# taz.de -- Slalom mit dem Oberbürgermeister: München trainiert für Olympia | |
> München inszeniert das Weltcuprennen im Parallel-Slalom als Beleg für | |
> seine Olympiareife. Unbeeindruckt von jeder Kritik genießt man das | |
> bayerische "Mia san mia"-Gefühl. | |
Bild: Probelauf für Olympia: Weltcup Parallelslalom am Sonntag in München –… | |
MÜNCHEN taz | Der i-Punkt der Inszenierung war nicht planbar. Die | |
Organisatoren hatten einfach Glück, dass er in Massen vorhanden war, der | |
Schnee. Ein in weiß gehüllter Olympiapark brachte alle ins Schwärmen, allen | |
voran den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD): "Der Olympiapark | |
ist eine herausragend geeignete Sportstätte, dazu die wunderbare | |
Schneelandschaft – München ist einfach ein Wintersportmekka", schwärmte er. | |
Und vergaß nicht, kurz die Olympiagegner abzuwatschen. "Die sollen noch | |
einmal erzählen, dass es im Winter in München keinen Schnee mehr gibt", | |
schimpfte Ude gegenüber der taz. | |
Solche oder so ähnliche Töne schlugen alle am Sonntag an, insbesondere | |
Vertreter der Olympiabewerbungsgesellschaft. Die Message war immer die | |
gleiche: München kann Olympia 2018. Mehr noch: München muss einfach die | |
Spiele 2018 ausrichten. Und die paar Grundstückseigentümer in | |
Garmisch-Partenkirchen sollen sich mal nicht so anstellen, schließlich gehe | |
es um Olympia. | |
Am meisten auf den Putz haute aber weiterhin der Stadtobere Ude: "Wenn man | |
überhaupt keine Chance hat, muss man ein öffentliches Spektakel | |
veranstalten", polterte er los. "Und die Medien spielen noch mit und | |
schildern vier bis fünf Grundstückseigentümer als Weltmacht." | |
So eine Mentalität ist nichts Neues in München. Der FC Bayern lässt grüßen, | |
wenn es um das "Mia san mia"-Gefühl geht. Genau dieses "Mia san | |
mia"-Gefühl", herrschte auf dem Olympiaberg, oder, besser gesagt, in dem | |
abgepumpten Olympiasee, in dem die meisten der 25.000 Zuschauer standen. | |
Schon zwei Stunden vor dem Rennen machte Anja Bußmann mit ihren Freunden | |
Stimmung. Die Münchnerin hatte aus Moosgummi und Pailletten 30 | |
Olympia-2018-Mützen gebastelt, die voller Stolz getragen und gezeigt | |
wurden. "Wir wollen einfach, dass die Spiele 2018 nach München kommen", | |
sagte Bußmann. | |
So wie sie dachten wohl die meisten Zuschauer. Das war angesichts des | |
perfekt organisierten Spektakels für einen hohen sechsstelligen Betrag | |
durchaus nachvollziehbar. Im Minutentakt rasten die 32 weltbesten Männer | |
und Frauen im Skizirkus die 200 Meter lange Piste herunter, dazwischen | |
bestimmten die Bässe das Geschehen: Bei summer of 69, dem Hofbräuhaus und | |
dem obligatorischen "Skiiifoan" blieb keiner außen vor. | |
Außer vielleicht ein bisschen die Fahrer selbst, denn die hatten richtig | |
Stress. Direkt nach dem Rennen, also nach rund 20 Sekunden, hieß es sofort: | |
Ski abschnallen und hurtig ins Auto. Der Shuttleservice war natürlich von | |
einer bayerischen Automarke mit Ringen. Ruckzuck brachte ein | |
Hoch-PS-Schlitten die Fahrer wieder hoch. Und schon gings wieder los. | |
Insgesamt 64 Rennen erlebten die Zuschauer. Fast immer ging es knapp zu, | |
und fast immer zogen die deutschen Starter den Kürzeren. Die drei deutschen | |
Frauen, auch Maria Riesch, schieden alle in der ersten Runde aus. Trotzdem | |
zog die Olympiasiegerin ein euphorisches Fazit: "Etwas Vergleichbares habe | |
ich in meiner Karriere noch nie erlebt." Für ein wenig mehr Spannung sorgte | |
Felix Neureuther, der im Halbfinale knapp gegen den späteren Sieger Ivica | |
Kostelic verlor und in der Endabrechnung den vierten Platz belegte. Bei den | |
Frauen siegte die Schwedin Maria Pietilä-Holmner. | |
Aber das Resultat war sowieso Nebensache, im ausgepumpten Olympiasee | |
herrschte einfach gute Stimmung: Rosi Mittermaier, die berühmte Mutter von | |
Felix Neureuther, tanzte im Zielbereich umher. Nicht weit weg war ein wie | |
immer gut gelaunter Markus Wasmeier, der für die ARD Interviews führte. Und | |
natürlich war Christian Neureuther vor Ort, der Mitte der 80er Jahre schon | |
einmal ein Slalomrennen auf dem Olympiaberg organisiert hatte. "Die | |
Begeisterung hier ist einfach bombastisch", sagte er. "Die Spiele müssen | |
einfach in die Stadt. Persönliche Animositäten dürfen jetzt nicht zulasten | |
des großen Ganzen gehen." | |
Das große Ganze, sprich Olympia 2018, hatten am Sonntag die ganze Zeit | |
Christian Ude und Katarina Witt im Auge. Deutlich wurde das auch bei der | |
Siegerehrung. Beide strahlten um die Wette, als sie ihre Blumensträuße | |
überreichten. Witt zückte ihre rosa Handykamera, um die Momente | |
festzuhalten. Ude stapfte lachend in einer weißen Olympiajacke auf der | |
Skipiste umher. | |
Auch im nächsten Jahr kommt die Skiweltelite wieder auf den Olympiaberg. | |
Statt candidate city könnte es dann heißen: Olympic city 2018. Falls es | |
doch nicht so weit kommt, kann sich München trösten: Zigtausende Menschen | |
werden sicher wieder jubeln, wenn Maria Riesch, Felix Neureuther und Co ihr | |
Können demonstrieren. Und die Partylieder bleiben ja die gleichen. | |
3 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Kemnitzer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
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