# taz.de -- Umgang mit Flüchtlingen: Union begrenzt lernfähig | |
> Innenpolitiker der Union wollen unter keinen Umständen Flüchtlinge aus | |
> Nordafrika aufnehmen. Offen zeigen sie sich hingegen für Arbeitsmigration | |
> auf Zeit. | |
Bild: Laut CSU "Wirtschaftsflüchtlinge, die nicht politisch verfolgt werden �… | |
CDU und CSU halten weiter an ihrer Abwehrhaltung gegenüber Migration aus | |
Nordafrika fest. Bei den über 25.000 Flüchtlingen, die seit Beginn der | |
Umwälzungen in der arabischen Welt in Italien angelandet sind, handele es | |
sich ganz überwiegend um Wirtschaftsflüchtlinge, die nicht politisch | |
verfolgt würden – und die über keinerlei Qualifikationen verfügten, sagte | |
der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl am Freitag. „Wer zu uns kommt, ist in | |
der Regel nicht hochqualifiziert.“ | |
Diese Einschätzung wird von Experten jedoch nicht vollständig geteilt. Erst | |
am Dienstag hatte der Sachverständigenrat für Integration und Migration in | |
seinem Jahresgutachten dafür plädiert, „bei der Flüchtlingsaufnahme in | |
gewissem Umfang auch Interessen des Aufnahmelandes eine Rolle spielen“ zu | |
lassen. Qualifizierte Flüchtlinge könnten nicht zurückgeschickt werden, | |
„während man gleichzeitig genau diese Berufsgruppen mit geringem Erfolg als | |
qualifizierte Zuwanderer sucht“, so der Ratsvorsitzende Klaus Bade. | |
„Asylrecht ist kein allgemeines Zuwanderungsrecht und sollte als solches | |
auch nicht missbraucht werden“, hielt die CSU-Europapolitikerin Monika | |
Hohlmeier solchen Forderungen entgegen. Sie erteilte auch den aktuellen | |
Plänen der EU-Kommission für eine europaweite Angleichung der | |
Asylgesetzgebung eine Absage. | |
Ebenfalls nicht zu machen ist mit den Konservativen eine Reform des | |
Dublin-II-Abkommens, in dem die umstrittene Drittstaatenregelung festgelegt | |
ist. Eine solche Reform, bei der Flüchtlinge zum Beispiel nach einem | |
bestimmten Schlüssel über die EU-Mitgliedsstaaten verteilt würden, um | |
südliche Mitgliedsländer zu entlasten, hieße, „das verbrecherische Werk von | |
Schleppern und Schleusern amtlich-europäisch zu vollenden“, so CSU-Mann | |
Uhl. Er befürchtet eine Sogwirkung und eine „Verzehnfachung der | |
Flüchtlingszahlen in Europa in kürzester Zeit“. | |
In einem anderen Punkt zeigt sich die Union jedoch lernfähig: Die | |
Innenpolitiker erwägen mittlerweile sogenannte zirkuläre | |
Migrationsprogramme – ebenfalls ein Vorschlag des Sachverständigenrats. | |
„Wir wollen eine Diskussion über gesteuerte und kontrollierte Zuwanderung | |
auf Zeit“, sagte der CDU-Innenexperte Reinhard Grindel. Im Unterschied zum | |
klassischen Gastarbeiterkonzept der sechziger und siebziger Jahre würden | |
dabei aber auch entwicklungspolitische Ziele berücksichtigt. So soll das | |
Herkunftsland insbesondere durch Rücküberweisungen, Wissenstransfer und die | |
im Anschluss an ihren Aufenthalt bessere Bildung der Migranten profitieren. | |
Die Größenordnung solcher Programme will Grindel auf europäischer Ebene | |
festlegen. Für Deutschland könne er sich „einige tausend“ der Gastarbeiter | |
neuen Typs vorstellen. Abgewickelt werden sollten die | |
„Migrationspartnerschaften“ über völkerrechtliche Verträge mit den | |
Herkunftsländern. | |
15 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Niklas Wirminghaus | |
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