# taz.de -- Streit über Hartz-IV-Reform: Koalition kann sich nicht einigen | |
> Regierung und Opposition wollen mit der Hartz-IV-Reform das Bildungspaket | |
> den Kommunen übertragen. Doch beim Thema Leiharbeit gibt es Streit, und | |
> zwar zwischen Union und FDP. | |
Bild: Schiebt der Regierung den schwarzen Peter zu: Manuela Schwesig (SPD). | |
BERLIN taz | Die Kommune sollen sich künftig in alleiniger Verantwortung um | |
die Umsetzung des Bildungspakets für Kinder aus Hartz-IV-Familien kümmern | |
und ihre Kosten vollständig erstattet bekommen. Darauf hat sich endgültig | |
eine Spitzenrunde mit Vertretern aus Union, FDP, SPD und Grüne geeinigt. | |
"Dies ist absolutes Neuland", erklärte Bundesarbeitsministerin Ursula von | |
der Leyen (CDU), in den Verhandlungen sei ein "gemeinsamer großer Schritt" | |
gemacht worden. | |
Der Optimismus kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass Regierung | |
und Opposition an entscheidenden Punkten immer noch weit auseinander | |
liegen. Den Schwarzen Peter schob SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig | |
dafür der Regierung zu. "Die Koalition ist unfähig, sich zu einigen, | |
deswegen sind der Mindestlohn und das Prinzip ,gleicher Lohn für gleiche | |
Arbeit' in Gefahr." Weil Union und FDP Zeit bräuchten, ihre Position zu | |
bestimmen, habe man die nächste Spitzenrunde auf den 6. Februar verschoben. | |
Tatsächlich senden die Regierungsmitglieder Union und FDP unterschiedliche | |
Signale zur Entlohnung in der Leiharbeit aus. Der Parlamentarische | |
Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier, sagte, man sei sich im | |
Prinzip einig, dass es eine gesetzliche Lohnuntergrenze geben und dass | |
grundsätzlich "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gelten müsse. Ab wann | |
dieses equal pay-Prinzip greifen soll, ist jedoch strittig. Die SPD | |
fordert, dass es nach einer Einarbeitungszeit von vier Wochen greift. | |
Die CSU, so ist aus Verhandlungskreisen zu hören, habe der SPD | |
Kompromissbereitschaft signalisiert. Das passt jedoch der FDP nicht. Die | |
will Equal Pay erst nach neun Monaten garantieren. "Die Union muss | |
erkennen, dass die Zeitarbeit ein flexibles Instrument am Arbeitsmarkt | |
ist", sagte FPD-Generalsekretär Christian Lindner. Er warnte davor, dieses | |
Instrument faktisch abzuschaffen. | |
Keine Bewegung gibt es zudem beim Regelsatz. "Wir müssen den Regelsatz für | |
das Verfassungsgericht plausibel machen", betonte Schwesig. Die Opposition | |
habe der Regierung vier Vorschläge unterbreitet, wo nachgebessert werde | |
könne. So sollen beispielsweise verdeckte Arme oder Aufstocker, die | |
arbeiten gehen und trotzdem Hartz IV beziehen, aus der Berechnungsgrundlage | |
herausgenommen werden. | |
Der Regelsatz würde dann um mehr als die von der Regierung vorgesehen fünf | |
Euro steigen. Um welchen Betrag, darauf will sich jedoch die SPD nicht | |
festlegen. Sie bestehe auch nicht darauf, "alle vier Stellschrauben | |
zurückzudrehen", sagte Schwesig. Die Regierung betont nach wie vor, die | |
Sätze seien verfassungskonform berechnet. | |
In einem internen Eckpunktepapier für die Verhandlungen, das der taz | |
vorliegt, bieten Union und FDP bisher nur an, "notwendige Studien" in | |
Auftrag zu geben, um unter anderem den Umfang "verdeckter Armut" zu | |
ermitteln. Es klingt jedoch nicht danach, dass dies in naher Zukunft | |
Auswirkung auf die Regelsatzhöhe haben soll. | |
"Die Angebote der Regierung sind eine Frechheit", sagte Anette Kramme, | |
Sprecherin für Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion, zum | |
Verhandlungsstand. Kramme appellierte auch an ihre eigene Partei, sich auf | |
keine "Scheineinigung" einzulassen. "Die SPD darf keinem Regelsatzgesetz | |
zustimmen, das nicht absolut verfassungskonform ist." | |
26 Jan 2011 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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