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# taz.de -- Kommentar Linkspartei: In Schockstarre
> Die Linkspartei hat ihr Thema verloren. Und ein Führungsproblem. Doch
> außer "Weiter so" fällt ihr nichts ein – daran würde auch eine Rückkehr
> Lafontaines nichts ändern.
Es ist erstaunlich, wie parallel Aufstieg und Fall von FDP und Linkspartei
verlaufen. Im Parteienspektrum markieren beide die Extreme in Bezug auf
Sozialstaat und Verteilungsgerechtigkeit. Die Westerwelle-Liberalen
reüssierten mit einer Art Sozialpopulismus von oben, die Linkspartei
mobilisierte im Westen das abgehängte untere Fünftel der Gesellschaft und
enttäuschte Sozialdemokraten.
Jetzt scheint dieser Kampf, der den inneren Spannungsbogen der deutschen
Politik bildete, zu erlahmen. Beiden, FDP und Linkspartei, scheinen ihre
Themen abhandenzukommen. Die Liberalen reagieren, stürzen Westerwelle und
machen hektische programmatische Suchbewegungen. Das wirkt zwar
unausgegoren, aber lebendig. Die Linkspartei hingegen verfällt in
Schockstarre. Außer gusseisernem "Weiter so" fällt der Partei nichts ein.
Die Linkspartei hat ein Führungsproblem. Klaus Ernst und Gesine Lötzsch
wirken wie Chefs auf Abruf. Doch niemand traut sich, sie zu stürzen – aus
Furcht vor einem folgenden innerparteilichen Grabenkrieg. Gysis
Ankündigung, dass Lafontaine im Notfall zurückkehren würde, beschleunigt
diesen Machtverfall. Ob Lafontaine überhaupt zurück will, weiß wohl
niemand, auch er selbst nicht. Der Job, den Sinkflug der Partei zu stoppen,
verspricht auch wenig Glanz. Was 2005 ein Aufbruch war, wäre 2011 ein
mühsames Geschäft.
Für das Grundproblem der Linkspartei hat Lafontaine zudem kein, oder nur
das falsche Rezept. Die Zeit, als strikte Abgrenzung von Rot-Grün
erfolgreich war, ist vorbei. Diese Pose kann Lafontaine effektiv
inszenieren – doch sie wirkt wie von gestern.
Die SPD regiert im Bund nicht mehr, und wo sie regiert, wie in NRW, macht
sie keine Schröder-Politik mehr. Die Grünen zu belehren, wie man aus der
Atomkraft aussteigt, ist bloß lächerlich. Was die Linkspartei braucht, ist
eine Strategie, die das Soziale und Eigene betont, ohne in
Anti-Rot-Grün-Beißkrampf zu verfallen. Die Führung, die das kann, ist nicht
in Sicht.
6 Apr 2011
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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