# taz.de -- Arabische Revolution überfordert Italien: Flüchtlingsdrama auf La… | |
> Allein am Wochenende treffen knapp 2.000 weitere Menschen auf Lampedusa | |
> ein - ein Teil davon auf Schiffen aus Libyen. Italien droht, die | |
> Betroffenen zwangsweise zurück zu schaffen. | |
Bild: Rettungshafen Europa? Flüchtlinge aus Nordafrika erreichen die Insel Lam… | |
ROM taz | In Lampedusa wird die Situation der kontinuierlich aus Nordafrika | |
eintreffenden Flüchtlinge von Tag zu Tag dramatischer. Sowohl die Tunesier | |
als auch die Inselbewohner protestierten wiederholt gegen die unhaltbaren | |
Zustände, unter denen sie mittlerweile leben müssen. | |
Vom vergangenen Samstag bis zum Montag Mittag trafen knapp 2.000 Menschen | |
ein. Vier Schiffe stammten diesmal aus Libyen. Während die tunesischen | |
Boote mit fast durchweg jungen Männern an Bord Lampedusa anliefen, wurden | |
die vier Schiffe aus Libyen zur Schwesterinsel Linosa geleitet; ihre etwa | |
600 Passagiere waren zu einem guten Teil auch Frauen und Kinder aus | |
Somalia, Eritrea und Äthiopien. | |
Italiens Regierung beschwört zwar seit Januar den aus Nordafrika | |
bevorstehenden "biblischen Exodus", verhält sich aber verdächtig passiv, | |
wenn es um humanitäre Antworten auf das Flüchtlingsdrama geht. Während | |
Tunesien an seiner Grenze zu Libyen binnen kürzester Zeit Zeltstädte für | |
die Flüchtlinge errichtete, zeigt sich Italien zu derartigen Anstrengungen | |
"unfähig". Die Folge: Tausende Flüchtlinge müssen tagelang auf Lampedusa | |
ausharren, ehe sie nach Sizilien oder aufs italienische Festland gebracht | |
werden. | |
Am Sonntag wurden auf Lampedusa etwa 5.700 Flüchtlinge gezählt - während | |
das Eiland nur 4.500 Einheimische hat. Etwa 1.500 haben im auf 850 Personen | |
ausgelegten Aufnahmelager Zuflucht gefunden, doch hunderte müssen im Freien | |
campieren. Etwa 2.500 Tunesier verbrachten ihre Nächte auf dem "Hügel der | |
Schande", wie die Lampedusaner die Anhöhe direkt über dem Hafen getauft | |
haben: Sie haben oft nur aus Plastikplanen errichtete "Zelte" und müssen | |
ihre Notdurft im Freien verrichten. Siziliens Gouverneur Raffaele Lombardo | |
sprach den Verdacht aus, diese Zustände seinen gewollt. | |
In der Tat vertritt Italiens Regierung den Standpunkt, die Flüchtlinge | |
gehörten sofort nach Tunesien zurückgeschafft. Am Freitag waren Roms | |
Innenminister Roberto Maroni und Außenminister Franco Frattini nach Tunis | |
gereist, ohne einen Durchbruch zu erzielen. Auch nützt das Drama auf | |
Lampedusa den regierenden Rechtsparteien, vorneweg der Lega Nord, um mit | |
Blick auf die Kommunalwahlen im Mai die "Invasions"-Ängste in der | |
Wählerschaft zu schüren. Zudem vertritt Italien den Standpunkt, die EU | |
müsse sich um die Flüchtlinge kümmern. Seit Jahresbeginn trafen über 18.000 | |
Menschen auf Lampedusa ein - ein Rekord, aber keine Ziffer, die Italien | |
überfordern sollte. | |
Doch der Abtransport der Tunesier läuft schleppend, ebenso die Schaffung | |
von Aufnahmelagern. Stattdessen stellt Minister Maroni eine andere "Lösung" | |
in Aussicht: die zwangsweise Rückschaffung der Flüchtlinge in ihre Heimat. | |
28 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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