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# taz.de -- Hartz IV-Bildungspaket für arme Kinder: "Eine absolute Zumutung"
> Viele Kommunen, die das Bildungspaket umsetzen müssen, sehen große
> Probleme. Experten wollen stattdessen eine Grundsicherung für alle Kinder
> durchsetzen.
Bild: Bildung mit Hartz IV-Geld: Experten fordern 502 Euro für jedes Kind.
BERLIN taz | "Für Kommunen ist das Bildungs- und Teilhabepaket eine
absolute Zumutung." Dieses Urteil fällte der Sozialpsychologe Siegfried
Haller am Montag auf einer Tagung des Bündnisses Kindergrundsicherung. Dort
wurden die Folgen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu den
Hartz-IV-Sätzen für Kinder sowie die Nachbesserungen der Bundesregierung
dazu debattiert. Haller ist Leiter des Jugendamts in Leipzig. Er muss das
Bildungspaket umsetzen.
Die Maßnahme, die 2,5 Millionen armen Kinder "mehr Zukunftschancen" - wie
es Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) formuliert - bietet, ist
laut Haller "so löchrig, dass es noch mehr Klagen als bisher geben wird".
An vielen Stellen sei es zu unkonkret. In Leipzig leben etwa 30.000 arme
Kinder und Jugendliche. "Wir brauchen rund 30 Stellen, um das neue Gesetz
zu administrieren", sagte Haller. Vor Juni werde sein Jugendamt "auf keinen
Fall leistungsfähig sein".
Das Gesetz zum Bildungs- und Teilhabepaket ist Ende März im
Bundesgesetzblatt verkündet worden. Von diesem Zeitpunkt an können Kinder
und Jugendliche aus armen Familien beispielsweise Nachhilfe beantragen,
Musikschulen und Sportvereine besuchen, sie bekommen ein warmes Mittagessen
in der Schule oder im Hort teilweise bezahlt.
Derzeit erhalten bedürftige Kinder und Jugendliche monatlich zwischen 215
und 287 Euro. Der tatsächliche Bedarf sei aber höher, sagte Irene Becker,
Volkswirtin am Institut für Empirische Verteilungsforschung Riedstadt. Sie
stellte zwei Alternativen vor, um Kinderarmut zu bekämpfen: eine
Kindergrundsicherung für jedes Kind in Höhe von monatlich 502 Euro sowie
eine Erhöhung des Kinderzuschlags auf 200 bis 272 Euro, mit dem
geringverdienende Eltern besser gestellt würden.
Von beiden Varianten profitierten prekäre und mittlere Schichten, sagte
Becker. Die Kindergrundsicherung würde rund 30 Milliarden Euro kosten,
dafür entfielen Sozialmaßnahmen wie Kinderfreibetrag und Kindergeld. Die
Kinderzuschlagsreform koste etwa vier Milliarden Euro.
5 Apr 2011
## AUTOREN
Simone Schmollack
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