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# taz.de -- Kommentar Atomkatastrophe in Japan: Es gibt kein Zurück zur Normal…
> Wer glaubt, die Katastrophe könne weitgehend geräuschlos in einen
> Normalzustand übergehen, ist naiv. Fukushima wird uns noch lange und
> immer wieder neu in Atem halten.
Bild: Alltag in Japan: Autofahrer versuchen, an einer Tankstelle Benzin zu beko…
Für die Vulgärapokalyptiker von Spiegel Online war der Katastrophenalltag
mit den Feuerwehrspritzen, die auf schmelzende Reaktoren abregnen, schon
wieder unsexy: Fukushima wurde vorübergehend in die Rubrik Kurznachrichten
verbannt. Der Trainerwechsel bei Eintracht Frankfurt war wichtiger.
Dahinter steckt der Wunsch nach einer Rückkehr zur Normalität, der Glaube,
dass man dieses Jahrhundertereignis wie eine Stechmücke abschütteln könne.
Doch die Realität in den zerstörten Reaktoren bleibt hoch gefährlich, mit
einem gegenüber Tschernobyl potenzierten Bedrohungspotenzial.
Auf dem Gelände in Fukushima glühen nicht nur drei kollabierte
Reaktorherzen, dort liegen 35 Jahre Atombetrieb in Form abgebrannter
Brennelemente herum. Das sind mehrere tausend Tonnen strahlender Müll mit
dem radioaktiven Inventar eines halben Atomzeitalters.
Schon jetzt ist die freigesetzte Radioaktivität alarmierend - und sie nimmt
Tag für Tag mit naturgesetzlicher Regelmäßigkeit zu. Die Warnung, dass
Kleinkinder selbst in Tokio kein Leitungswasser mehr trinken sollen, ist
ein dramatischer Einschnitt.
Sebastian Pflugbeil von der Gesellschaft für Strahlenschutz hat auf die
großräumigen Verstrahlungsmuster hingewiesen. Wenn in mehr als 50
Kilometern Entfernung bereits Hotspots von 200.000 bis 900.000 Becquerel
pro Quadratmeter gemessen werden, dann sind weitere Evakuierungsmaßnahmen
nötig.
Für das geschundene Japan mag die Ausweitung der Sperrzone ein zusätzlicher
Schlag und ein öffentliches Eingeständnis sein, dass alles noch weit
schlimmer ist, dass die Krisenmanager die Eskalation nicht aufhalten
können. Doch die Vorstellung, dass Kinder und schwangere Frauen noch immer
im 50-Kilometer-Radius, also in Reichweite von drei massiv havarierten
Reaktoren leben, ist schwer erträglich.
Die Gesellschaft für Strahlenschutz spricht wegen der großräumigen
radioaktiven Belastung inzwischen von einem Super-GAU. Das Etikett, das man
der Katastrophe aufklebt, ist sicher nicht entscheidend und zeigt eher die
Hilflosigkeit, das Grauen zu buchstabieren. Doch jede Art von Beruhigung
oder der Glaube, die Katastrophe könne weitgehend geräuschlos in einen gut
handhabbaren Normalzustand übergehen, ist naiv. Fukushima wird uns noch
lange und immer wieder neu in Atem halten.
23 Mar 2011
## AUTOREN
Manfred Kriener
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
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