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# taz.de -- Verseuchtes Tierfutter: Der Dioxin-Quelle auf der Spur
> Schon im Frühjahr 2010 ist mit Dioxin verseuchtes Tierfutter in den
> Handel gelangt. Landesweit mussten mittlerweile mehr als 4700 Höfe
> gesperrt werden. Die Quelle könnte Fritteusenfett sein.
Bild: Was picken sie auf - harmloses oder verseuchtes Futter?
HANNOVER afp/dpa | Wo kam das Dioxin im verseuchten Tierfutter her? Die
Quelle war möglicherweise altes Friteusenfett aus dem Ausland.
Staatssekretär Friedrich-Otto Ripke (CDU) vom niedersächsischem
Agrarministerium sagte am Freitag in Hannover, in fünf Tagen werde anhand
von Proben klar sein, ob Altfette, die die Firma Petrotec bezogen hatte,
mit Dioxin belastet gewesen seien. Der Biodiesel-Hersteller Petrotec
verarbeitet Fette aus Imbissen und Fritteusen. Dioxin kann bei
Verbrennungsprozessen mit hohen Temperaturen entstehen.
Mit Dioxin verseuchte Industriefette sind über einen längeren Zeitraum zu
Tierfutter verarbeitet worden als bisher bekannt. Bereits am 19. März 2010
habe ein privates Labor eine Probe des Uetersener Futtermittellieferanten
Harles und Jentzsch positiv auf zu viel Dioxin getestet, berichtete die
Hannoversche Allgemeine Zeitung. Das schleswig-holsteinische
Landwirtschaftsministerium in Kiel hat die Informationen der Zeitung am
Freitagmorgen bestätigt. Die zulässige Höchstmenge von 0,75 Nanogramm
Dioxin pro Kilogramm Fett wurde um mehr als das Doppelte überschritten.
Wie die Zeitung weiter berichtete, gelangte schon vor zehn Monaten
verseuchtes Tierfutter in den Handel. Man habe aber erst am 27. Dezember
von der Grenzwertüberschreitung erfahren, sagte ein Sprecher von
Schleswig-Holsteins Agrarministerin Juliane Rumpf (CDU) dem Blatt.
Das positive Ergebnis stammt den Angaben zufolge aus einer Eigenkontrolle
des Unternehmens und wurde den Behörden nicht mitgeteilt. Die Probe wurde
am 29. Dezember von der schleswig-holsteinischen Futtermittelüberwachung in
Uetersen (Kreis Pinneberg) beschlagnahmt und der Staatsanwaltschaft
übergeben. Auch nach dem März 2010 habe es bei Eigenkontrolluntersuchungen
des Unternehmens Auffälligkeiten gegeben, die ebenfalls unterschlagen
worden seien, sagte der Ministeriumssprecher weiter.
Dem Bericht zufolge hat auch das Unternehmen aus dem niedersächsischen
Dinklage, das den Skandal durch eine Selbstanzeige im Dezember ins Rollen
gebracht hatte, schon Wochen vorher von der Verunreinigung gewusst. Die
Zeitung beruft sich dabei auf Informationen aus dem Bundesagrarministerium.
Das Laborergebnis habe bereits am 27. November vorgelegen.
Bisher mussten bundesweit bereits über 4700 Betriebe wegen Dioxinverdachts
gesperrt werden. Auch auf einem Markt in Rheinland-Pfalz sind nun erstmals
Eier aus einem Betrieb entdeckt worden, der mit dioxinhaltigen
Futtermitteln beliefert wurde. Es gehe um 540 Eier aus einem Betrieb in
Nordrhein-Westfalen, teilte das Umweltministerium am Donnerstagabend mit.
Die Bauern wollen eine Entschädigung von der Futtermittelindustrie und
fordern einen Hilfsfonds. Je nach Größe des Betriebs könne der Schaden
wegen der Sperrung in die Millionen gehen, sagte der Generalsekretär des
Deutschen Bauernverbandes, Helmut Born.
Nach Informationen aus Ministeriumskreisen sind bundesweit bereits 4709
Betriebe vorsorglich gesperrt worden, weil sie möglicherweise Mischfutter
mit dioxinbelastetem Futterfett erhalten haben. Die meisten dieser Höfe
liegen in Niedersachsen. Dort sind 4468 Betriebe betroffen. Das
Bundesverbraucherministerium begrüßte die Vorsorgemaßnahmen der Länder.
Zunächst war nur von 1000 gesperrten Höfen die Rede gewesen.
Überwiegend sind Schweinemastbetriebe betroffen. Die gesperrten Betriebe
dürfen solange keine Produkte mehr ausliefern, bis eine Unbedenklichkeit
nachgewiesen ist.
In einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung bezifferte
Bauernpräsident Gerd Sonnleitner den Schaden für die betroffenen Bauern auf
40 bis 60 Millionen Euro pro Woche. Die Zeche sollen die
Futtermittellieferanten zahlen. "Sie müssen die Schadensersatzansprüche der
Landwirte abgelten. Da werden wir bis zum Letzen gehen", sagte Sonnleitner
der Zeitung. Weiter sagte der Bauernpräsident: "Betriebe, die gesperrt
waren, bei denen aber letztlich kein Dioxin nachgewiesen worden ist,
schauen in die Röhre." Man könne juristisch gesehen dafür niemanden haftbar
machen.
7 Jan 2011
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