# taz.de -- Kommentar Philipp Rösler: Westerwelle light | |
> Die Kür eines Nachfolgers für den vielgeschmähten Westerwelle beendet die | |
> Agonie der Partei nicht. Viel ändern wird Rösler kaum - der Niedergang | |
> der FDP wird weitergehen. | |
Philipp Rösler soll es richten: In diesem kurzen Satz steckt bereits das | |
gesamte Dilemma der FDP. Die programmatisch und personell erschöpfte Partei | |
schafft es mit letzter Kraft, sich einen neuen Vorsitzenden zu geben. Ein | |
sehr junger Politiker, der nicht recht will, soll einen noch nicht alten | |
Politiker ersetzen, der seinen Platz nicht räumen wollte. | |
Bei ihrem steilen Abstieg ist der FDP die Frage abhanden gekommen, wohin | |
ein neuer Chef sie überhaupt führen soll. Die Kür eines Nachfolgers für den | |
vielgeschmähten Guido Westerwelle beendet die Agonie der Partei nicht. Ihr | |
Niedergang wird hinter einer freundlicheren Fassade weitergehen. | |
Es ist bezeichnend, dass die Politiker der FDP derzeit nicht einmal den | |
Anschein zu erwecken versuchen, in der Führungsdebatte gehe es um Inhalte. | |
Stattdessen beschwören sie einen "Generationswechsel". Als sei das Alter | |
der Weggedrängten das Problem: Westerwelle ist 49 Jahre alt, die bisherige | |
Fraktionschefin Birgit Homburger 45. | |
Tatsächlich krankt die FDP an ihrer selbst verschuldeten Unmündigkeit. | |
Wirbelwind Westerwelle schlug seit seinem Amtsantritt als Generalsekretär | |
1994 die Trommel und die Partei folgte ihm - umso bereitwilliger, je mehr | |
Wahlerfolge ihm recht zu geben schienen. Dabei blieb auf der Strecke, was | |
eine wirklich liberale Partei ausmachen muss: streiten für Individualität | |
und Meinungsvielfalt. Im Gefolge des großen Vorsitzenden, nicht als seine | |
Antipoden, ist die künftige Parteiführung an die Macht gelangt. Deshalb | |
bedeutet Röslers Kür nicht das Ende der unter Westerwelle begonnenen | |
Irrfahrt der FDP. Sie steht für deren Fortsetzung. | |
Das Trio der Mittdreißiger Rösler, Christian Lindner und Daniel Bahr hat | |
auch deshalb mit dem Griff zur Macht gezögert, weil sie selbst noch nicht | |
wissen, was sie damit wollen. Ausgerechnet Rösler soll seiner | |
Regierungspartei in voller Fahrt eine Kursänderung verordnen. Viel ändern | |
wird der neue, noch unsichere FDP-Kapitän nicht. Seine Umbauten am | |
Gesundheitssystem deuten an, dass er am Privatisieren von Risiken | |
festhalten will. Rösler ist Westerwelle light. | |
Hinter dem neuen Parteichef steht weiterhin der alte auf der Brücke - als | |
Strippenzieher und medienpräsenter Außenminister. Die Entscheidung für den | |
blassen Herrn Rösler löst nicht die Probleme der FDP. Sie fügt ihnen | |
womöglich ein weiteres hinzu. | |
5 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Matthias Lohre | |
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