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# taz.de -- Kommentar Ägypten: Ökonomie der arabischen Revolte
> Ägypten und Tunesien gelten als ökonomische Musterschüler der Region.
> Doch von der Öffnung der Märkte und Privatisierungen profitierten nur die
> Eliten.
Das Regime in Ägypten spielt auf Zeit. Und tatsächlich mehren sich die
Stimmen, die meinen, nun sei es aber gut - schließlich habe Mubarak doch
eingelenkt und sein Regime eingewilligt, auf die Opposition einzugehen.
Es sind politische und soziale Forderungen, welche die Menschen in Ägypten
und anderen arabischen Ländern in den letzten Wochen auf die Straße
trieben. Nun haben die Proteste in Ägypten aber auch das Wirtschaftsleben
des Landes lahmgelegt, was die soziale Not vieler Menschen verschärft. Die
Preise für Brot, Reis und Gemüse haben sich mancherorts vervierfacht. In
einem Land, in dem jeder Zweite mit weniger als zwei Dollar pro Tag
auskommen muss, stellt sich da selbst der Protest als ein Luxus dar, den
sich nicht jeder leisten kann.
Bemerkenswert ist, dass die Proteste ausgerechnet in Ägypten und Tunesien
am stärksten eskaliert sind: Beides sind prowestliche Regimes, die in den
vergangenen Jahren ihre Wirtschaft liberalisiert haben und damit auch in
ökonomischer Hinsicht bislang als Musterschüler in der Region galten. Doch
von Privatisierungen, von der Öffnung der Märkte profitierte in Ägypten wie
in Tunesien nur eine kleine Elite.
Das Gros der Bevölkerung litt unter steigenden Preisen, ökonomischer
Verdrängung und wachsender Arbeitslosigkeit. Während die Landbevölkerung
verarmte und das traditionelle Handwerk fast vollständig vernichtet wurde,
wuchs die Wut auf eine Oberschicht, die ihren neuen Reichtum immer
ungenierter zur Schau stellte.
Im Westen wird gerne übersehen, wie sehr die wachsende Kluft zwischen Arm
und Reich den Unmut in der Region angefacht und oft den Islamisten in die
Hände gespielt hat. Nun fordern die Menschen politische Freiheiten, aber
auch Jobs und soziale Sicherheit. Die Zukunft der arabischen Länder wird
sich daran entscheiden, ob es ihnen gelingt, eine Balance zwischen
wirtschaftlicher Liberalisierung, Demokratisierung und sozialer
Gerechtigkeit zu finden.
Viele arabische Regimes, von Jordanien bis Marokko, haben die Gefahr
erkannt und auf die aktuelle Protestwelle reagiert: zum Teil mit
vorsichtigen politischen Zugeständnissen - mehr noch aber, indem sie die
Subventionen für Brot und andere Grundnahrungsmittel erhöhten. Eine
nachhaltige Politik ist das nicht, denn sie schafft keine Arbeitsplätze.
Aber schon dieses Entgegenkommen ist ein erster Erfolg dieser panarabischen
Protestbewegung.
8 Feb 2011
## AUTOREN
Daniel Bax
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