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# taz.de -- Revolution in Ägypten: Kairo erwartet Massenprotest
> Hunderttausende wollen auf die Straße gehen, nachdem Präsident Mubarak
> sich geweigert hat, abzutreten. Beobachter vermuten jedoch, dass das
> Militär faktisch schon die Macht übernommen hat.
Bild: Mehr als tausend Demonstranten haben nach der Ansprache Mubaraks die Nach…
KAIRO dapd | Die Demonstranten in Kairo bereiten einen neuerlichen
Massenprotest gegen Staatschef Husni Mubarak vor. In der Nacht zum Freitag
versammelten sich nach Berichten von Augenzeugen und Fernsehsendern bereits
Hunderte von Menschen vor dem Präsidentenpalast. Sie treibt die Wut und
Enttäuschung von Hunderttausenden Regierungsgegnern, weil sich Mubarak nach
wie vor weigert, sofort zurückzutreten.
Mubarak hatte in einer Fernsehansprache am Donnerstagabend erklärt, er sei
bereit zu weiteren Verfassungsänderungen, um einen sanften Machtübergang
und freie und faire Wahlen zu sichern. Den von vielen seiner Gegner
erhofften Amtsverzicht sprach er aber nicht aus.
"Wir warten auf eine starke Reaktion der Armee", sagte Mohammed Mustapha,
ein Sprecher der Protestbewegung. Er rechne für Freitag mit einer
"Riesenzahl" von Demonstranten. Viele wollten dann zum Oruba-Palast ziehen,
dem wichtigsten Amtspalast Mubaraks. Er liegt mehrere Kilometer entfernt
vom Tahrir-Platz, dem zentralen Versammlungsort der Opposition. Bis
Freitagmorgen gab es aber noch keinen offiziellen Aufruf für einen Marsch.
Der ägyptische Oppositionspolitiker Mohamed al-Baradei rief das Militär zum
Eingreifen auf. "Ägypten wird explodieren", sagte der
Friedensnobelpreisträger mit Blick auf die enttäuschten Demonstranten in
Kairo. "Die Armee muss jetzt das Land retten", sagte al-Baradei über
Twitter. "Ich rufe die ägyptische Armee auf, sofort einzugreifen."
US-Präsident Barack Obama forderte die Führung in Kairo auf, der
Bevölkerung rasch die verkündeten Veränderungen zu erklären. Den Ägyptern
sei von einem Übergang der Vollmachten erzählt worden, aber es sei nicht
klar, ob dieser Wechsel sofort umgesetzt werde, von Bedeutung sei und
ausreiche, kritisierte Obama in einer Erklärung. Zu viele Ägypter seien
noch immer nicht überzeugt, dass es ihrer Regierung ernst sei mit der
Demokratisierung, fügte der US-Präsident hinzu.
Erst fassungslos, dann zunehmend enttäuscht rief die Menschenmenge auf dem
Tahrir-Platz nach Mubaraks Fernsehansprache "Hau ab, hau ab, hau ab!",
viele schwenken ihre Schuhe als Zeichen höchster Verachtung. Zuvor hatten
sich den ganzen Tag über Hinweise verdichtet, dass der Präsident nach 17
Tagen des Protests zurücktreten und den Weg freimachen würde für den Wandel
zur Demokratie. Ein ranghoher General hatte am Nachmittag noch versprochen,
dass "all ihre Forderungen" erfüllt werden würden.
Vizepräsident Omar Suleiman, dem Mubarak einen Teil seiner Vollmachten
übertragen hat, rief die Demonstranten nach der Ansprache des Staatschefs
zu einem Ende der Proteste auf. Sie sollten nach Hause gehen und in die
Zukunft schauen, sagte Suleiman im Fernsehen.
Dessen ungeachtet zogen rund 1.000 Demonstranten nach dem Ende der Rede zur
Zentrale des Staatsfernsehens, die von Soldaten bewacht wurde. "Lügner",
rief die Menge und zeigte auf das Gebäude. "Wir werden nicht gehen. Ihr
werdet gehen."
Westerwelle warnt vor Gewalt gegen Demonstranten in Ägypten
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich besorgt über die
neuen Entwicklungen in Ägypten geäußert. Im ZDF-"Morgenmagazin" zeigte sich
der Minister überzeugt, dass die Rede des ägyptischen Präsidenten Husni
Mubarak "zu keiner Befriedung" der Situation führen werde. Westerwelle
forderte das ägyptische Regime auf, bei den erwarteten neuerlichen
Demonstrationen keine Gewalt anzuwenden. Dies bedeute, dass Demonstranten
"nicht niedergeknüppelt werden, dass sie keine Gewalt fürchten müssen und
dass die Sicherheitsbehörden diese Demonstration auch schützen".
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, Mubarak habe bislang
noch nicht den "Weg für schnellere und tiefere Reformen freigemacht". Es
sei an der ägyptischen Bevölkerung, darüber zu urteilen, ob die von Mubarak
verkündeten Maßnahmen ihre Erwartungen und Hoffnungen erfüllten. Die EU
werde die Lage in Ägypten weiter genau beobachten.
Oberster Militärrat tagt
Angesichts der Zuspitzung der Lage in Ägypten ist der Oberste Rat des
Militärs zu einer Sitzung zusammengekommen. Das Gremium sei in ständiger
Tagung, berichtete das ägyptische Staatsfernsehen - ein Status, der
normalerweise nur in Kriegszeiten gilt. Der Rat wird von dem
Verteidigungsminister, Feldmarschall Hussein Tantawi, geleitet.
Der Rat untersuche, "welche Maßnahmen und Vorkehrungen getroffen werden
könnten, um die Nation zu schützen, ihre Errungenschaften und die Ziele
ihres großen Volkes", erklärte das Militär weiter. Es wurde die
Veröffentlichung einer Erklärung an das Volk angekündigt.
Beobachter werteten die Erklärung als Indiz dafür, dass Tantawi und seine
Generale nun die Macht übernommen haben. Überschrieben war die Mitteilung
als "Kommunique Nummer ein" - eine Wortwahl, die auf einen Putsch hindeuten
könnte.
Fernsehberichte zeigten Tantawi und rund zwei Dutzend Offiziere mit
versteinerten Mienen an einem runden Tisch sitzen. Staatschef Husni Mubarak
und sein Vize Omar Suleiman, ein früherer General und ehemaliger
Geheimdienstchef, waren bei der Sitzung nicht dabei.
11 Feb 2011
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Deniz Yücel
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