# taz.de -- Intervention von Heimatschutz-Politiker: Amazon sperrt Wikileaks de… | |
> Für die Enthüllungsplattform Wikileaks wird der Stand in den USA | |
> zunehmend schwerer. Nun schaltete Amazon Wikileaks die gemieteten Server | |
> ab – ein US-Senator hatte Druck gemacht. | |
Bild: Machte Druck auf Amazon: Senator und Heimatschützer Joe Lieberman. | |
WASHINGTON/BERLIN dpa | "Wikileaks von Amazon-Server verdrängt. Freie Rede | |
im Land der Freien", teilten die Enthüllungs-Aktivisten von Wikileaks über | |
Twitter am Mittwoch mit. Die Enthüllungsplattform hatte erst vor kurzem | |
Server bei Amazon angemietet, um die vielen Zugriffe nach den jüngsten | |
Enthüllungen gerecht zu werden. | |
Doch offenbar auf Intervention von Politikern drehte ihnen Amazon nun den | |
Zugang ab. Nun sucht die Plattform eine neue Internet-Heimat in Europa. Ein | |
prominenter US-Senator rief indes andere Länder und Unternehmen zum Boykott | |
von Wikileaks auf. Wikileaks-Gründer Julian Assange soll sich derweil einem | |
Zeitungsbericht zufolge in Großbritannien aufhalten – [1][er steht auf den | |
Fahndungslisten von Interpol.] | |
Per Twitter kritisierte Wikileaks seinen verlorenen Provider: "Prima - | |
unsere Dollars werden nun ausgegeben, um Leute in Europa zu beschäftigen." | |
Wenn Amazon solche Problem mit der Redefreiheit habe, "sollten sie | |
aufhören, Bücher zu verkaufen". | |
Amazon habe die Nutzung seiner Server durch Wikileaks gestoppt, nachdem | |
Mitarbeiter von US-Senator Joe Lieberman Nachforschungen angestellt hätten, | |
berichtete der US-Fernsehsender CNN unter Berufung auf das Büro Liebermans. | |
Der Vorsitzende des Senatsausschusses für Heimatschutz hatte Amazon mit | |
einem Boykott gedroht, berichtete der britische Guardian. "Ich hätte mir | |
gewünscht, dass Amazon diese Maßnahme früher ergreift angesichts der | |
vorherigen Veröffentlichungen klassifizierter Informationen durch | |
Wikileaks", sagte der Senator. | |
Lieberman rief derweil dazu auf, der Plattform auch in anderen Länder die | |
Nutzung zu Servern zu verwehren. "Wikileaks' illegales, ungeheuerliches und | |
rücksichtsloses Vorgehen setzt unsere nationale Sicherheit aufs Spiel und | |
gefährdet rund um den Globus Leben", hießt es in einer Mitteilung des | |
parteilosen Senators. "Kein verantwortungsbewusstes Unternehmen - ob | |
amerikanisch oder ausländisch - sollte Wikileaks bei seine Bemühungen | |
helfen, gestohlenes Material zu verbreiten." | |
Wikileaks-Gründer Assange, der wegen Vergewaltigungsverdachts von den | |
Behörden in Schweden gesucht wird, steht auf der Fahndungsliste von | |
Interpol. Nach einem Bericht der Londoner Zeitung The Independent hält sich | |
der 39-jährige Australier in Großbritannien auf, der genaue Ort sei dem | |
Scotland Yard bekannt. Assange halte sich im Lande bedeckt, schreibt das | |
Blatt auf seiner Website, "während seine Feinde sein Blut fordern". | |
Der Internet-Aktivist hat die Ermittlungen in Schweden stets als Intrige | |
seiner Gegner bezeichnet. Zwischen dem Weißen Haus und Assange entbrannte | |
derweil ein heftiger Schlagabtausch. Der Sprecher von US- Präsident Barack | |
Obama, Robert Gibbs, nannte es "lächerlich und absurd", dass Assange den | |
Rücktritt von Außenministerin Hillary Clinton gefordert hatte, falls sie | |
für jüngst bekanntgewordene Spionage-Aufforderungen an Diplomaten | |
verantwortlich ist. | |
"Ich bin nicht ganz sicher, warum wir uns um die Meinung eines Typen mit | |
einer Webseite kümmern", so Gibbs. "Unsere Außenpolitik und die Interessen | |
dieses Landes sind weit bedeutsamer als seine eine Webseite." Die | |
US-Regierung stellt nun den Schutz ihrer Datenbanken umfassend auf den | |
Prüfstand. | |
Als Sonderbeauftragter sei der Vize-Direktor des Zentrums für | |
Anti-Terror-Maßnahmen, Russell Travers, ernannt worden, teilte das Weiße | |
Haus mit. Travers sei dafür verantwortlich, "notwendige Strukturreformen" | |
zu entwickeln, die nach der Offenlegung der US-Botschaftsberichte durch die | |
Internetplattform Wikileaks nötig geworden seien. | |
Das Weiße Haus will auch die Wege überprüfen lassen, wie die gesamte | |
Regierung Informationen austauscht und schützt. Die US-Regierung kündigte | |
zudem an, für die Sicherheit von Dissidenten und Aktivsten sorgen zu | |
wollen, sollten sie durch die Wikileaks-Veröffentlichung in Gefahr geraten. | |
"Wir haben alles unternommen, mit ihnen in Kontakt zu treten", sagte | |
US-Außenamtssprecher Philip Crowley. "Wir stehen bereit, sie zu beschützen, | |
wenn das notwendig werden sollte." | |
2 Dec 2010 | |
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