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# taz.de -- Weiter Diskussionen um Hartz-IV: Nicht mal 6 Euro wollnse rausrück…
> Regierung und Opposition diskutierten mehr als zehn Stunden über Hartz-IV
> – und konnten bei den zentralen Fragen keine Einigung erzielen. Nun droht
> eine Sonder-Bundesratssitzung.
Bild: Bundesarbeitsministerin Von der Leyen, daneben Peter Altmair (CDU, links)…
BERLIN dpa | Weiter Diskussionen um Hartz-IV: Die Kompromissgespräche von
Koalition und Opposition wurden in der Nacht zum Montag ohne Ergebnis auf
Dienstag vertagt. Zuvor hatten beide Seiten fast zehn Stunden miteinander
verhandelt. Hauptstreitpunkt ist die Höhe des künftigen
Hartz-IV-Regelsatzes. Trotz Annäherungen beim Bildungspaket ist nach wie
vor offen, wie das Geld dafür an die Kommunen transferiert werden soll.
Keine Annäherung gibt es bisher bei der Forderung nach gleichem Lohn für
gleiche Arbeit in der Leiharbeit, wo die Regierungskoalition auf einer
Neun-Monatsfrist beharrt.
Hierbei hat SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann FDP Dogmatismus
vorgeworfen. Oppermann kritisierte vor allem die starre Haltung der
Liberalen zur gleichen Bezahlung für Leiharbeiter nach neun Monaten. "Die
FDP ist da absolut dogmatisch", sagte er am Montag im ZDF-Morgenmagazin.
Die meisten Zeitarbeiter hätten nach neun Monaten gar keine Arbeit mehr.
Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, beharrte für
die Regierungskoalition auf einer Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes um nur
fünf Euro. Der SPD, die das nicht für ausreichend hält, warf er am Montag
in Berlin einen "politischen Irrweg der Linken" vor. "Unser Ziel ist es,
dass Arbeitslose schnell wieder in Arbeit kommen". Sie dürften sich nicht
in Hartz-IV "einrichten", sagte Friedrich.
Die SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig und Grünen-Chef Fritz Kuhn
unterstrichen, dass es ohne Zugeständnisse der Koalition in allen drei
Verhandlungsfeldern - Regelsatz, Mindestlohn und Bildungspaket - keine
Einigung geben könne. Sollte bis zur nächsten Sitzung des Bundesrates an
diesem Freitag kein Verhandlungsergebnis vorliegen, ist eine Sondersitzung
der Länderkammer im Gespräch.
SPD und Grüne: Hartz-IV auf 370 Euro
SPD und Grüne verlangen dem Vernehmen nach, dass bei der Berechnung des
Existenzminimums für Langzeitarbeitslose jene nicht berücksichtigt werden,
die weniger als 100 Euro im Monat hinzuverdienen. Dadurch würde der
Hartz-IV-Regelsatz nicht wie von der Koalition vorgesehen um fünf Euro,
sondern um 11 Euro auf 370 Euro im Monat steigen. Kuhn sagte, es gehe
darum, die Berechnung "verfassungsfest" zu machen.
Für die Linke ist die Reform nach dem nächtlichen Verhandlungsdebakel
dagegen "praktisch gescheitert". Parteichef Klaus Ernst ruft die
Betroffenen auf, über die Sozialgerichte einen verfassungsgemäßen Regelsatz
zu erstreiten. "Schwarz-Gelb will keine Lösung. SPD und Grüne sind zu
feige, wirklich Druck aufzubauen", erklärte Ernst am Dienstag. "Die
Betroffenen können nicht länger warten. Sie müssen jetzt den Weg über den
Rechtsstaat gehen und sich dort ihr Recht holen", sagte Ernst.
Klaus Ernst: Jetzt gilt Richterrecht
Weil die alten Regelsätze nicht mehr gültig seien, gelte jetzt
Richterrecht. "Massenklagen gegen verfassungswidrige Hartz-IV-Bescheide
haben Erfolgschancen. Die Gerichte werden sich das Hartz-IV-Mikado auf dem
Rücken der Betroffenen nicht länger anschauen". Das
Bundesverfassungsgericht hatte im Februar vergangenen Jahres eine
Neuberechnung des Regelsatzes für 4,7 Millionen erwachsene
Hartz-IV-Bezieher und mehr Bildungsförderung und Teilhabe für bedürftige
Kinder verlangt. Beides ist seit dem 1. Januar überfällig.
Von der Leyen: "Milliardenschweres Angebot gemacht"
Zu Beginn der Verhandlungen hatte die Koalition angeboten, die Kosten der
Kommunen für die Grundsicherung armer Rentner komplett zu übernehmen. Die
schrittweise Übernahme der Grundsicherung für arme Rentner durch den Bund
würde die Kommunen im Zeitraum von 2012 bis 2015 insgesamt um 12 Milliarden
Euro entlasten, hieß es aus Regierungskreisen. Von der Leyen sagte: "Wir
haben ein milliardenschweres Angebot gemacht". Schwesig sagte, SPD wie
Grüne begrüßten es, dass der Bund hier die Kommunen entlasten will. Damit
sei aber immer noch nicht geklärt, wie die Bildungsausgaben garantiert
werden.
Schäuble erwartet Entgegenkommen bei Gemeindefinanzreform
Diese Entlastung zielt darauf, der Opposition die Zustimmung zum
Hartz-IV-Paket schmackhaft zu machen. Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble (CDU) hatte schon im November Bereitschaft signalisiert, den
Kommunen die Grundsicherung im Alter abzunehmen. Er erwartet dafür aber von
der Opposition ein Entgegenkommen bei der Reform der Gemeindefinanzen,
speziell bei der Gewerbesteuer. Derzeit tragen die Kommunen die Hauptlast
der Grundsicherung im Alter. 2009 schlug diese Sozialhilfeleistung mit
knapp 3,9 Milliarden Euro zu Buche. Bis 2020 ist nahezu eine Verdoppelung
auf 7,2 Milliarden Euro prognostiziert. Die Grundsicherung im Alter kam
zuletzt knapp 800 000 armen Rentnern zugute.
"Zweimal das gleiche Geschenk, einmal zu Weihnachten, einmal zu Ostern"
Der Vorschlag war nicht neu: Denn Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU)
hatte schon Anfang November vergangenen Jahres den Kommunen angeboten, die
Kosten für die Grundsicherung armer Rentner komplett zu übernehmen – dafür
aber Entgegenkommen bei der Reform der Gemeindesteuern verlangt. "Zweimal
das gleiche Geschenk, einmal zu Weihnachten, einmal zu Ostern", spottete
ein SPD-Unterhändler.
7 Feb 2011
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