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# taz.de -- Elektroschrott-Recycling: Seltene Erden im Handy
> Elektroschrott gilt als die große unerschlossene Quelle für knappe
> Rohstoffe. Wiederverwertung gibt es bisher kaum. Und nur wenige
> Unternehmen sind dazu überhaupt in der Lage.
Bild: Altes Nokia-Handy (Nokia 6650).
BERLIN taz | Recycling und der Ersatz von knappen Rohstoffen wie zum
Beispiel Seltenen Erden hat die EU-Kommission in ihrer Rohstoffstrategie
ins Zentrum gerückt. Anders als ihr Name vorhersagt, sind Yttrium, Neodym
oder Europium zwar nicht selten. Das US-amerikanische Geological Survey
schätzt die weltweiten Reserven der Metalle auf 99 Millionen Tonnen. Nur
werden etwa 97 Prozent der gesamten Jahresproduktion von rund 124.000
Tonnen in China gefördert.
Seit die Regierung des Riesenreichs keine Lust mehr hat, seine Schätze
billig an die Industrieländer zu verscherbeln, müssen diese sich etwas
einfallen lassen. Denn die moderne Industrie kommt ohne Seltene Erden nicht
aus. Ob im Handy, im Laptop, Solarmodul oder Windrad, in Elektromotoren
oder Energiesparleuchten – überall kommen sie zum Einsatz. "Sie zu ersetzen
ist schwierig", sagt Doris Schüler, "das würde meist eine komplett andere
Technik und ein anderes Produktdesign erfordern."
Die Wissenschaftlerin des Freiburger Öko-Instituts hat für die Fraktion der
Grünen im EU-Parlament eine Studie zum Thema "Seltene Erden und ihr
Recycling" erarbeitet. Das Recycling von Handys und Computern sei technisch
anspruchsvoll, das Know-how fehle. Zwar sind die Seltenen Erden in den
Produkten unabkömmlich, doch werden sie dort nur in winzigen Mengen
verarbeitet. Etwa ein Mobiltelefon so zu demontieren, dass die kleinen
Staubmengen des Metalls wirtschaftlich zurückgewonnen werden können, sei
schwierig.
Frühestens in fünf bis zehn Jahren könne Europa ein Recyclingsystem für
Seltene Erden aufbauen. Das Institut schlägt vor, ein europäisches
Kompetenznetzwerk einzurichten. In dem sollten Recycling-Unternehmen,
Hersteller von Elektroprodukten, Behörden und Wissenschaftler arbeiten.
"Die strategische Bedeutung des Themas haben wir erkannt", sagt Karsten
Hintzmann vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE).
Bislang gebe es aber nur eine "gute Handvoll" von Unternehmen, die
technisch in der Lage seien, Seltene Erden zu recyceln. Abgesehen davon sei
es wichtig, dass der Elektroschrott mit dem begehrten Inhalt auch bei den
Recycling-Unternehmen ankomme, betont Hintzmann.
Der BDE fordere daher, im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz - das die
Bundesregierung der Öffentlichkeit in Kürze vorstellen will – die
Wertstofftonne zu verankern. In diese würden dann nicht nur Plastik- und
Metallverpackungen wandern, sondern auch Elektrokleingeräte wie Föhne,
Radios oder Handys. Bislang landeten rund 60 Prozent aller Handys in der
Restmülltonne – und würden somit verbrannt, so Hintzmann.
"Immerhin belasten sie so nicht die Umwelt", gibt Jörg Lacher vom
Bundesverband für Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) zu bedenken.
Vielleicht packe man mit einer solchen Sammlung das Rohstoffproblem an.
"Aber das zieht einen Rattenschwanz anderer Probleme nach sich." So
enthielten Elektrogeräte oft Batterien, die auslaufen und die Verpackungen
kontaminieren könnten. In Großstädten würden Verpackungen oft nicht im
gelben Sack, sondern in großen Containern gesammelt. "Es ist nur eine Frage
der Zeit, dass dort etwa auch Flachbildschirme landen", so Lacher. Diese
enthalten aber giftiges Quecksilber. Der Verband schlägt vor, Elektrogeräte
beim Handel zu sammeln. Von dort könnten sie sicher zu den Entsorgern
transportiert werden.
Das Wichtigste aber sei, da sind sich die beiden einig, den illegalen
Export von Elektroschrott ins Ausland zu unterbinden. Rund 40 bis 50
Prozent der Computer und Fernseher würden in Entwicklungsländer
geschmuggelt, weiß der Grünen-Berichterstatter für Rohstoffpolitik im
EU-Parlament, Reinhard Bütikofer.
14 Feb 2011
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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