# taz.de -- taz-Aufruf "Ein Herz für Assange": Ein Sofa zum Verstecken | |
> Zahllose LeserInnen der taz haben sich an unserer Initiative "Ein Herz | |
> für Assange" beteiligt. Bereitwillig wollen sie den Verfolgten vor seinen | |
> brutalen Häschern verstecken. | |
Bild: Vielleicht etwas zu auffällig für Assange: das Trabbi-Sofa. | |
Wikileaks-Gründer Julian Assange, 39, soll unter Auflagen auf Kaution | |
freikommen. Aber wo soll er nach seiner möglichen Freilassung hin? In der | |
vergangenen Woche hatten wir unsere Leserinnen und Leser gefragt, ob und wo | |
sie dem australischen Maverick einen Unterschlupf gewähren könnten. Eine | |
ziemlich dumme Frage, denn natürlich können sie! Und wie! So schreibt uns | |
etwa Leser Jürgen Klozenbücher aus dem baden-württembergischen Oppenweiler: | |
"Liebe taz, Herr Assange kann jederzeit bei mir auf dem Sofa übernachten, | |
Frühstück inbegriffen!" | |
Eine Couch also, womöglich ein Fernsehgerät davor, Halbpension. Da geht | |
doch noch mehr, oder? "Gerade haben wir unser Gästezimmer für Herrn Assange | |
hergerichtet", schreiben, solidarisch grüßend, Christa Senberg und Axel | |
Marquardt: "Er kann jederzeit kommen, und unseren Computer darf er auch | |
benutzen!" Letzteres dürfte für Assange sicher nicht ohne Reiz sein, ganz | |
gleich, wo Frau Senberg und Herr Marquardt nun wohnen. | |
Falls ihm jedoch der Sinn nach einem eher informellen und jugendlichen | |
Ambiente steht, sollte Assange mal bei Stephan Müller in Berlin anklopfen - | |
aber nur, wenn Marek nicht da ist: "Hallo, wir würden Assange auf unserem | |
WG-Sofa-Platz schlafen lassen, alternativ kann er auch im Hochbett | |
schlafen, wenn Marek nicht da ist. Aber nicht oben, da schlaf ich schon!" | |
Stefan Wiegand aus Bayreuth hat sehr richtig erkannt, dass Assange mit | |
einer Geldspende am ehesten geholfen wäre: "Für den Mann habe ich ein | |
kleines Plätzchen auf meinem Konto freigeschaufelt." | |
Ob Assange selbst sich auf Wiegands Konto wirklich wohlfühlt und sicher | |
ist, sei dahingestellt. Dann doch vielleicht lieber ab ins "mobile home" | |
von Edgar Braig, dessen Lebensstil passenderweise auch ins Vagabundische zu | |
spielen scheint: "Der Raum ist zwar beschränkt (ca. 1,75 qm Wohnfläche), | |
dafür aber garantiert ohne Wasser, Gas, Strom und INTERNETANSCHLUSS. Hier | |
im ländlichen Raum auf der Schwäbischen Alb inmitten eines wunderschönen | |
Biosphärengebiets könnte er sich von der Hetze des Alltags erholen. Sollte | |
ihm aber der Ort nicht behagen, können wir ohne Zögern sofort | |
weiterziehen." Moment mal, nur 1,75 Quadratmeter? Da kann der Mann sich | |
doch gar nicht richtig ausstrecken, Biosphäre hin, Biosphäre her! | |
Da klingt das Angebot von Maria Adolphs doch ganz anders, die Assange | |
"spielend unterbringen können und wollen" würde in ihrem Haus am Bodensee, | |
weil "wir einen wunderschönen Garten pflegen und hegen, wir Bürgersteig und | |
Vorterrasse sauber und adrett halten, wir einen sehr friedlichen Hund | |
haben". Überdies preist sie den idyllischen "Blick auf den See" sowie den | |
"Garten zum Süden hin, in den man", nicht unwichtig für einen Heimlichtuer | |
wie Assange, "von vorne kaum Einblick hat." Toll! | |
Nicht ganz uneigennützig dagegen schien uns das Angebot von Ulla Winz: "Ich | |
möchte ihn auf mein Sofa setzen und am Abend, wenn ich heim komme, erzählt | |
er mir Geschichten aus aller Welt. Niemand vermutet einen Mann auf meinem | |
Sofa, also ist er da sicher, und ich wiederum muss nicht immer SWR 1 | |
hören." | |
Stephan Völz aus Magdeburg überraschte uns mit einer leider etwas | |
aufwendigen Lösung: "Wir entführen Kai Dieckmann (aber ganz lieb bei netter | |
Vollpension und ein paar guten Büchern etc.) und schminken den guten Julian | |
zum Kai um (hab mal verglichen, ein guter Maskenbildner müsste das | |
hinbekommen), und dann verstecken wir ihn in der Chefredaktion der ,Bild'. | |
Mal sehen, wann der Leserschaft auffällt, dass iirrrgendwieee mit der | |
Zeitung was nicht stimmt …" | |
Zuletzt erreichte uns folgende überraschende Mail aus England mit der | |
Betreffzeile "Don't Panic!", die wir für unsere weniger anglophilen | |
Leserinnen und Leser gerne übersetzen: | |
"Liebe taz, ich habe euren schönen Artikel gelesen, in dem viel Sympathie | |
für meine Lage zum Ausdruck kam. Ich kann euch beruhigen: Mir geht es gut. | |
Es wäre ein Fehler, anzunehmen, dass ich mich hier in London in einer | |
prekären Situation befinde. Es ist alles Teil meines Plans. Ihr solltet | |
wissen, dass ich Großbritannien mit Absicht aufgesucht habe. Wenn sie mich | |
fassen, dann werden sie der guten britischen Tradition im Umgang mit | |
gewalttätigen Verbrechern folgen: Sie werden mich nach Australien bringen, | |
wohin ich ohnehin gehöre. Ich freue mich schon darauf, nach Hause zu | |
kommen. Danke für Eure Sympathie und frohe Weihnachten, herzlichst: Julian | |
Assange". | |
15 Dec 2010 | |
## AUTOREN | |
Arno Frank | |
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