# taz.de -- Prozess gegen "Sauerlandgruppe": Zeuge stirbt in Haft | |
> Ein Mann, der für den Prozess gegen die "Sauerlandgruppe" von deutschen | |
> Ermittlern in einem Gefängnis in Taschkent vernommen wurde, stirbt unter | |
> dubiosen Umständen. | |
Bild: Der Fall löste 2009 eine Grundsatzdebatte aus, ob deutsche Strafverfolgu… | |
ALMATY taz | Sherali Asisow ist tot, gestorben in einem usbekischen | |
Gefängnis. Im September 2008 hatte die Bundesanwaltschaft Asisow zur | |
Vorbereitung des Sauerlandprozesses in der Hauptstadt Taschkent noch als | |
Zeuge vernommen. | |
Asisows Tod wurde erst jetzt bekannt, als ihn sein Vater im Gefängnis | |
besuchen wollte. Ihm wurde mitgeteilt wurde, Asisow sei dort bereits am 5. | |
November 2010 an Herzversagen gestorben sei. Beim letzten Besuch im Oktober | |
hätte der 34-Jährige laut seiner Familie einen gesunden Eindruck gemacht. | |
"Die Befragung Asisows durch die Bundesanwaltschaft in Usbekistan war schon | |
dubios, die deutschen Behörden hätten danach die moralische Pflicht gehabt | |
dessen Haftbedingungen zu prüfen", sagt Rachel Denber von Human Rights | |
Watch. In dem zentralasiatischen Land wird laut UN "systematisch" | |
gefoltert. | |
Laut Denber seit der Tod von Häftlingen dort grundsätzlich verdächtig und | |
müsse immer untersucht werden. | |
Die Bundesanwaltschaft erklärte am Freitag von Asisows Tod nichts zu | |
wissen. Bei der damaligen Befragung hätten keine Hinweise auf | |
Gewaltanwendungen vorgelegen. | |
Deshalb habe "für eine eigenständige Bitte, die Haftbedingungen zu | |
kontrollieren, kein Veranlassung" bestanden. Auch sei Asisow kein deutscher | |
Staatsbürger gewesen. | |
Der Fall löste 2009 eine Grundsatzdebatte aus, ob deutsche | |
Strafverfolgungsbehörden Erkenntnisse aus Folterstaaten verwenden dürfen. | |
Medien hatten aufgedeckt, dass Mitarbeiter von Bundeskriminalamt und | |
Bundesanwaltschaft 2008 nach Usbekistan gereist waren und Asisow dort in | |
einem Gefängnis befragten. | |
Er gab dabei an, zwei 2007 in Deutschland verhaftete Mitglieder der | |
"Sauerlandgruppe" in Ausbildungslagern der Islamischen Dschihad Union im | |
pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet erkannt zu haben. | |
Asisow war bereits 2006 in Usbekistan verhaftet worden, als er angeblich | |
einen Anschlag auf den dortigen deutschen Luftwaffenstützpunkt Termes | |
geplant haben soll. Die Bundesanwaltschaft rechtfertigte seine Vernehmung, | |
da sie keine Zeichen von Folter bei ihm festgestellt hätte. | |
Die in Usbekistan gemachten Aussagen waren später für den Sauerlandprozeß | |
nicht mehr nötig, da die Angeklagten alle geständig waren und später zu | |
langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. | |
Der Verteidiger Dirk Uden, der während des Sauerlandverfahrens Fritz G. | |
verteidigt hatte, sieht in Asisow Tod ein gefährliches Indiz dafür, dass | |
die Versicherung der Bundesanwaltschaft der Usbeke sei nicht gefoltert | |
worden, nicht zutreffen sei. | |
15 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Marcus Bensmann | |
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