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# taz.de -- Klüngel im FDP-Entwicklungsministerium: Zwei fette Jobs vom Dirk
> FDP-Minister Dirk Niebel steht weiter in der Kritik. Weil er einen alten
> Parteifreund mit einem Rentenvertrag ausstatten will, erheben seine
> eigenen Mitarbeiter schwere Vorwürfe.
Bild: Alles im Lot. Kritik wird bei Dirk Niebel eh nicht geduldet.
BERLIN taz | Eigentlich hätte es ein ruhiger, schöner Jahresauftakt für
FDP-Entwicklungsminister Dirk Niebel werden können. Am 1. Januar hat die
neue Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ihren
Dienst aufgenommen. Mit der Fusion der drei Vorgängerorganisationen war
Niebel in nur einem Jahr etwas gelungen, an dem seine Vorgängerinnen und
Vorgänger stets gescheitert waren.
Inmitten der verblassenden FDP-Kollegen war Niebel in der Koalition zu so
etwas wie einem Vorzeigereformer geworden. Wenn da nicht immer dieser Ärger
im eigenen Ministerium wäre.
Denn schon wenige Tage nach dem feierlichen Akt meldete sich der
Personalrat in einem internen Schreiben. Er ermahnte den Minister, dass
dessen Personalpolitik, mit der er seit Beginn seiner Amtszeit
Parteisoldaten Fachwissen vorziehe, was nicht im Sinne der
Entwicklungspolitik sei. Von Wortbruch des Ministers ist die Rede, von
persönlichen Interessen, die vor die des Hauses gestellt werden.
Nie hat ein Entwicklungsminister so viel Protest aus dem eigenen Haus
erfahren. Und nie hat ein Minister sich so dreist jeglicher Veränderung
seiner Personalpolitik verweigert.
Jüngster Grund ist, dass er FDP-Mann Tom Pätz mit einem unbefristeten
Vertrag im Ministerium ausstatten will, obwohl dieser zu Beginn des Jahres
an die Spitze der neuen Entwicklungsorganisation GIZ gewechselt ist.
Doppelte Absicherung auf Kosten der Steuerzahler.
Schon der Wechsel allein hatte Ende vergangenen Jahres für Aufsehen
gesorgt. Denn Pätz hatte sich damit an die Spitze einer Organisation
gesetzt, die er vorher als Koordinator der Reform unter Niebels Gnaden
selbst geschaffen hat.
Nun soll er als Gegenleistung einen Rentenvertrag erhalten, der ihn gegen
alle Eventualitäten absichert. Obwohl er schon jetzt auch in der GIZ einer
der am besten bezahlten Entwicklungshelfer Deutschlands geworden ist - mit
dem Einkommen eines Unternehmensvorstands.
"Es entsteht der Eindruck, dass hier eine dauerhafte Absicherung erfolgen
soll, die zwar persönlichen Interessen, nicht aber den Interessen des
Ministeriums dienlich sein kann", schreibt der Personalrat in dem internen
Brief vom 7. Januar an Mitarbeiter des Entwicklungsministeriums (BMZ). Das
Ministerium sei "kein Versorgungsamt" und dürfe "auch nicht dazu
degenerieren".
Pätz, ehemaliger FDP-Ortsvereinsvorsitzender in Bonn-Beuel, steht damit im
Mittelpunkt einer weiteren Geschichte von Personalkumpanei, wie sie aktuell
wohl nur im Entwicklungsministerium vorkommen kann.
Offenbar wurden dabei auch klare Zusagen gebrochen. Der Personalrat
schreibt weiter: "Sollten Leitung und Verwaltung bei ihrer Haltung bleiben
und mit Herrn Pätz einen unbefristeten Arbeitsvertrag abschließen, so
stünde dies im eklatanten Widerspruch zu allen Erklärungen des vergangenen
Jahres."
Wortbruch von Niebel?
Dem Personalrat zufolge hat Niebel damals eine Entfristung ausgeschlossen.
"Das hatte der Minister damals persönlich und ausdrücklich zugesagt. Dieses
Wort soll nun gebrochen werden." Das Fazit der Mitarbeitervertretung:
"Damit verlässt die Leitung den Boden der vertrauensvollen Zusammenarbeit."
Das sitzt.
Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte der taz, dass der Vertrag von Pätz
verlängert werden soll: "Ja, er wird entfristet." Jedoch habe es nie eine
gegenteilige Aussage gegeben. "Bezüglich des Ministers sagt der Personalrat
die Unwahrheit."
Besonders pikant ist der Fall der Vertragsverlängerung mit Tom Pätz aus
einem weiteren Grund: Pätz ist an der Spitze der GIZ Teil einer
siebenköpfigen Männergruppe - in der gendersensiblen Entwicklungshilfe ein
weiterer Affront, den der Minister durchgewunken hat. Wegen erheblichen
Drucks aus den beteiligten Organisationen musste das Ministerium aber
letztlich einknicken und eine Frauenquote einführen.
Diese greift in 18 Monaten - nach Ablauf der sieben Verträge von Niebels
Männergruppe. Zwei Männer müssen dann gegen Frauen ausgetauscht werden -
dadurch wird wohl auch für Pätz die Luft dünn. Wenn Niebel mit seinen
Plänen durchkommt, würde Pätz dann nicht mehr tief fallen: Er hätte ja dann
die Absicherung eines unbefristeten Vertrags.
Im Laufe nur eines Jahres kritisiert der ansonsten eher still im Sinne der
Belegschaft agierende Personalrat zum dritten Mal die Personalpolitik des
Ministers. Im vergangenen Jahr hatte Niebel für Empörung gesorgt, weil er
die gesamte Leitungsebene im Haus neu besetzt und dabei fast nur FDP-Leute
berücksichtigt hat.
Aus dem Haus wird berichtet, dass Niebel kaum Kritik dulde und misstrauisch
gegen die eigene Belegschaft sei, da seit Jahren kein FDP-Minister das Haus
geführt habe und Niebel sich daher von Anfang an nicht auf einen Apparat
parteinaher Beamte habe stützen können. Aus der Leitungsebene ist zu hören,
dass sich diese Skepsis auch auf den Personalrat bezieht: Dieser sei "zur
Hälfte CDU-nah, zur Hälfte SPD-nah und agiert politisch", heißt es aus Dirk
Niebels Umfeld. Der SPD-Entwicklungspolitiker Sascha Raabe sagte der taz:
"Die Personalpolitik Niebels nennen wir in Entwicklungsländern ,schlechte
Regierungsführung'." Raabes Resümee: "Das Verhalten Niebels hat Züge eines
autokratischen Herrschers."
21 Jan 2011
## AUTOREN
Gordon Repinski
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