeln konnten. Diese Frist wiederum nutzten die
Institute weidlich aus: Nach Schätzungen von Experten besorgten sie sich in
diesen vier Jahren rund 400 Milliarden Euro, für die noch der Staat
haftete. Da sie solche Summen gar nicht ausgeben konnten, blieben praktisch
nur die internationalen Finanzmärkte. Der Rest ist bekannt: Die SachsenLB
verzockte sich so, dass sie von der LBBW gerettet werden musste. Diese war
danach wie auch die WestLB, die HSH Nordbank und die BayernLB auf
Milliardenhilfen auf Kosten des Steuerzahlers angewiesen.
Wer entscheidet über die Zukunft der Landesbanken?
Die EU-Kommission ist derzeit die treibende Kraft, weil die Landesbanken
ihre Auflagen für die Beihilfen umsetzen müssen. Sie interessiert aber nur,
ob die einzelnen Banken wettbewerbsfähig werden. Ein Gesamtkonzept hat sie
nicht. Genau nach einem solchen Masterplan sucht man in Deutschland schon
seit Ende der Gewährsträgerhaftung. Immerhin macht der Sektor gemeinsam mit
den Sparkassen eine der drei Säulen des deutschen Bankenwesens aus - neben
den genossenschaftlichen und den privaten Instituten. Entscheiden müssen
letztlich die Eigentümer, also vor allem die Länder und die Sparkassen.
Was sind die Optionen?
In der Diskussion sind Modelle mit ein, zwei oder drei großen Landesbanken.
Die Sparkassen favorisieren eine möglichst radikale Konzentration, weil sie
befürchten, dass sich die Institute auf der Suche nach neuen
Geschäftsmodellen auf das Privat- und Firmenkundengeschäft verlegen und
ihnen damit Konkurrenz machen. Sie wollen möglichst viele Institute zu
einer Zentralbank für den öffentlichen Sektor verschmelzen. Allerdings soll
die LBB am besten außen vor bleiben. Sie gehört allein den Sparkassen, und
die wollen gern weiter über ihre Geschäftspolitik entscheiden. Die
Privatbanken, die die öffentlich-rechtliche Konkurrenz so schnell wie
möglich los werden wollen, plädieren für "eine Sparkassen-Zentralbank und
ein oder zwei regionale Institute, in denen gewisse Teile anderer
Landesbanken aufgehen". Bereits seit längerem sind die Länder, die
Landesbanken haben, miteinander im Gespräch. Dabei geht es auch um eine
mögliche Dreiteilung: LBBW und BayernLB könnten zu einer Südbank
fusionieren, in der Mitte WestLB, Helaba und LBB und im Norden HSH Nordbank
und NordLB. Die Landesbanken selbst würden gern auch über ein ganz anderes
Szenario sprechen, nämlich die Fusion mit großen Sparkassen, die ihnen -
wie bei der Helaba schon erfolgreich umgesetzt - den Zugang zum
Privatkundenmarkt ermöglichen würde.
15 Nov 2010
## AUTOREN
Beate Willms
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