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# taz.de -- US-Netzdebatte über Wikileaks: "Gebt ihnen Clintons Skalp"
> Für die US-Regierung sind die Wikileaks-Enthülllungen ein diplomatischer
> Alptraum. Im Netz werden die Folgen für die US-Politik kontrovers
> diskutiert.
Bild: Muss Hillary Clinton für die veröffentlichten Depeschen bluten? Einige …
Nachdem nichts mehr aufzuhalten war, versuchte das Weiße Haus in den
Stunden und Tagen nach den durch Wikileaks enthüllten diplomatischen
Depeschen zu beschwichtigen - und zurückzuschießen. Der offizielle
Sprachduktus lautet: Es war ein Angriff auf Amerika und die internationalen
Beziehungen.
Surft man durch die amerikanische Netzwelt zeigt sich: Der offizielle
Sprachduktus interessiert nicht. Hier wird vor allen Dingen debattiert,
welche Folgen die Dokumente auf die amerikanische Politik haben. Für Thomas
P.M. Barnett von den "Politics blogs" des [1][Esquire] gibt es wenige
Erkenntnisse aus den Dokumenten, aber eine entscheidende: "Die sehr
undiplomatischen Depeschen zeigen, wie wenig Obama sich von der
Bush-Doktrin entfernt hat."
Ganz anders bewertet Ben Smith die Enthüllung in seinem Blog auf
[2][politico.com]. Für ihn ist jetzt Obamas konstantes Bemühen, seit dem
Beginn seiner Präsidentschaft die Beziehungen der USA mit Verbündeten
wieder zu verbessern, eine Vorteil. "Seine internationale Popularität wird
sich auszahlen", so Smith. Bei seinem Vorgänger George W. Bush hätten die
Veröffentlichungen zu weit mehr diplomatischen Verwerfungen geführt, ist
sich Smith sicher. Bush war bekanntermaßen international alles andere als
populär.
Fred Kaplan kann der Veröffentlichung ebenfalls etwas Positives für den
US-Präsidenten abgewinnen. "Konservative Kritiker haben Barack Obama als
einen Naivling in internationalen Fragen beschrieben", schreibt Kaplan auf
[3][slate.com.] Doch die Dokumente würden zeigen, dass die USA innerhalb
des immer kleiner werdenden Bereichs, in dem sie auf andere Länder Einfluss
nehmen können, ein ziemlich gutes Spiel gemacht hätten.
Ebenfalls auf slate.com lässt sich Jack Shafer darüber aus, warum Hillary
Clinton als US-Außenministerin durch den Skandal untragbar geworden sei.
Clinton selbst übt sich seit den Veröffentlichungen in Schadensbegrenzung.
Am Tag eins nach der Veröffentlichung der Depeschen nannte Clinton diese
einen "Angriff auf Amerika" und die internationale Gemeinschaft. Für Shafer
reicht das nicht. Clinton sei vielmehr keine effektive
Verhandlungspartnerin mehr, da viele Diplomaten ihr nicht verzeihen würden.
"In der Diplomatie geht es um Vertrauen. Der einzige Weg, das Vertrauen der
anderen Länder zu erhalten wird es sein, ihnen Clintons Skalp zu geben."
Das würde wohl auch dem konservativen Lager in Amerika gefallen. Doch
rechte Blogger und Berichterstatter werten die veröffentlichten Depeschen
überraschenderweise nicht als einen gern gesehenen Schlag gegen den
demokratischen Präsidenten Obama, sondern als Generalangriff auf die USA.
"Allahpundit" schreibt auf [4][Hotair]: "Wikileaks versucht, das
amerikanische Blatt zu schwächen, indem es einige Karten offenlegt." Die
Enthüllungen seien nichts als der Ausdruck eines unbändigen Amerikahasses,
bestätigen sich die Rechten des Landes gegenseitig und zitieren dabei
zuhauf ihre ganz persönliche Ikone Sarah Palin, die den Wikileaks-Gründer
Julian Assange in einem Facebook-Post als "anti-amerikanischen Agenten mit
Blut an den Händen" bezeichnet.
Damit nicht genug, wird auf [5][theblaze.com] genüsslich wiedergegeben, was
der konservative Kolumnist Charles Krauthammer im Fernsehen vorgeschlagen
hat: Die amerikanische Regierung solle die Journalisten strafrechtlich
verfolgen, die mit Wikileaks kollaboriert haben. Was die User des Blogs
begeistert aufnehmen, so auch "Truthtalker", der "Warhheitssprecher":
"Charles ist der intelligenteste Mann im Raum."
1 Dec 2010
## LINKS
[1] http://www.esquire.com
[2] http://www.politico.com
[3] http://www.slate.com
[4] http://hotair.com/
[5] http://www.theblaze.com
## AUTOREN
Rieke Havertz
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