# taz.de -- Zwei Supertanker gekidnappt: Somalische Piraten als Ölspekulanten | |
> In zwei Tagen fielen zwei Öltanker im Indischen Ozean in die Hände | |
> somalischer Piraten. Einer hatte Öl für die USA im Wert von 200 Millionen | |
> Dollar an Bord. | |
Bild: Britische Marinesoldaten fangen im Oktober somalische Piraten ab. 48 Schi… | |
BERLIN taz | Je teurer das Erdöl, desto wertvoller sind die Öltanker auf | |
den Weltmeeren. Kaum haben die Rohölpreise auf den Weltmärkten die Grenze | |
von 100 US-Dollar pro Barrel überschritten, haben somalische Piraten im | |
Indischen Ozean gleich zwei Öltanker in ihre Gewalt gebracht. | |
Die italienische "MT Savina Caylyn", auf dem Weg von Sudan nach Malaysia | |
mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 104.000 Tonnen, wurde am | |
Dienstag nach einem Feuergefecht gekapert. Sie hatte eine unbekannte Menge | |
Öl aus Sudan für Malaysia an Bord. | |
Nur einen Tag später fiel der griechische Supertanker "Irene SL" in die | |
Händer somalischer Piraten. Das 333 Meter lange Riesenschiff hat ein | |
zulässiges Gesamtgewicht von knapp 320.000 Tonnen und hatte zum Zeitpunkt | |
der Kaperung 270.000 Tonnen (über 1,9 Millionen Barrel) Öl aus Kuwait für | |
die USA an Bord, heißt es. | |
Allein die Beute aus dem Tanker "Irene SL" ist rund 200 Millionen Dollar | |
wert und entspricht einem Fünftel der US-Tagesimporte an Öl. Erstaunlich | |
ist der Ort der beiden Überfälle, die mit Somalia an sich überhaupt nichts | |
mehr zu tun haben. Der Tanker aus Italien wurde knapp 700 Kilometer | |
westlich der zu Indien gehörenden Lakshadweep-Inseln gekapert. | |
Der griechische Supertanker fiel den Piraten 400 Kilometer vor der Küste | |
Omans und 600 Kilometer südlich der Küste Pakistans in die Hände. Erst fünf | |
Tage vorher, so meldet der sich in Kenia befindende | |
Pirateninformationsdienst Ecoterra, war an genau dieser Stelle ein Angriff | |
auf einen Öltanker durch einen Militärhubschraubereinsatz einer der | |
unzähligen Interventionsflotten in dem Seegebiet vereitelt worden. | |
Mit den beiden Angriffen und der zeitgleichen Freilassung zweier | |
südkoreanischer Schiffe liegt die Anzahl der ausländischen Schiffe in der | |
Gewalt somalischer Piraten laut Ecoterra konstant bei 48, die Zahl der | |
Geiseln bei 790. Die EU-Flotte im Indischen Ozean zählt 35 gekaperte | |
Schiffe, aber in dieser Liste sind kleinere Schiffe nicht enthalten. | |
Die meisten gekaperten Schiffe werden vor Somalias Küste festgehalten. | |
Manche sind aber auch zu Mutterschiffen für weitere Piratenangriffe | |
umfunktioniert worden. Die darauf befindlichen, als Geiseln gehaltenen | |
Besatzungsmitglieder dienen dann als "menschliche Schutzschilde" gegen | |
mögliche Angriffe seitens der EU- und Nato-Interventionsflotten. | |
10 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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