| # taz.de -- Kommentar Guttenberg: Der Guttenberg-"Bild"-Komplex | |
| > Der Verteidigungsminister greift durch – allerdings erst, wenn die Medien | |
| > Druck machen. Hier zeigt sich eine gefährliche Distanzlosigkeit. | |
| Karl-Theodor zu Guttenberg hat gehandelt, wie man es von ihm erwartet: | |
| entschlossen, schneidig, schnell. Er hat den Kapitän des Segelschulschiffs | |
| "Gorch Fock" suspendiert. Medien hatten über Nötigungen an Bord des Schiffs | |
| berichtet. Eine junge Frau ist, offenbar auch wegen des Drills an Bord, bei | |
| einem Unfall gestorben. Der Minister zögert keinen Moment und greift durch. | |
| Es kann sein, dass der Kapitän Mitschuld trägt. Doch was bei dieser Affäre | |
| ins Auge springt, ist die Symbiose zwischen Guttenberg und Bild. Die | |
| Entscheidung, den Kapitän zu feuern, hat Guttenberg am Freitagabend | |
| getroffen. Direkt nachdem das Blatt ihn informiert hatte, dass es die | |
| Geschichte noch mal groß herausbringt. Im Gegenzug lobt das Boulevardblatt | |
| zwei Tage später die Entschlusskraft des Ministers über den grünen Klee und | |
| denunziert Kritiker von FDP bis Linkspartei als Nörgler und Kleingeister, | |
| die bloß neidisch auf dessen Popularität sind. | |
| Kritische Fragen sind indes berechtigt. Was hat der Minister seit dem 7. | |
| November getan, um den Tod der Soldatin aufzuklären? Wusste er davon? Die | |
| SPD wollte schon vor Wochen wissen, was es mit den Gerüchten über eine | |
| Meuterei auf der "Gorch Fock" auf sich hat. Ohne Resonanz. So richtig aktiv | |
| wird Guttenberg nur, wenn Lobhudeleien in Boulevardmedien oder bei | |
| Talkshowauftritten winken. | |
| Dieses Muster zeigt sich auch in dem Fall des in Afghanistan getöteten | |
| Soldaten. Noch vor ein paar Tagen tischte Guttenbergs Staatssekretär | |
| Parlamentariern die Version auf, dass es nur ein Unfall war: tragisch, aber | |
| kaum zu verhindern. In Wahrheit fiel der Schuss unglücklich, als zwei | |
| Soldaten mit Waffen spielten. Tragisch, aber vermeidbar. | |
| Wie im Fall Kundus ist der Minister meist schlecht informiert. Er reagiert | |
| erst auf Mediendruck, dann werden ein paar Schuldige entlassen, damit | |
| Guttenbergs Image keinen Kratzer bekommt. Bis jetzt funktioniert dieser | |
| politisch-mediale Komplex, auf Dauer betreibt der CSU-Star aber Raubbau an | |
| seiner Seriosität. Und die zählt hierzulande noch mehr als etwa in Italien, | |
| wo die Symbiose von Medien und Politik weiter gediehen ist. | |
| In Guttenbergs Allianz mit Bild zeigt sich eine gefährliche | |
| Distanzlosigkeit. Die Frage lautet nicht nur, wann Guttenberg was wusste, | |
| sondern auch: Wem ist der Minister verpflichtet? Dem Parlament oder Bild? | |
| 23 Jan 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bericht über Schulschiff "Gorch Fock": Exzesse der Stammbesatzung | |
| Erbrochenes an Deck, der Kapitän in Badehose, Todesdrohungen und | |
| Dauerrausch - der Bericht des Wehrbeauftragten Königshaus enthüllt | |
| unglaubliche Missstände auf der "Gorch Fock". | |
| So kann's zugehen beim Miltär: Schweineleber, Totenschädel, Stromstöße | |
| Das sind Zustände bei der Bundeswehr! In den vergangenen Jahren gab es | |
| viele Skandale, Exzesse und Zwischenfälle. Hier eine Zusammenstellung der | |
| spektakulärsten Vorkommnisse. | |
| Todesfälle in der Bundeswehr: Gefährlich für Guttenberg | |
| Der Untersuchungsausschuss zu Kundus hat seine Beweisaufnahme noch nicht | |
| beendet. Jetzt soll er auch die jüngsten Skandale bei der Armee klären. | |
| Guttenberg weiter unter Druck. | |
| Opposition beklagt Bundeswehr-Aufklärung: "Wir empfinden das als Frechheit" | |
| Linkspartei, SPD und Grüne sind erbost über das Vorgehen des | |
| Verteidigungsministers Guttenberg. Die Truppe werde verunsichert und | |
| Bauernopfer würden nicht zur Aufklärung beitragen. | |
| Todesfälle bei der Bundeswehr: Guttenberg regiert mit "Bild" | |
| Der Verteidigungsminister entlässt den Kapitän der "Gorch Fock". Und zwar | |
| kurz nachdem er mit dem Boulevardblatt telefonierte. Kein Zufall, vermutet | |
| jetzt die SPD. |