Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Artenschutz versus Windenergie: Seetaucher bremsen Offshore-Parks
> Schwierige Energiewende: Seit einem Jahr wurden keine neuen Windparks auf
> deutschen Meeren genehmigt. Sie müssen verschärfte Naturschutz-Ansprüche
> erfüllen.
Bild: Riesenvogelscheuchen: Offshore-Windpark Baltic One, nördlich von Zingst …
Die Genehmigungsverfahren für weitere Windparks im deutschen Teil der Nord-
und Ostsee stocken. "Seit dem 31. März 2010 haben wir keine Genehmigung
mehr erteilt", sagt Christian Dahlke vom Bundesamt für Seeschifffahrt und
Hydrographie (BSH).
Grund ist die vor einem Jahr in Kraft getretene Novelle des
Bundesnaturschutzgesetzes. Sie weitet den Artenschutz auf die sogenannte
Ausschließliche Wirtschaftszone aus, die 200 Seemeilen weit ins Meer
hineinreicht. Das Bundesamt für Naturschutz (BFN) muss deshalb alle
laufenden Verfahren noch einmal auf ihre Umweltverträglichkeit prüfen.
Dabei zeichnet sich beispielsweise bei der Erweiterung des Windparks
"Sandbank 24" vor Sylt eine Ablehnung ab.
Offshorewindparks, also Anlagen auf offener See, gehören zur
Klimaschutzstrategie der Bundesregierung und spielen auch beim Atomausstieg
eine wichtige Rolle. Ihr Bau ist bislang wegen der schwierigen Bedingungen
jenseits des Wattenmeeres, der aufwändigen Technik, der Kabelanbindung ans
Stromnetz und Finanzierungsproblemen weniger vorangekommen als erwartet.
So sind nach einer Übersicht des BFN mittlerweile 26 Windparks mit einer
Leistung von 9.250 Megawatt (MW) genehmigt, aber nur 60 MW am Netz. Für
weitere 69 Windparks mit fast 26.000 MW Leistung laufen Verfahren.
An sich liegt der planerische Rahmen für die Windparks vor. Ende 2009
erließ das Bundesverkehrsministerium zwei Verordnungen zur Raumordnung in
der AWZ der Nord- und der Ostsee. Sie sollten die wirtschaftlichen,
wissenschaftlichen und ökologischen Interessen unter einen Hut bringen und
zugleich einen sicheren und leichten Schiffsverkehr gewährleisten. Nach dem
neuen Naturschutzgesetz nun sieht das BFN die ökologischen Interessen nicht
mehr gewahrt.
## Planungssicherheit
"Wir brauchen eine vernünftige konzeptionelle Grundlage, welche die
verschiedenen Nutzungsanforderungen miteinander vereinbart", sagt
BFN-Präsidentin Beate Jessel. Bekannte Vogelflugrouten oder -rastgebiete
seien zwar in die Raumordnung eingebracht worden, aber nicht so verbindlich
wie andere Ansprüche.
Das BFN verwahrt sich gegen den Vorwurf, den Bau von Windparks zu
blockieren. Dem Amt bleibe gar nichts anderes übrig, als die neuen
gesetzlichen Vorgaben umzusetzen, sagt Jessels Sprecher Franz August Emde.
Aus Sicht der Naturschützer sind vor allem der enorme Krach beim Rammen der
Fundamente und der Vogelscheucheneffekt der Anlagen problematisch.
Eine Erweiterung des Windparks Sandbank 24 drohe die raren und
empfindlichen Seetaucher aus ihrem wichtigstem Sammelgebiet für die
Winterrast zu vertreiben. Das Bundesamt für Seeschifffahrt sei darüber
informiert. Dessen Justiziar Dahlke reicht das Argument nicht: "Wir haben
vor längerer Zeit nach einem naturschutzfachlichen Beitrag gefragt, aber
bisher keinen erhalten." Um weitere Windparks genehmigen zu können, brauche
sein Amt aber die Beurteilung des BFN.
Dort verweist Emde darauf, dass noch sehr viele Windparks zu prüfen seien.
Für einige müssten noch vor Ort Vögel und Schweinswale gezählt werden. "Wir
hoffen, dass die Unternehmen von einer sorgfältigen Planung profitieren",
sagt Emde.
Mehr Planungssicherheit verlangt auch der Bundesverband Windenergie als
Vertreter der Unternehmen. Zwar sei Windenergie an Land zurzeit noch am
billigsten und habe das größte Potenzial. Dennoch müsse auch die
Offshore-Energie zügig ausgebaut werden. "Dazu gehört, dass das Bundesamt
für Naturschutz nicht blockiert, sondern anstehende Genehmigungsverfahren
schnell vorantreibt", sagt Präsident Hermann Albers.
30 Mar 2011
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Schwerpunkt Atomkraft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schleppnetze im Schutzgebiet: Fischer behindern Artenschutz
In den deutschen Naturschutzgebieten auf See darf gefischt werden wie
überall sonst. Regeln für eine nachhaltige Fischerei seien nötig,
kritisiert der WWF.
Energie-Pakt der fünf Küstenländer: Der Norden gegen Atomkraft
Die fünf norddeutschen Küstenländer wollen von Akws zu den Erneuerbaren
wechseln. Auf einer Konferenz am Donnerstag soll der "Zukunftsenergiepakt"
besiegelt werden.
Windparks als Fisch-Gehege: Massentierhaltung im Meeres-Windpark
Forschungsinstitut in Bremerhaven untersucht, wie Aquakulturen die
Nachfrage nach Meeresfrüchten bedienen könnten, ohne der Umwelt zu schaden.
Naturschützer sind skeptisch.
Streit um einen Windpark: Naturschützer kontra Klimaschützer
Windräder für die Energiewende bauen oder sie lieber verhindern und den
Wald retten? Im brandenburgischen Kallinchen ringen Ökos mit Ökos.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.