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# taz.de -- Neue Funktechnik NFC: Das Handy wird zur Geldbörse
> Mobilfunkanbieter wittern einen neuen Milliardenmarkt. Die
> Nahfunktechnologie NFC soll Kleingeld und Kreditkarten überflüssig
> machen.
Bild: Bei diesen Handys lässt sich nichts mehr nachrüsten.
Ein Handy ist bereits heute viel mehr als nur ein Telefon: Stadtplan,
E-Mail-Postfach und MP3-Player sind schon bei Mittelklasse-Geräten
integriert, Smartphones bringen dazu noch eine mobile Spielekonsole, ein
Navigationsgerät und ein mobiles Büro mit. Mit der "Near Field
Communication" soll das Handy noch vielfältiger werden: mobile Geldbörse,
Eintrittskarte, Informationsbüro werden in Zukunft in die Taschencomputer
integriert.
Die Technik ist unspektakulär: ein kleiner Chip sorgt dafür, dass das Handy
nicht nur mit dem Mobilfunknetz, sondern auch mit anderen Geräten in seiner
unmittelbaren Umgebung kommunizieren kann. Mehr noch: dank der eingebauten
Verschlüsselung kann sich der Chip bei seinem Gegenüber identifizieren.
Bereits 2002 haben Sony und Philips die Technik vorgestellt, nun soll sie
endlich ihren Siegeszug antreten und zu einem Milliardengeschäft werden.
René Schuster, Vorstandschef des Mobilfunkanbieters Telefónica O2 ,
verkündete [1][auf der Konferenz Digital Life Design] im Januar gar schon
das baldige Ende der Kreditkarte. Google-Chef Eric Schmidt legte beim
Mobile World Congress nach: "Wir stehen hier vor einer weiteren Chance in
Milliardenhöhe".
Fahrkarte und Geldbörse
Gerade das Bezahlen per Handy gilt als lukrative Einsatzmöglichkeit. Die
Vorstellung ist attraktiv: statt an der Supermarktkasse nach Bargeld oder
EC-Karte zu kramen, hält man kurz das Handy vor ein Lesegerät, gibt eine
Geheimnummer ein und der Betrag wird automatisch abgebucht. Das Telefon ist
so gut wie die eigene Unterschrift. Bei Kleinbeträgen könnte das Geld sogar
ohne Geheimnummer abgebucht werden - beispielsweise im öffentlichen
Nahverkehr. Einmal das Handy an den Lesepunkt halten und die Fahrkarte ist
gebucht.
Was für den Kunden attraktiv erscheint, ist es für die Service-Anbieter
erst recht. Sie wollen bei jedem Bezahlvorgang mitkassieren. Gerade der
Markt der Kleinbeträge ist in Deutschland kaum erschlossen - wer sich als
Alternative zum Bargeldverkehr etablieren kann, rechnet sich hohe Umsätze
aus. Schon hat die Deutsche Telekom ein "Handy-Portemonnaie" angekündigt,
Details stehen aber noch nicht fest. Konkurrenz O2 überlegt nach
Presseberichten gar selbst eine Banklizenz anzustreben.
Den Anwendungen sind kaum Grenzen gesetzt. So lassen sich neben
Zahlungsinformationen auch allgemeine Infos auf die Handys senden, wie zum
Beispiel Hintergrundinformationen zu einer Museumsausstellung oder aktuelle
Fahrplaninformationen. Oder Werbung. So stellte Schmidt in Barcelona
[2][laut einem Bericht der] NFC Times die Vision eines Einkaufscenters vor,
bei dem die unterschiedlichen Geschäfte ihre Sonderangebote direkt an die
Handies der Kunden senden, wo sie mit dem elektronischen Einkaufszettel
abgeglichen werden. "Ihr glaubt nicht dass dies funktioniert? Das ist
Konsumismus, Jungs", frotzelte der Google-Manager.
Dabei ist Skepsis angebracht. Denn es ist bereits der zweite Anlauf der
Nahfunktechnologie NFC. Bereits vor drei Jahren haben erste Feldversuche
begonnen, zum Beispiel das Projekt [3][Touch & Travel] der Deutschen Bahn,
bei dem Reisende auf ausgesuchten Strecken per NFC bezahlen konnten. Über
das Versuchsstadium kam die Technik in den vergangenen drei Jahren jedoch
nicht hinaus. Das Grundproblem gescheiterter Technologien: zu wenige
Handy-Hersteller bauten die Chips in ihre Geräte ein, zu wenige Anbieter
rüsteten ihre Angebote für die neue Technik aus. Folge: die Kunden blieben
bleiben bisher aus.
Hersteller rüsten nach
Doch die Durststrecke soll bald ein Ende haben. Nokia hat angekündigt alle
neuen Geräte mit NFC-Chip auszuliefern, das Google-Betriebssystem Android
kann mit der Technik umgehen und auch das nächste iPhone wird Gerüchten
zufolge nahfunken können. Technisch gesehen steht dem Erfolg von NFC also
wenig im Wege.
Ob die Kalkulationen der Industrie aber aufgehen, ist alles andere als
ausgemacht. Denn auch die Geldkarte schickte sich einst an, den Alltag an
deutschen Kassen auf den Kopf zu stellen. Da der Chip auf EC-Karten
angebracht wurde, war die Geldkarte in den Brieftaschen von Millionen
Deutschen. Wirklich durchsetzen konnte sich die Chip-Karte aber nicht: Bis
heute wird das Chipgeld im wesentlichen nur an Fahrkarten- und
Zigarettenautomaten akzeptiert, an der Supermarktkasse hat die Karte jedoch
keine Chance. Ob NFC mit der breiten Industrieallianz im Rücken ein anderes
Schicksal erfährt, bleibt abzuwarten.
25 Feb 2011
## LINKS
[1] http://www.dld-conference.com/videos/video/mobile-strategies-dld11_aid_2330…
[2] http://www.nfctimes.com/news/google-s-schmidt-nfc-offers-mega-scale-opportu…
[3] http://www.touchandtravel.de/
## AUTOREN
Torsten Kleinz
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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