# taz.de -- Facebook steigert Selbstwertgefühl: Ich? Gefällt mir! | |
> Facebook wird eine Menge zugetraut - nun auch noch das: Laut einer Studie | |
> dient das weltgrößte soziale Netzwerk als Ego-Pusher. Doch nicht alle | |
> sind dieser Meinung. | |
Bild: Quelle der Freude und des Selbstwertgefühls - angeblich: Facebook. | |
BERLIN taz | Das Bild wird oftmals bemüht: der digitale Einsiedler, der | |
sich vor lauter Online-Interaktion kaum noch traut, ein Leben abseits des | |
Bildschirms zu führen. Dem tritt nun eine Studie der renommierten | |
US-amerikanischen Cornell Universität mit einer überraschenden These | |
entgegen: Facebook steigert das Selbstwertgefühl seiner Nutzer. | |
Für die [1][Studie] wurden 63 Studenten der Uni vor Computer gesetzt, | |
einige waren ausgeschaltet, einige zeigten das Facebook-Profil des | |
jeweiligen Studenten an. Auf manchen Bildschirmen der ausgeschalteten | |
Rechner war zusätzlich ein Spiegel montiert. Jedem Student wurden drei | |
Minuten Zeit vor dem Rechner gegeben, anschließend musste ein zur | |
Ermittlung des Selbstwertgefühls konzipierter Fragebogen ausgefüllt werden. | |
Und siehe da: Die Studenten mit Zugriff auf ihr Facebook-Profil äußerten | |
sich deutlich positiver über sich selbst als diejenigen, die vor einem | |
ausgeschalteten Computer beziehungsweise vor einem Spiegel saßen. Die | |
überschwänglichste Selbstwahrnehmung zeigten gar die Studenten, die ihr | |
Facebook-Profil innerhalb der drei Minuten bearbeitet hatten. | |
"Anders als ein Spiegel, der uns daran erinnert, wer wir wirklich sind und | |
- falls das gespiegelte Bild nicht unseren Idealen entspricht - einen | |
negativen Effekt auf unser Selbstwertgefühl haben könnte", so Jeffrey | |
Hancock, "kann Facebook ein positives Bild von uns zeigen." Facebook | |
ermögliche es den Nutzern, sich von ihrer besten Seite zu zeigen, sagt der | |
Dozent für Kommunikation an der Cornell Universität. | |
Facebook-Mitglieder könnten selbst wählen, was sie von sich preisgeben und | |
all das hinausfiltern, was einen schlechten Eindruck hinterlassen könnte. | |
Darüberhinaus tendierten Freunde und Bekannte auf Facebook meist zu sehr | |
positiven Rückmeldungen, was das Selbstwertgefühl des Adressaten noch | |
weiter steigern könnte. | |
Auf den Einwand, dass somit auch eine willkommene Möglichkeit einer Flucht | |
vor dem tatsächlichen Spiegelbild entstehen könnte, antwortet Hancock: "Wir | |
sagen nicht, dass es eine trügerische Version unseres Ich ist, sondern, | |
dass es eine positive ist." So ist für den Wissenschaftler die Studie ein | |
voller Erfolg, der durchweg Begrüßenswertes zu Tage fördere: "Viele | |
Menschen nehmen automatisch an, dass das Internet schlecht ist. Dies ist | |
eine der ersten Studien, die zeigt, dass Facebook einen psychologischen | |
Nutzen bietet." | |
"Ich finde den Ansatz der Studie zwar interessant, doch teile ich nicht | |
ihre Schlussfolgerungen", sagt der Mainzer Professor Mitja Back der taz. | |
Der Psychologe meint: "Facebook verzerrt nicht die Realität, sondern | |
spiegelt sie. Es ist zwar eine andere soziale Plattform, ihre Regeln | |
unterscheiden sich jedoch kaum von denen des 'Real Life'." Vor etwa zwei | |
Jahren war auch er an einer Facebook-Studie beteiligt, seine heutige | |
Haltung erklärt sich durch das damalige Ergebnis: Demnach ist das | |
Facebook-Profil ein reelles Abbild der Persönlichkeit, eine | |
Selbstidealisierung findet nicht statt. | |
Und selbst wenn es richtig wäre, so Back, dass Nutzer ein schmeichelndes | |
digitales Spiegelbild installierten und daraus ein höheres Selbstwertgefühl | |
generierten: "In dem Moment, in dem alle bei Facebook sind, wird es | |
irrelevant." Und dieser Zeitpunkt scheint zumindest nicht mehr fernab jeder | |
Realität zu liegen. | |
8 Mar 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.cnn.com/2011/TECH/social.media/03/01/facebook.self.esteem/index.… | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Meta | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Extremwerbung bei Facebook: Online-Pizza in "Echtzeit" | |
Schon jetzt können sich Nutzer des weltgrößten sozialen Netzwerks vor | |
personalisierter Werbung kaum retten. Sogenannte Instant Ads sollen nun | |
hinzukommen. | |
Wie Facebook Suizide verhindern will: Netzwerk-Hilfe in der Lebenskrise | |
Mit einem Online-Formular können britische und irische Facebook-Nutzer | |
Selbstmordabsichten von Freunden melden. Die neue Funktion könnte Leben | |
retten. | |
Verzicht nach Karneval: Das große Facebook-Fasten | |
Mit dem Aschermittwoch beginnt die christliche Fastenzeit. Auch auf soziale | |
Medien wie Facebook wird immer öfter verzichtet. Das kann glücklich machen. | |
Guttenberg-Unterstützerseite bei Facebook: Echte oder Fake-Friends? | |
Über eine halbe Million Fans in wenigen Tagen. Das ließ viele | |
Netz-Beobachter zweifeln, ob es bei der Facebook-Seite "Wir wollen | |
Guttenberg zurück" mit rechten Dingen zu geht. | |
Proteste in Kroatien: Aufstand der Facebook-Generation | |
In Zagreb sind tausende junge Menschen einem Protestaufruf bei Facebook | |
gefolgt. Sie fordern den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsidentin | |
Jadranka Kosor. | |
Betreiber von Socialnetworksecurity.org: "Es fehlt eine Sicherheitskultur" | |
Die Plattform Socialnetworksecurity.org deckt gezielt Lücken in sozialen | |
Netzwerken auf. Im Interview sagen die Macher, worum es ihnen geht - und | |
was Nutzern drohen kann. | |
Digitaler Nachlass: Tot, aber nicht aus der Welt | |
Wer stirbt, ist noch lange nicht offline. Das Facebook-Profil bleibt, der | |
Mail-Account empfängt Nachrichten – und manchmal schlüpfen Angehörige ins | |
digitale Ich der Toten. | |
Forscher über Proteste und Social Media: Facebook will kein Revoluzzer sein | |
Ist Facebook der Star der arabischen Revolten? US-Netzforscher Ethan | |
Zuckerman spricht mit der taz über den Einfluss sozialer Medien und die | |
Kunst des Zuhörens. |