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# taz.de -- Führungsumbau in der FDP: Rösler macht's allein
> Philipp Rösler wird FDP-Vorsitzender, bleibt aber Gesundheitsminister.
> Ein kompletter Umbau der Parteiführung bleibt aus - vorerst.
Bild: Künftig umringt von einer nicht so neuen Parteigarde: Der künftige FDP-…
BERLIN taz | Am Schluss wurde lange applaudiert. So zermürbend war der
Kampf um die FDP-Führung gewesen, dass Philipp Röslers Ankündigung, er
kandidiere für den Parteivorsitz, Präsidium und Landesvorsitzende zu
erleichtertem Klatschen bewegte. Dabei wäre alles andere eine große
Überraschung gewesen, ja ein Desaster.
Am Dienstag erklärte Rösler in Sitzungen der Führungsgremien von Partei und
Bundestagsfraktion seinen Willen, auf dem Parteitag Mitte Mai die Ära
Westerwelle offiziell zu beenden. Zwei Tage nach Guido Westerwelles
erzwungener Rücktrittsankündigung hat die Partei nun endlich einen
möglichen Nachfolger.
Doch der Machtkampf in der Partei ist damit nicht dauerhaft entschieden.
Über Tage war kolportiert worden, Rösler strebe einen Wechsel vom
Gesundheits- ins Wirtschaftsressort an. Im klassischen FDP-Ministerium
falle es ihm leichter, populär zu werden, als in seinem bisherigen Job im
Dickicht aus Krankenkassen, Pharmafirmen und Patienteninitiativen. Doch
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle hat seinen Sturz vereitelt. Er bleibt,
das wurde am Dienstag klar, in seinem Lieblingsamt.
Der Rheinland-Pfälzer gilt als politisch angeschlagen, weil sein
FDP-Verband bei der Landtagswahl vor zehn Tagen die Fünfprozenthürde riss.
Zudem soll er bei einer Veranstaltung des Bundesverbands der Deutschen
Industrie (BDI) angedeutet haben, der Schwenk der Bundesregierung beim
Thema Atomkraft sei wahltaktisch motiviert gewesen.
Noch bis kurz vor Röslers Kandidatur hatten FDP-Politiker wie
Schleswig-Holsteins Vizeministerpräsident Heiner Garg Brüderle öffentlich
aufgefordert, zugunsten Röslers das Feld zu räumen. "Rainer Brüderle stand
mit seinen ungeschickten Äußerungen auch schon bei den Landtagswahlen in
Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg im Weg", sagte Garg der Financial
Times Deutschland.
## Nicht ganz so neue Garde
Mit Brüderles Verharren im Ministeramt bleibt der angepeilte Umbau der
FDP-Führung auf halber Strecke stecken. Denn nicht nur Rösler und Brüderle
behalten ihre Ressortposten. Auch Westerwelle bleibt an prominenter Stelle
im Bundeskabinett. Auf der gemeinsamen Sitzung von Bundestagsfraktion und
Parteivorstand in Berlin erklärte der scheidende Parteichef nach
Teilnehmerangaben: "Ich habe vor, meine Arbeit als Außenminister
fortzusetzen." Dies sei mit großem Applaus aufgenommen worden.
Tatsächlich hätte die Partei auch niemanden, der dem 49-Jährigen im
Auswärtigen Amt sofort nachfolgen könnte. In Richtung der nicht ganz so
neuen Parteigarde erklärte Westerwelle: "Ich bin zuversichtlich, dass
diejenigen, die sich anschicken, die Führung zu übernehmen, das packen
werden."
Nach den Gremiensitzungen erklärte Rösler, seine Kandidatur könne "nur der
erste Schritt sein für eine personelle und inhaltliche Erneuerung" an der
Parteispitze. Dem Bundesparteitag in Rostock wolle er eine "gute Mischung"
vorschlagen aus "jungen und erfahrenen Politikern".
Rösler übernimmt vom scheidenden Parteichef auch den Titel "Vizekanzler".
Dieser besagt im Kern zwar nicht mehr, als dass sein Träger in Abwesenheit
der Kanzlerin die Kabinettssitzungen leitet. Doch soll dieser eher
symbolische Akt die Machtverschiebung in der FDP verdeutlichen. Von wenigen
Ausnahmen abgesehen war in der bundesdeutschen Geschichte der Außenminister
Stellvertreter des Bundeskanzlers.
Ansonsten fällt der Umbau der Führungsspitze geringer aus als erwartet.
Generalsekretär Christian Lindner, ein Vertrauter Röslers, bleibt in seinem
Job. Viele in der Partei hatten ihm zugetraut, dass er selbst als
Parteivorsitzender kandidiert. Über Tage war auch spekuliert worden, ob der
32-Jährige den Vorsitz der Bundestagsfraktion übernimmt.
## Führungsschwache Homburger bleibt
Stattdessen bleibt Fraktionschefin Birgit Homburger auf diesem Posten. Die
45-Jährige gilt seit längerem als führungsschwach. Seit der Wahlschlappe
des baden-württembergischen Landesverbands, den sie leitet, wurden die Rufe
nach ihrem Abtritt lauter. Ihren Posten als Landesvorsitzende hat Homburger
bereits zur Verfügung gestellt.
Die Union dringt darauf, dass sich der nächste FDP-Chef nicht auf Kosten
der Koalitionspartner profiliert. "Die Koalition muss eine
Erfolgsgemeinschaft sein", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der
Unions-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier (CDU), am Dienstag in Berlin. Er
hoffe, dass sich die FDP rasch stabilisiere. Dies sei für die gesamte
Koalition wichtig. "Je gefestigter die FDP insgesamt ist, desto mehr Kraft
wird sie haben für die notwendigen Kompromisse in der Koalition."
Aus der CSU, die sich im vergangenen Jahr heftige Auseinandersetzungen mit
der FDP geliefert hatte, kam ein vergiftetes Waffenstillstandsangebot. Ein
Parteichef, der die Liberalen mit Umfragewertungen um die fünf Prozent
übernehme, "habe es schwer genug", sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda
Hasselfeldt am Dienstag. "Ich glaube nicht, dass er sich in erster Linie
darauf konzentriert, einer Koalition und den anderen Parteien
Schwierigkeiten zu machen. Und wir werden das auch nicht tun", sagte
Hasselfeldt.
5 Apr 2011
## AUTOREN
Matthias Lohre
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