# taz.de -- Krieg in Libyen: Luftangriffe auf Tripolis fortgesetzt | |
> Während die internationale Gemeinschaft weiter Luftangriffe fliegt, | |
> sollen Truppen von Machthaber Gaddafi in der Stadt Misrata ein | |
> Krankenhaus bombadiert haben. Die Nato diskutiert indes weiter. | |
Bild: Die Rebellen versuchen, den Gaddafi-Truppen Stand zu halten. | |
TRIPOLIS afp/dpa | Die libysche Hauptstadt Tripolis ist in der Nacht und am | |
Donnerstagmorgen erneut Ziel von Luftangriffen der internationalen Allianz | |
zur Durchsetzung des UN-Flugverbots gewesen. Wie der US-Nachrichtensender | |
CNN berichtete, wurde nach libyschen Regierungsgaben am Morgen der | |
Stadtteil Tadschura getroffen. Im Zentrum von Tripolis waren laut | |
Augenzeugen wieder Explosionen und Flugabwehrgeschütze zu hören. | |
Truppen von Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi und die in dem Land | |
kämpfenden internationalen Streitkräfte haben sich in der Nacht zum | |
Donnerstag weiter heftige Gefechte geliefert. Der amtlichen libyschen | |
Nachrichtenagentur Dschana zufolge wurden bei Angriffen der Militärallianz | |
auf einen Armeestützpunkt in der Nähe der Hauptstadt Tripolis zahlreiche | |
Zivilisten getötet. Politiker der Regierungskoalition in Berlin | |
kritisierten den Einsatz. | |
Bei Luftangriffen der internationalen Truppen auf den Militärstützpunkt im | |
Gebiet von Tadschura etwa 30 Kilometer östlich von Tripolis wurde nach | |
Angaben von Dschana, die sich auf die libysche Armee berief, ein | |
Wohnviertel getroffen. Es gebe "eine beträchtliche Zahl von getöteten | |
Zivilisten", hieß es. Laut Dschana flog das von den USA, Frankreich und | |
Großbritannien angeführte Kriegsbündnis drei Angriffe auf den Stützpunkt. | |
Der dritte Beschuss sei erfolgt, als in dem Viertel bereits Rettungskräfte | |
im Einsatz gewesen seien. | |
Korrespondenten berichteten über ein Großaufgebot von Rettungswagen in | |
Tripolis und Tadschura. Nach Angaben von Zeugen hatten sich in der | |
Militärbasis heftige Explosion ereignet. Es seien zudem Flammen zu sehen | |
gewesen. | |
## Erstmals kanadische Einheiten im Einsatz | |
In der westlibyschen Stadt Misrata bombardierten Truppen Gaddafis nach | |
Angaben von Zeugen und eines Rebellensprechers das Hauptkrankenhaus sowie | |
weitere Gebäude. Die Lage in Misrata sei sehr ernst, sagte der | |
Rebellensprecher per Telefon. Panzer seien dabei, das Hospital und Häuser | |
zu beschießen. Zuvor hatte die westlich-arabische Militärallianz auch in | |
Misrata Luftangriffe geflogen. An dem Einsatz nahmen auch erstmals | |
kanadische Einheiten teil. | |
Die Nato erzielte in der Diskussion über ihre Rolle in dem Militäreinsatz | |
indes weiter keine Einigung. Bei einem Treffen der Nato-Diplomaten in | |
Brüssel konnte sich das Bündnis nicht darauf verständigen, eine | |
Führungsrolle zu übernehmen, wie es aus Diplomatenkreisen hieß. Die | |
Vertreter der 28 Nato-Mitgliedsstaaten hatten am Dienstag zunächst | |
beschlossen, ein Waffenembargo gegen Libyen auf dem Mittelmeer durchsetzen | |
zu wollen. | |
In der Frage einer möglichen Führungsrolle der Nato bei der Umsetzung der | |
UN-Resolution gegen Libyen blieb das Militärbündnis allerdings gespalten. | |
Während die USA eine Führungsrolle der Nato anstreben, will Frankreich die | |
Rolle des Bündnisses begrenzen. Der französische Außenminister Alain Juppé | |
sagte, die Nato diene der Militärkoalition gegen Libyen "als | |
Planungswerkzeug" und zur Einsatzführung, sie werde aber nicht die | |
"politische Führung" ausüben. | |
Aus Washington verlautete erneut, Gefolgsleute Gaddafis suchten den Kontakt | |
zu den USA, um über einen Ausweg aus der Krise zu verhandeln. Die Anfragen | |
seien für das Land nach den Kämpfen der vergangenen Tage "nicht | |
überraschend", sagte Denis McDonough, ein enger Berater von US-Präsident | |
Barack Obama. Er wolle jedoch "nicht weiter ins Detail gehen", fügte | |
McDonough hinzu. | |
Auch in Berlin hielt die Diskussion über den Einsatz an. Der Chef der | |
Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), sagte der Bild-Zeitung, | |
das Mandat der Vereinten Nationen zu Libyen sei "leider nicht zu Ende | |
gedacht". So sei von Bodentruppen "keine Rede", obwohl sie "wahrscheinlich" | |
gebraucht würden. Auch decke das Mandat eine Vertreibung Gaddafis nicht ab. | |
Bundesentwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) warf den an dem Einsatz | |
beteiligten Staaten vor, kein politisches Konzept für die Zukunft Libyens | |
zu haben. "Man sollte wissen, wie man ein militärisches Engagement wieder | |
beendet, bevor man es beginnt", sagte Niebel dem in Berlin erscheinenden | |
Tagesspiegel. Er wisse zudem nicht, ob die Gegner Gaddafis sich für | |
Freiheit einsetzten oder Stammeskämpfe austrügen, sagte der Minister. | |
24 Mar 2011 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Luftangriffe auf Libyen: Nato wird zur Bürgerkriegspartei | |
Libyens Luftwaffe soll zerstört sein. Was dann als plausibles Ziel der | |
Angriffe bleibt, ist die Unterstützung einer Bürgerkriegsparte - die nicht | |
von der UN-Resolution gedeckt ist. | |
Krieg in Libyen: "Waffenruhe ist völliger Schwindel" | |
Die Alliierten weiten die Luftschläge aus. Indes setzt Gaddafi die Angriffe | |
am Boden fort. Viele Tote in Misurata, viele Flüchtlinge aus Adschdabija. | |
Debatte Libyen: Gegen alle Prinzipien | |
Libyen ist das Paradebeispiel für einen "gerechten Krieg". Deutschland aber | |
pflegt unverbindlichen Pazifismus und Großmachtallüren. | |
Merkels Kurs zum Thema Libyen: Die verstörte Union | |
Angela Merkel brüskiert mit der Enthaltung im Sicherheitsrat die eigene | |
Partei und entfacht hitzige Diskussionen. Auch die Wähler sind vom | |
Verhalten der Kanzlerin irritiert. | |
Kabinett beschließt Awacs-Mandat: Ein "seltsamer Deal" | |
Als Ersatz für Libyen will das Kabinett Awacs-Einsätze am Hindukusch | |
fliegen lassen. Die Abzugspläne sollen davon nicht beeinträchtigt werden. | |
Hans-Ulrich Klose über Berlins Libyen-Politik: "Deutschlands Ruf ist beschädi… | |
Die deutsche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat zu Libyen war das falsche | |
Signal, sagt der SPD-Politiker Hans-Ulrich Klose. Ein Sitz im | |
Sicherheitsrat sei nun unrealistisch. | |
UN-Intervention in Libyen: Operation "Unified Protector" läuft | |
97 Einsätze will die internationale Militärallianz gegen Gaddafi geflogen | |
haben. Doch der Potentat will kämpfen, so lange es dauert. Umkämpft ist vor | |
allem die Stadt Misurata. |