# taz.de -- Flüchtlinge aus Nordafrika: Italien verteilt Visa | |
> Tausende tunesische Flüchtlinge in Italien erhalten befristete Visa, mit | |
> denen sie in alle Länder des Schengen-Raums reisen könnten. Frankreich | |
> fürchtet eine "Welle von Einwanderern" und ist empört. | |
Bild: Tunesische Flüchtlinge auf Lampedusa warten auf ihre Weiterreise zum ita… | |
ROM afp | Italien gewährt tausenden tunesischen Flüchtlingen befristete | |
Visa, mit denen sie in alle Länder des Schengen-Raums reisen könnten. Es | |
handle sich um befristete Aufenthaltsgenehmigungen zu "humanitären" | |
Zwecken, sagte Innenminister Roberto Maroni am Donnerstag in Rom. Die | |
französische Regierung kritisierte das Vorgehen des Nachbarlands scharf. | |
"Die meisten der Einwanderer wollen zu Freunden und Verwandten in | |
Frankreich oder anderen europäischen Ländern", sagte Maroni bei der | |
Vorstellung eines Abkommens mit Tunesien über das Flüchtlingsproblem vor | |
dem Parlament in Rom. Die Genehmigung gelte jedoch nur für Flüchtlinge, die | |
vor Dienstag italienischen Boden erreicht hätten. Ministerpräsident Silvio | |
Berlusconi unterzeichnete noch am Donnerstag ein entsprechendes Dekret. | |
Seit dem Sturz des tunesischen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali Mitte | |
Januar kamen laut Maroni bereits mehr als 25.000 nordafrikanische | |
Flüchtlinge nach Italien, die meisten von ihnen Tunesier. Tausende | |
Flüchtlinge wurden von der Mittelmeerinsel Lampedusa auf das italienische | |
Festland gebracht. Rom hatte wiederholt erklärt, sich von den anderen | |
europäischen Staaten in der Flüchtlingsfrage alleingelassen zu fühlen. Rom | |
und Tunis erzielten am Dienstag ein Abkommen, das die künftige Rückführung | |
tunesischer Flüchtlinge in ihr Heimatland regelt. | |
## Frankreich schickt die Flüchtlinge zurück nach Italien | |
Frankreich werde keine "Welle tunesischer Einwanderer" aus Italien dulden, | |
sagte der französische Innenminister Claude Guéant. Die von Italien | |
ausgestellten Aufenthaltsgenehmigungen alleine seien zudem nicht | |
ausreichend für eine Einreise nach Frankreich – zusätzlich würden auch | |
Ausweispapiere und ausreichende finanzielle Mittel benötigt. | |
"Wenn diese Bedingungen nicht alle gegeben sind, hat Frankreich das Recht, | |
sie (die Flüchtlinge) nach Italien zurückzubringen", sagte Guéant. "Und das | |
werden wir auch tun." Seinen Angaben zufolge wurden allein im März in | |
Frankreich 2.800 tunesische Flüchtlinge ohne Papiere aufgegriffen. Die | |
meisten seien nach Italien zurückgebracht worden. | |
Dagegen warnte Maroni, die Reisefreiheit im Schengen-Raum sei durch Regeln | |
garantiert. Diese müssten respektiert werden. Maroni und Guéant sollten | |
sich am Freitag in Mailand treffen. Ende April ist zudem ein Treffen von | |
Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und Berlusconi geplant. | |
In der Nacht zu Mittwoch war ein Flüchtlingsboot vor der Mittelmeerinsel | |
Lampedusa gekentert. Laut Innenminister Maroni wurden am Donnerstag noch | |
immer 150 Menschen vermisst, 53 Flüchtlinge konnten gerettet werden. Die | |
Hoffnung, die Vermissten noch lebend zu finden, sinke "von Stunde zu | |
Stunde", sagte Maroni. Der Rettungseinsatz dauerte an. | |
8 Apr 2011 | |
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