# taz.de -- EU-Innenminister zum Flüchtlingsproblem: Italien soll sich selbst … | |
> Flüchtlinge auf Malta werden von Staaten der Gemeinschaft übernommen. | |
> Italien muss mit Migranten aus Tunesien selbst fertig werden, sagen die | |
> EU-Innenmister. | |
Bild: Flüchtlinge aus Libyen nach ihrer Ankunft in Malta. | |
LUXEMBURG dapd | Italien muss mit den Wirtschaftsflüchtlingen aus Tunesien | |
selbst fertig werden. Rund 1.000 auf Malta gestrandete Vertriebene werden | |
dagegen von Deutschland und anderen EU-Staaten aufgenommen. Die | |
EU-Innenminister stellten am Montag auf ihrem Treffen in Luxemburg die | |
entsprechenden Weichen. | |
Der römische Ressortchef Roberto Maroni blitzte im Kreis seiner Kollegen | |
mit der Forderung ab, dass auch die nach seinen Worten bis zu 30.000 auf | |
Lampedusa gelandeten Tunesier aufgeteilt werden. "Wir können nicht | |
akzeptieren, dass über Italien viele Wirtschaftsflüchtlinge nach Europa | |
kommen", sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Für großen | |
Ärger sorgte die Entscheidung Roms, Flüchtlinge mit befristeten | |
Aufenthaltserlaubnissen auszustatten und so die Ausreise nach Frankreich, | |
Österreich oder Deutschland zu ermöglichen. Das werde den Schengenraum "zum | |
Kollaps bringen", sagte die österreichische Innenministerin Maria Fekter | |
laut Delegationsangaben. | |
Mit den Schengen-Verträgen wurden 1995 Kontrollen an den Binnengrenzen | |
abgeschafft. Als Reaktion auf den italienischen Beschluss kontrolliert | |
Frankreich aber bereits wieder. Auch Deutschland will seine Grenzen für | |
Flüchtlinge aus Italien abschotten. "Wir werden situationsangepasst jetzt | |
unsere Kontrollen verstärken", sagte Friedrich. | |
Nach einem am 5. April geschlossenen Abkommen zwischen Italien und Tunesien | |
hofft man in der EU nun, die Krise werde sich allmählich entschärfen. Ab | |
sofort sollen 60 Flüchtlinge pro Tag nach Tunis zurückgeführt werden. Das | |
ist ein Fortschritt, bislang waren es nur bis zu vier Personen täglich. | |
EU-Kommissionschef José Manuel Barroso reist am Dienstag nach Tunis und | |
will erreichen, dass das Kontingent noch einmal erhöht wird. | |
Überdies sollen die Grenzen wieder stärker kontrolliert werden. Die Mission | |
"Hermes" der EU-Grenzschutzagentur Frontex könnte dafür noch ausgeweitet | |
werden. Daran beteiligen sich derzeit zehn EU-Staaten, darunter | |
Deutschland. Allerdings kommen die fünf Schiffe, die vor den Küsten | |
patrouillieren, aus Italien. Rom verlangt ein neues Patrouillensystem unter | |
Beteiligung der gesamten EU, hieß es aus Delegationskreisen. | |
Mehr Solidarität als Italien erfährt der kleine Inselstaat Malta: Dort sind | |
rund 1.000 Flüchtlinge aus Nordafrika gestrandet. Dabei handelt es sich auf | |
Malta dem Vernehmen nach überwiegend um Vertriebene, die sich vor der | |
Gewalt in Libyen in Sicherheit bringen wollen. | |
Deutschland will 100 von ihnen übernehmen, vor allem Flüchtlinge aus | |
Eritrea, verlautete aus Delegationskreisen. Es müsse noch geklärt werden, | |
ob die Asylverfahren von deutschen oder maltesischen Behörden durchgeführt | |
würden. Die ersten Flüchtlinge könnten dann in den kommenden Wochen in die | |
Bundesrepublik einreisen, hieß es. | |
Auch Belgien, Ungarn und Tschechien wollen Flüchtlinge aus Malta aufnehmen. | |
11 Apr 2011 | |
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