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# taz.de -- Münchner Bewerbung für Olympia 2018: Arrogant ausgesessen
> Am Dienstag übergibt München sein "Bid Book" an das IOC. Zwei Jahre
> Arbeit, viel Geld und noch mehr Streit stecken in den knapp 400 Seiten.
Bild: Prolympia: Kati Witt und Christian Ude (mit Buch) am Montag im Kreise ihr…
Erst gab es einen Staffellauf am Mikrofon, dann noch Gruppenbilder in allen
Variationen. Am Montag verabschiedete München das Bid Book, die offiziellen
Bewerbungsunterlagen für die Olympischen Winterspiele 2018, Richtung
Lausanne, wo sie Dienstag dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC)
vorgelegt werden. Natürlich herrschte im Münchner Ratskeller Optimismus
pur. Bürgermeister Christian Ude (SPD) schwärmte vom Olympiapark,
Chef-Bewerberin Kati Witt vom Slogan der Bewerbung "Festival of
Friendship".
Bernhard Schwank, Geschäftsführer der Bewerbergesellschaft, betonte, dass
so ein Bid Book "kein Werk im stillen Kämmerlein" sei. Genau jenes Werk
übergeben Schwank und Witt am Dienstag in einhundertfacher Ausfertigung dem
IOC. "Wir sind sehr froh, dass dieser Schritt vollendet ist", sagte
Schwank. Spätestens Anfang März wird ein bisschen mehr Klarheit herrschen:
Dann kommt die IOC-Evaluierungskommission nach München, wo seit 1988 über
Winterspiele diskutiert wird.
Die Geschichte
Die Idee, München zur ersten Stadt zu machen, die Olympische Sommerspiele
(1972) und Winterspiele beherbergt hat, ist nicht neu. Schon 1988 gab es
erste Überlegungen. Sechs Jahre später formulierte Oberbürgermeister
Christian Ude (SPD) öffentlich, dass er sich vorstellen könne, mit München
für 2014 ins Rennen zu gehen. Doch die Bewerbung Salzburgs galt als
überlegen. Als die Österreicher gegen Sotschi unterlagen, ging Ude in die
Offensive. Am 8. Dezember 2007 beschloss der Deutsche Olympische Sportbund,
München ins Rennen zu schicken.
Die Orte
Münchens höchste Erhebung in der Stadt misst gerade mal 579 Meter. Deswegen
haben sich die Macher ein "Zwei-Park-Konzept" überlegt: mit einem Ice-Park
in München und einem Snow-Park in Garmisch-Partenkirchen. In beiden
Gemeinden soll es ein Olympisches Dorf geben. Ein wenig abseits: Schönau am
Königsee mit seiner Kunsteisbahn. Nicht mehr Teil der Bewerbung ist
Oberammergau. Im Frühjahr haben dort die Bürger rebelliert. Die Reaktion
der Olympiaplaner war prompt: Die Biathlon- und Langlaufwettbewerbe sollen
nun auf dem staatlichen Gestüt Schwaiganger in der Nähe von Garmisch
stattfinden.
Die Personen
Unermüdlicher Werber für Olympia ist Oberbürgermeister Christian Ude. Er
ist stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der
Bewerbungsgesellschaft. Olympiaskeptikern gegenüber schlägt er einen
zunehmend aggressiven Ton an. Arroganz wird ihm vorgeworfen. An dieser ist
der als Kopf der Bewerbung zurückgetretene Bekleidungsunternehmer Willy
Bogner gescheitert, der im Umgang mit der Garmischer Bevölkerung nie den
richtigen Ton getroffen hat. Seine Nachfolgerin ist Ex-Eisprinzessin
Katharina Witt. Die soll mit ihrer weltweiten Bekanntheit punkten. Im
konservativen Garmisch kommt die ehemalige DDR-Volkskammerabgeordnete aber
auch nicht gut an.
Die Umwelt
Geht es nach den Olympia-Planern, wird 2018 in München "ein Weltrekord in
Nachhaltigkeit" aufgestellt. "Klimaneutral" heißt das Zauberwort. 18
Umwelt-Leitprojekte sind Teil der Bewerbung, so sollen unter anderem die
olympischen Dörfer im Plus-Energie-Standard gebaut werden. Viele
Umweltverbände teilen die Einschätzung grüner Spiele nicht und haben ihre
Mitarbeit an der Bewerbung eingestellt. Sie kritisieren unter anderem die
hohen Investitionen in den Straßenverkehr. Der Bund Naturschutz bezweifelt
auch, dass ein olympisches Dorf tatsächlich den Plus-Energie-Standard
erfüllen kann.
Die Kosten
Schon die Bewerbung ist teuer. Die Rede ist von 33 Millionen Euro. Die
Spiele selbst sollen in etwa drei Milliarden Euro kosten. Unterschieden
wird hierbei von einem Budget für die Durchführung der Spiele (1,3
Milliarden Euro) und einem für die notwendigen Bauten (1,8 Milliarden
Euro). Kritiker befürchten ein Milliardengrab - bisher hätten insbesondere
Olympische Winterspiele meist viel mehr Geld verschlungen als ursprünglich
konzipiert. Beispiel Sicherheit: In München sind dafür 40 Millionen Euro
angesetzt. In Vancouver wurden 2010 600 Millionen Euro dafür ausgegeben.
Die Kommunikation
Unzählige Male haben die Olympia-Planer schon Besserung im Umgang mit den
Grundstückseigentümern in Garmisch gelobt - passiert ist wenig. Immerhin
gibt es jetzt ein Olympia-Info-Büro im Ort. Der ehemalige Bewerbungschef
Willy Bogner tönte immer wieder, dass sich der Einzelne im Zweifel nicht so
anstellen solle. Staatskanzleiminister Siegfried Schneider (CSU) kuschelte
mit dem Trachtenverein, statt zu verhandeln. Und Bürgermeister Thomas
Schmid drohte zuletzt gar mit Enteignung. Die Fronten bleiben verhärtet: 59
Grundstückseigentümer wollen nicht mehr verhandeln, weitere 100
Grundbesitzer haben sich mit ihnen solidarisch erklärt.
Die Gegner
Vor einem Jahr hat sich das Netzwerk "Nolympia" gegründet. Dem Netzwerk ist
es gelungen, seine Kritikpunkte an der Bewerbung einem breiten Publikum zu
präsentieren. Sogar ausländische Medien haben über "Nolympia" berichtet.
Als wichtigste Erfolge verbucht der oberste Nolympier, der grüne
Landtagsabgeordnete Ludwig Hartmann, dass der Grüngürtel in
Garmisch-Partenkirchen erhalten bleibt und Oberammergau nicht mehr Teil der
Bewerbung ist. "Wichtig war auch, dass sich der grüne Bundesverband gegen
die Bewerbung positioniert hat", sagt Hartmann. Jetzt ist ein
Bürgerbegehren in Garmisch-Partenkirchen geplant.
Die Garantien
Olympische Spiele darf nur ausrichten, wer dem IOC einen roten Teppich
ausrollt. Der Bund, das Land Bayern und die Stadt München legen deshalb den
Bewerbungsunterlagen 48 Regierungserklärungen bei. Darin geht es unter
anderem um Steuerbefreiungen und Sicherheitsfragen. Außerdemch finanzielle
Risiko allein bei der öffentlichen Hand liegt. Im Falle eines Zuschlags
werden die Garantien vertraglich festgeschrieben. OB Ude bezeichnete das
schon einmal als "Zumutung". In Salzburg, gescheiterter Bewerber für die
Winterspiele 2014, wurde das Vertragswerk von Juristen der Stadtverwaltung
als "sittenwidrig und nichtig" bezeichnet, weil es dem IOC das Recht
einräumt, auch nach der Unterzeichnung noch Veränderungen am Vertragstext
vorzunehmen.
Die Konkurrenten
Neben München bewerben sich das französische Annecy und Pyeongchang in
Südkorea für 2018. Annecy gilt als schwache Bewerbung. Immer wieder
beklagte sich die Bewerbergesellschaft über mangelnden Rückhalt seitens der
Regierung und des organisierten Sports. Pyeongchang bewirbt sich schon zum
dritten Mal und gilt nicht nur deshalb als Favorit. Die Bevölkerung des
ganzen Landes steht hinter der Bewerbung. Über 90 Prozent der Südkoreaner
wollen die Spiele. Laut ARD-Deutschlandtrend sind dagegen nur 60 Prozent
der Deutschen für Olympia 2018 in München.
Das Verfahren
Anfang März wird die Evaluierungskommission des IOC München besuchen und
überprüfen, ob stimmt, was in den Bewerbungen steht. Offene
Grundstücksfragen sollten bis dahin geklärt sein. Im Juni wird der
Evaluierungsbericht veröffentlicht. Am 6. Juli, auf der 123. Session des
IOC in Durban, wird dann der Austragungsort der Winterspiele 2018 bekannt
gegeben.
11 Jan 2011
## AUTOREN
S. Kemnitzer
A. Rüttenauer
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