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# taz.de -- Interview mit Piratenanwältin: "Habenichtse vor Gericht"
> In Hamburg hat heute der Prozess gegen zehn somalische Piraten begonnen,
> die ein deutsches Frachtschiff überfallen haben. Anwältin Heinecke sieht
> einen "minder schweren Fall".
Bild: Ende einer Kaperfahrt: Einer der somalischen Piraten, die ein deutsches C…
taz: Frau Heinecke, Sie vertreten einen der zehn Somalier. Mit welchen
Strafen müssen die Angeklagten rechnen?
Gabriele Heinecke: Die Männer sind angeklagt wegen erpresserischem
Menschenraub und gemeinschaftlichem Angriff auf den Seeverkehr. Auf beide
Delikte steht eine Mindeststrafe von fünf Jahren. Für den Fall, dass die
zehn verurteilt werden, muss man sicher über einen minder schweren Fall
nachdenken, das wäre dann eine Mindeststrafe von einem Jahr.
Was ist daran "minder schwer", wenn bewaffnete Piraten ein Frachtschiff
angreifen?
Haben Sie die Bilder nach der Festnahme gesehen? Das waren ausgemergelte
klapperdürre Gestalten. Diese Männer wissen, was Hunger ist. Somalia ist
ein geschundenes kaputtes Land. Wer seine Familie nicht satt bekommt, wem
jede ärztliche Versorgung fehlt, wer keine Perspektive mehr sieht, kann den
Zwang verspüren, jede Arbeit anzunehmen, auch die auf dem Meer beim Kapern
von Schiffen.
Die Piraten bekommen doch regelmäßig Lösegelder in Millionenhöhe, gehört
Hunger da nicht der Vergangenheit an?
Mag sein, dass es den Hintermännern und den Clans, die das Geschäft
kontrollieren, inzwischen ganz gut geht. Das gilt aber nicht für das
Fußvolk, für die Leute, die die gefährliche Arbeit mit hohem Risiko machen
müssen. Es gibt in Somalia eine drastische Kluft zwischen Reichen und
Armen. Die Angeklagten von Hamburg gehören eindeutig zu den Armen.
Kein einziger von ihnen gehört zu den Rädelsführern?
Das sagt schon der gesunde Menschenverstand, dass die Profiteure sich nicht
in die kleinen Boote setzen, um auf offener See ein großes Containerschiff
zu entern - mit hohem Risiko, dabei verletzt oder festgenommen zu werden.
Die Hintermänner könnte man vielleicht auf den Mutterschiffen vermuten, die
hinzu kommen, wenn die Drecksarbeit gemacht ist. Noch wahrscheinlicher ist,
dass die wirklich Verantwortlichen ganz im Hintergrund bleiben. In Hamburg
stehen die Habenichtse vor Gericht.
22 Nov 2010
## AUTOREN
Christian Rath
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