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# taz.de -- Windparks als Fisch-Gehege: Massentierhaltung im Meeres-Windpark
> Forschungsinstitut in Bremerhaven untersucht, wie Aquakulturen die
> Nachfrage nach Meeresfrüchten bedienen könnten, ohne der Umwelt zu
> schaden. Naturschützer sind skeptisch.
Bild: Raus aus dem Bassin, rein ins Meer: Forscher prüfen, ob man Fische auch …
HAMBURG taz | Windparks auf See könnten einmal zu riesigen Fisch-Gehegen
werden. Ob diese Idee etwas taugt, prüft seit Mittwoch das neue Zentrum für
Aquakulturforschung (ZAF) in Bremerhaven. Die Forscher wollen herausfinden,
wie sich Aquakulturen effizient und umweltverträglich betreiben lassen.
Dazu experimentieren sie mit der Fischzucht im Meer unter Laborbedingungen.
Naturschützer räumen ein, dass Aquakulturen eine immer größere Rolle
spielen, warnen aber vor den Gefahren, die von der Massentierhaltung auf
See ausgehen können.
Der Appetit auf Fisch hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. 90
Millionen Tonnen werden nach Schätzung der Welternährungsorganisation (FAO)
jährlich verspeist, davon 1,3 Millionen in Deutschland. Diese Nachfrage ist
mit Wildfängen schwer zu decken.
Bereits die Hälfte des Speisefischs stammt daher aus Aquakulturen, also
Fischfarmen. Kein Zweig der tierischen Nahrungsproduktion wächst so
schnell. "Aquakulturen haben eine rasant wachsende Bedeutung für die
Versorgung der Weltbevölkerung mit Fisch", sagt ZAF-Leiter Adrian
Bischoff-Lang.
Allerdings kann diese Art der Tierhaltung selbst in der scheinbar endlosen
Weite des Meeres zu Problemen führen. In rücksichtslos geführten Anlagen
vergiftet und überdüngt der Kot der vielen Tiere das Wasser.
Auf engsten Raum gepfercht, werden sie mit großen Mengen von Medikamenten
gesund gehalten, die zum Teil im Wasser landen und Resistenzen befördern.
Mit diesen und ähnlichen Problemen wird sich das ZAF auseinandersetzen. Das
neue Zentrum ist Teil des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und
Meeresforschung (AWI) sowie des Instituts für marine Ressourcen Imare an
der Hochschule Bremerhaven.
Die Forscher haben drei großen Kreislaufanlagen gebaut, in denen selbst
gesalzenes "Meerwasser" zirkuliert. "Damit können wir die natürlichen
Verhältnisse im offenen Meer simulieren", erläutert Bischoff-Lang.
Er und seine KollegInnen können unter kontrollierten Bedingungen
untersuchen, wie der Umwelteinfluss solcher Anlagen zu minimieren wären,
wie Zuchtfische möglichst ohne Einsatz von Medikamenten vor Krankheiten
geschützt und wie sie am besten gefüttert werden können.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium fördert derlei Innovationen, um die
"Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Aquakulturproduktion" zu verbessern.
Besonders interessiert zeigt sich das Ministerium in seiner
Förderrichtlinie unter anderem an neuen Tierarten, die gezüchtet werden
könnten, daran, Fischmehl im Futter durch pflanzliches Eiweiß zu ersetzen
sowie an der "Erschließung neuer Standorte durch technische Lösungen und
Konzepte betriebswirtschaftlicher Kooperationen".
Ein möglicher Standort sind Offshore-Windparks. Zwischen den Anlagen ließen
sich Netze spannen, um die Fische beieinander zu halten. Die Infrastruktur,
die nötig ist, um die Windkraftanlagen zu warten, könnte auch genutzt
werden, um die Fische zu versorgen.
Henning von Nordheim vom Bundesamt für Naturschutz sieht das allerdings
kritisch. "Das würde den Industriepark-Charakter von Windkraftanlagen noch
verfestigen", sagt er. "Wenn eine Nutzung nach der anderen hinzugefügt
wird, kann es eng werden", findet auch Heike Vesper von der Umweltstiftung
WWF.
Wie Nordheim warnt Vesper davor, in den Fischfarmen Arten zu züchten, die
nicht heimisch sind. Die ZAF-Wissenschaftler wollen mit der Japanischen
Flunder experimentieren. Die Art gehört in Asien zu den gefragtesten
Zuchtfischen. "Mit ihrem Fleisch und dem Geschmack zwischen Heilbutt und
Steinbutt ist sie auch für den europäischen Markt hoch interessant", sagt
Bischoff-Lang.
Vesper befürchtet, dass die Fische ausbrechen und das Ökosystem aus dem
Gleichgewicht bringen könnten. "Eingeschleppte Arten können sich mit einer
hohen Dynamik entwickeln", gibt sie zu bedenken. Dazu komme, dass durch den
Besatz Krankheiten eingeschleppt werden könnten.
Vesper räumt ein: "An Aquakulturen kommt man nicht mehr vorbei." Anlagen im
offenen Meer sind für sie aber nicht der richtige Weg. "Der Trend geht zu
Rezirkulationsanlagen", findet sie. Das wäre das, was das ZAF im Labor hat
- nur in groß.
2 Mar 2011
## AUTOREN
Gernot Knödler
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