# taz.de -- Extremwerbung bei Facebook: Online-Pizza in "Echtzeit" | |
> Schon jetzt können sich Nutzer des weltgrößten sozialen Netzwerks vor | |
> personalisierter Werbung kaum retten. Sogenannte Instant Ads sollen nun | |
> hinzukommen. | |
Bild: Nutzer müssen sich auf mehr und vor allem schnellere Werbung einstellen:… | |
Das Online-Netzwerk Facebook arbeitet an einer neuen Methode, die es | |
Nutzern schwerer machen soll, Werbung auszublenden: Sogenannte Instant Ads, | |
die sich auf das beziehen, was der Nutzer gerade eingegeben hat. | |
Betroffen sind zunächst die Bereiche Status-Updates und Pinnwand. Gibt | |
jemand beispielsweise als Text ein, er suche gerade nach "passenden Jeans", | |
würde Reklame für eine Jeans-Marke auftauchen. Steht die Laune nach Pizza | |
und wird auf der Pinnwand des besten Freundes zum Italiener eingeladen, | |
taucht gleich die passende Pizzeria in einer Instant Ad auf. | |
Noch sehen nur wenige Facebook-Nutzer diese neue Form von Extremwerbung. | |
Angeblich sind rund ein Prozent aller User an der aktuellen Testphase | |
beteiligt - laut einem Bericht von "AdAge" bis zu sechs Millionen | |
Mitglieder. Zwar sind Anzeigen auf Basis von Pinnwand-Postings oder | |
Status-Updates nicht völlig neu. Doch der Instant-Ad-Algorithmus soll sie | |
deutlich schneller darstellen, in "Echtzeit". | |
Facebook-Nutzer kennen personalisierte Reklame schon länger: Die Werbung, | |
die es im Netzwerk zu sehen gibt, passt oft sehr genau zur eigenen Person. | |
Kein Wunder, schließlich erlaubt Facebook seinen Werbekunden, Nutzer | |
gezielt über den Wohnort, das Alter, die Hobbys, den Beziehungsstatus und | |
andere der vielen Informationen anzusprechen, die Facebook so bereitwillig | |
sammelt. Bislang tauchte die personalisierte Reklame nur beim Neuaufbau | |
einer Seite auf und konnte so recht gut ignoriert werden. | |
## Neuer Dienst "Questions" | |
Die neue Werbeform passt zur Beschleunigung, die Facebook seinen Seiten | |
gerade verpasst. Erst kürzlich führte das Netzwerk eine | |
"Echtzeit"-Kommentarfunktion ein, bei der man eine Seite nicht mehr neu | |
laden muss, um die jeweils neuesten Äußerungen zu lesen. Theoretisch könnte | |
Facebook noch weitergehen und auch mit eingegebenen Chat-Texten | |
personalisierte Anzeigen ausliefern. Google Mail arbeitet seit Jahren mit | |
einem Geschäftsmodell, bei der die eingeblendete Reklame zur empfangenen | |
E-Mail passt. Facebook würde das alles nur sehr viel schneller machen. | |
Neben der neuen Instant-Reklame hat Facebook weitere Neuigkeiten zu | |
vermelden. Ein neuer Dienst namens "[1][Questions]" erlaubt es Nutzern, | |
Fragen zu stellen, die andere User dann beantworten können - insbesondere | |
jene, mit denen man auf Facebook befreundet ist. Yahoo betreibt mit | |
"Answers" seit vielen Jahren einen ähnlichen Dienst, Google bemüht sich | |
ebenfalls um Frage-Antwort-Funktionen und kaufte 2010 das darauf | |
spezialisierte Internet-Start-up Aardvark, zuletzt [2][startete mit Quora | |
ein neues Portal.] | |
Facebook testet "Questions" bereits seit dem Sommer 2010, fängt nun aber | |
an, den Service sukzessive für all seine Nutzer freizuschalten. "Lerne von | |
Deinen Freunden, schaue, wo die Leute stehen, teile, was Du weißt", | |
beschreibt das Netzwerk seinen Service. | |
## Neuer Facebook-Top-Lobbyist? | |
Ob das Facebook-Management dieses interne Orakel befragt hat, als es um die | |
Aufstockung der eigenen PR-Abteilung ging, ist unbekannt. Dort scheint sich | |
das Unternehmen gerade umzutun: Wie die New York Times am Wochenende | |
berichtete, will Firmenboss Mark Zuckerberg Obamas ehemaligen | |
Pressesprecher Robert Gibbs als neuen Top-Lobbyisten in Washington | |
beschäftigen oder ihn gar zum Leiter der gesamten Firmenkommunikation | |
machen. | |
Schon der derzeitige "Chief Operating Officer" Sheryl Sandberg kommt | |
ursprünglich aus der US-Politik. Bevor die rechte Hand Mark Zuckerbergs zu | |
Google stieß, wo sie vor ihrer Ankunft bei Facebook arbeitete, war sie fünf | |
Jahre lang Büroleiterin des US-Finanzministers Larry Summers unter | |
Präsident Bill Clinton. | |
Einfluss in Washington wäre für Facebook auch deshalb wichtig, weil der | |
Druck auf das Unternehmen wächst, die Privatsphäre seiner Nutzer endlich | |
ernster zu nehmen. Zudem stehen regulatorische Entscheidungen im Bereich | |
der personalisierten Werbung an - und das ist derzeit Facebooks | |
Haupteinnahmequelle. | |
29 Mar 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.facebook.com/questions | |
[2] /1/netz/netzkultur/artikel/1/quora-da-brauchst-du-ne-einladung/ | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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