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# taz.de -- Interview zu partnerschaftlicher Gewalt: "Extreme Eifersucht ist Ge…
> Wenn in Partnerschaften Kontrolle ausgeübt wird, handelt es sich um eine
> geschlechtsunspezifische Form von psychischer Gewalt. Die Betroffenheit
> ist dennoch unterschiedlich.
Bild: Störrisch, kontrollwütig? Wo psychische Gewalt in der Partnerschaft anf…
taz: Frau Schröttle, wurden Sie heute schon beleidigt?
Monika Schröttle: Nein.
Beleidigen, Herabwürdigen und das Bloßstellen in aller Öffentlichkeit
können Formen psychischer Gewalt sein. Studien besagen, dass jede zweite
Frau das schon mal erlebt hat.
Auch schwere Eifersucht, Kontrolle und Bedrohungen gehören dazu.
Paarbeziehungen, Familie und der Arbeitsplatz sind beliebte Orte, an denen
psychische Gewalt ausgeübt werden kann. Betroffen sind Frauen und Männer.
Bestätigen Sie damit die Studie des Sozialwissenschaftlers Peter Döge, der
gerade nachgewiesen hat, dass Männer genauso oft von Gewalt betroffen sind
wie Frauen?
Nein, überhaupt nicht. Die Döge-Studie betrachtet Gewalt vollkommen
undifferenziert. Sie setzt schwere körperliche Gewalt wie Schlagen und
Vergewaltigung mit einmaligen Beleidigungen und Beschimpfen gleich. Ein
Mann, der von seiner Partnerin einmal angeschrien wurde, hat deshalb noch
keine Gewalt erlebt, auch keine psychische. Dazu gehört schon eine gewisse
Härte, Häufigkeit und Systematik.
Was ist psychische Gewalt?
Es ist schwer zu sagen, wo psychische Gewalt genau beginnt. Im Bereich der
Paarforschung zählen wir extreme Eifersucht, Kontrolle, regelmäßige und
demütigende verbale Übergriffe sowie Gewaltandrohungen und ökonomische
Kontrolle dazu.
Menschen streiten sich schon mal. Ist das schon psychische Gewalt?
Es gibt normale Streits im Alltag, bei denen sich Paare anbrüllen und
aggressiver gegeneinander sind. Aber dann gibt es auch Fälle, in denen ein
Partner den anderen regelmäßig heruntermacht und demütigt,
Bedrohungskulissen aufbaut, Psychoterror betreibt, den anderen kontrolliert
und eingrenzt.
Wer betreibt das stärker: Frauen oder Männer?
Beide Geschlechter können Opfer und Täter sein. Wie das im
Geschlechtervergleich aber genau aussieht, wissen wir noch gar nicht, es
gibt keine differenzierten Studien dazu. Nachgewiesen ist aber, dass Frauen
in Paarbeziehungen häufiger von schwerer Gewalt betroffen sind als Männer.
Das zeigt sich übrigens auch in den Daten, auf die Peter Döge in seiner
Studie Bezug nimmt. Männer laufen seltener Gefahr, von einer eifersüchtigen
und besitzergreifenden Partnerin schwer verletzt oder gar getötet zu
werden, wenn der Mann sich trennen will.
Es gibt Frauen, die sagen, es sei nicht so schlimm, wenn ihr Partner sie
als "blöde Kuh" bezeichnet oder sie vor Freunden "Idiotin" nennt.
Dagegen sollten Frauen sich wehren.
Viele Frauen sind von ihren Männern abhängig: finanziell, psychisch, es
sind Kinder da. Was können sie tun?
Aus jedem Abhängigkeitsverhältnis kann man sich langfristig lösen. Das ist
in einigen Fällen sicher nicht einfach. Betroffene, egal ob Frau oder Mann,
sollten sich Hilfe holen. Dafür gibt es professionelle Beratungsstellen.
Experten sagen, psychische Gewalt sei genauso schlimm wie physische.
Zumindest können die langfristigen Folgen von systematischer psychischer
Gewalt ebenso schwerwiegend sein wie die bei körperlichen Übergriffen. Die
Betroffenen können auch Jahre später, wenn es gar keine akute Bedrohung
mehr gibt, Panik- und Angstattacken und Depressionen haben.
Wie üben Frauen an Männern psychische Gewalt aus?
Auf der verbalen Ebene können Frauen durchaus verletzend und beleidigend
sein, vor allem wenn Männer nicht die vielfach erwartete Männerrolle
erfüllen. Sie werden von Frauen dann beispielsweise als "Schlappschwanz",
"Loser" oder "Memme" beleidigt.
Wie empfinden Männer das?
Das kann für sie beschämend, verletzend und demütigend sein. Insofern ist
es wichtig, sich mit männlicher "Opferwerdung" geschlechterkritisch zu
befassen. Allerdings differenzierter als in Studien, die lediglich
konstruieren, dass Frauen und Männer gleich stark betroffen sind, und die
die unterschiedlichen Schweregrade von Gewalt ausblenden.
25 Nov 2010
## AUTOREN
Simone Schmollack
Simone Schmollack
## TAGS
IG
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