# taz.de -- Linkspartei nach dem Wahldebakel: Von Selbstkritik keine Spur | |
> Nach den verlorenen Wahlen vom Sonntag schiebt die Führung der | |
> Linkspartei alles auf Fukushima. Und klagt, dass nur die Grünen von dem | |
> Thema profitiert hätten. | |
Bild: Darauf ein Gläschen? Wohl kaum: Klaus Ernst und Gesine Lötzsch. | |
BERLIN taz | Die Westausdehnung der Linken ist vorerst gestoppt. In | |
Baden-Württemberg (2,8 Prozent) und Rheinland-Pfalz (3,0 Prozent) hat die | |
Partei am Sonntag den Einzug in zwei weitere westdeutsche Parlamente | |
deutlich verpasst. Während manche Parteigenossen deshalb von einem Desaster | |
sprechen, zeigt sich das Spitzenduo nahezu unbeeindruckt. | |
Die Parteichefs Klaus Ernst und Gesine Lötzsch begründeten das Ergebnis | |
allein mit dem Thema Atomkraft. Davon hätten - ungerechtfertigterweise - | |
nur die Grünen profitiert, die Linkspartei sei medial nicht wahrgenommen | |
werden. Selbstkritik der Parteiführung sei deshalb nicht angebracht. Auch | |
Parteivize Sahra Wagenknecht sprach gegenüber der taz von "Wahlen im | |
Ausnahmezustand", da das Thema Atomausstieg alles dominiert habe. Sie | |
schoss zudem gegen die Grünen, die "in ihrer Regierungszeit ebenfalls mit | |
der Atomlobby gekungelt haben". Ihre Partei jedenfalls brauche jetzt keinen | |
Kurswechsel. "Wir sind thematisch bereits breit aufgestellt", so die | |
Parteilinke. | |
Gegen diese Haltung regt sich Widerstand. "Nach so einem Ergebnis sind wir | |
alle gefragt, auch ein Stück weit Selbstkritik zu formulieren", sagte der | |
Bundestagsabgeordnete Jan Korte. Es sei ein klein wenig verkürzt, jetzt | |
alles nur auf Fukushima zu schieben. Berlins Linkspartei-Chef Klaus Lederer | |
hält eine solide Analyse und eine gewisse Nachdenklichkeit für nötig. "Da | |
ist jetzt auch die Führung gefragt", sagte er. Die Parlamentarische | |
Geschäftsführerin der Linksfraktion im Bundestag, Dagmar Enkelmann, wertete | |
die Wahlen in der Süddeutschen Zeitung als "Desaster" und sprach von einem | |
"Führungsproblem" ihrer Partei. | |
Deutlicher wird ein anderer Bundestagsabgeordneter. "Es ist Wahnsinn, wie | |
Ernst jetzt schamlos alles auf Japan schiebt", sagte er der taz. Nicht | |
einmal bei der FDP gebe es einfach ein "Weiter so". Die Linkspartei habe | |
derzeit keine Funktion, werde nur noch mit der Vergangenheit verbunden. | |
"Wir müssen mehr Themen abdecken", sagte er. | |
Eine offene Führungsdebatte allerdings will derzeit niemand anstoßen. Ende | |
Mai wird in Bremen eine neue Bürgerschaft gewählt, die Linkspartei will | |
erneut ins Parlament. Bis dahin wird das Atomthema weiter dominieren. Eins | |
kann die Partei aus dem Wahlsonntag lernen: In einer solchen Situation | |
reflexartig gegen SPD und Grüne zu schießen ist keine gute Idee. | |
29 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
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