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# taz.de -- Bürgerkrieg in Libyen: Reden will niemand
> Die Rebellen stellen Gaddafi ein Ultimatum: Wenn er binnen 72 Stunden
> zurücktritt, werde er nicht strafrechtlich verfolgt. Die Kämpfe vor allem
> um Ras Lanuf und Sawija gingen indes weiter.
Bild: Kampf um Ras Lanuf: Rebellen flüchten vor einem Angriff aus der Luft.
TRIPOLIS afp/dpa/rtr/dapd | Nach den libyschen Rebellen hat auch die
Regierung in Tripolis ein Verhandlungsangebot an die Opposition dementiert.
Derartige Behauptungen seien "dummes Zeug", sagte ein Regierungsvertreter,
der anonym bleiben wollte, gestern in Tripolis. Die Rebellen stellten
Gaddafi ein Ultimatum, während am Dienstag die Kämpfe insbesondere in der
Ölstadt Ras Lanuf und Sawija, die angeblich wieder in Regierungshand sein
soll, weitergingen.
Der oppositionelle Nationalrat hatte in Bengasi erklärt, dass er
Verhandlungen mit Gaddafi ablehne. Gaddafi solle einfach "verschwinden und
das Blutbad beenden", sagte ein Sprecher des Gremiums. Der Präsident des
Nationalrats, Mustafa Abdel Dschalil, führte aus, eine Gruppe von Anwälten
aus Tripolis habe am Montag angeboten, bei Gesprächen mit Gaddafi zu
vermitteln, der Rat habe dies jedoch abgelehnt. Dschalil erneuerte jedoch
sein Angebot, gaddafi Straffreiheit zu gewähren, wenn er freiwillig das
Land verlasse. Der vergangene Woche gegründete Nationalrat versteht sich
als alleiniger Vertreter Libyens.
Der Chef des Nationalrats der Rebellen, Mustafa Abdel Dschalil, stellte
Gaddafi am Dienstagnachmittag ein Ultimatum: Man werde Gaddafi nicht
strafrechtlich verfolgen, wenn er binnen 72 Stunden zurücktrete, sagt
Dschalil dem Fernsehsender al-Dschasira.
## Angriffe auf Rebellen gehen weiter
Im Zuge der Gegenoffensive der libyschen Streitkräfte haben Kampfflugzeuge
am Dienstag mindestens fünf Luftangriffe auf Stellungen der Aufständischen
in der Nähe des Ölhafens Ras Lanuf geflogen. Dabei sei auch ein Wohngebiet
getroffen worden. Tote oder Verletzte habe es offenbar nicht gegeben, sagte
ein Reporter der Nachrichtenagentur AP, der die Angriffe beobachtete.
Die Stadt Sawija in der Nähe der Hauptstadt Tripolis wurde nach
Augenzeugenberichten bereits von Anhängern von Machthaber Muammar al
Gaddafi zurückerobert. Ein Augenzeuge berichtete telefonisch, Panzer und
andere Kampffahrzeuge der regierungstreuen Truppen patrouillierten in der
Stadt und feuerten willkürlich auf Häuser.
"Die Stadt liegt in Ruinen", sagte der Augenzeuge. "Manche Gebäude sind
völlig zerstört und in den Straßen wird auf jeden geschossen. Es gibt viele
Verletzte, aber den Krankenhäusern geht das Material aus." Außerdem seien
in Sawija alle Strom-, Telefon- und Internetverbindungen unterbrochen
worden.
## Libyen will Untersuchung
Die Regierung in Tripolis rief unterdessen offenbar die UN auf, ein Team
zur Untersuchung der blutigen Unruhen im Land zu entsenden. Das berichtete
ein hoher EU-Beamter, der am späten Montagabend aus Tripolis zurückkehrte.
Ob die Anfrage auch direkt an die UN gerichtet wurde, blieb unklar.
EU-Sprecher Michael Mann sagte, es sei nicht Aufgabe der EU, Nachrichten
von Gaddafis Regime weiterzugeben.
Die regierungstreuen Truppen nutzen vor allem ihre Lufthoheit, um die
Aufständischen zu bekämpfen und ihren Marsch auf Tripolis zu stoppen. Über
die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen, wie sie die
Regierungsgegner fordern, herrscht international indes weiterhin
Uneinigkeit.
Die Arabische Liga verlangte dafür eine Genehmigung des UN-Sicherheitsrats.
Man werde eine solche Maßnahme nicht pauschal unterstützen, sagte Hescham
Jussef, Sprecher der Liga, am Montag der Nachrichtenagentur AP. "Wir werden
kein unilaterales Vorgehen unterstützen und wir werden keine Einmischung
des Auslands in die inneren Angelegenheiten Libyens tolerieren", sagte
Jussef.
Die Stadt Sintan 120 Kilometer südwestlich von Tripolis befand sich weiter
in der Hand der Aufständischen, wurde aber am Dienstag von
Regierungstruppen belagert, wie ein französischer Dokumentarfilmer der AFP
sagte. "Die Einwohner erwarteten einen Angriff der Gaddafi-treuen Einheiten
heute Nacht, aber er kam nicht." Es gebe im Krankenhaus einige Verletzte.
Zudem habe er die Leichen von vier gefesselten Männern gesehen, die nach
Angaben der Bewohner von Soldaten Gaddafis mit Kopfschüssen getötet worden
waren.
## Gaddafi-Truppen sollen Bin Dschawad kontrollieren
Auch am Montag hatte die Luftwaffe Gaddafis wieder Städte und Stellungen
der Aufständischen angegriffen. Am Boden gingen die Regierungstruppen mit
Panzern gegen die Rebellen vor. Dabei geraten die Regimegegner zunehmend
unter Druck. Nach Berichten des arabischen Nachrichtensenders al-Dschasira
brachten Regierungstruppen die Stadt Al-Sawija unter ihre Kontrolle - sie
liegt rund 50 Kilometer westlich von Tripolis und war in den vergangenen
Tagen Schauplatz heftiger Kämpfe mit vielen Toten und Verletzten.
Auch Bin Dschawad in der Mitte der libyschen Küstenlinie soll unter
Kontrolle der Gaddafi-Truppen sein. Der nahe gelegene Öl-Hafen Ras Lanuf
sei nach wie vor umkämpft. Schwere Gefechte wurden auch aus der drittgrößte
libyschen Stadt Misurata - zwischen Tripolis und Gaddafis Geburtsstadt
Sirte - gemeldet. Laut al-Dschasira kamen dort allein am Montag mindestens
18 Menschen ums Leben.
Unterdessen werden am Dienstag drei Schiffe der deutschen Marine mit mehr
als 400 Flüchtlingen aus Libyen im ägyptischen Alexandria erwartet. Die
Fregatten "Brandenburg" und "Rheinland-Pfalz" sowie der
Einsatzgruppenversorger "Berlin" hatten am Samstagabend den tunesischen
Mittelmeer-Hafen Gabes verlassen. Bei den Flüchtlingen handelt es sich um
ägyptische Gastarbeiter, die vor den bürgerkriegsähnlichen Kämpfen aus
Libyen nach Tunesien geflohen waren.
8 Mar 2011
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