# taz.de -- Bürgerkrieg in Libyen: Asylland für Gaddafi gesucht | |
> Die USA suchen ein Exil für Gaddafi. Der Diktator soll auch geächtete | |
> Streumunition einsetzen. Der Nato gehen angeblich die Präzisionsbomben | |
> aus. Die Kämpfe um Brega halten an. | |
Bild: Libysche Rebellen zwischen Adschdabiya and Brega. | |
WASHINGTON/ADSCHDABIJA dpa/rtr | Einen Monat nach der Genehmigung des | |
Militäreinsatzes internationaler Truppen in Libyen durch den | |
UN-Sicherheitsrat gehen die Kämpfe in unverminderter Härte weiter. Die | |
libyschen Rebellen trieben auch am Sonntag die Eroberung der strategisch | |
wichtigen Ölstadt Brega voran. Die Truppen des Machthabers Muammar Gaddafi | |
versuchten sich nach Angaben eines Aufständischen, im Stadtzentrum zu | |
verstecken. Die Randgebiete von Brega würden bereits von den Rebellen | |
kontrolliert. | |
Auf der Straße zwischen Adschdabija und dem weiter westlich gelegenen Brega | |
kam es auch zu heftigen Kämpfen. Gaddafis Truppen beschießen diese Strecke | |
seit mehreren Tagen. Von Adschdabija starten die Rebellen seit Wochen ihre | |
Angriffe. Die Stadt - einst bewohnt von rund 100.000 Libyern - ist längst | |
eine Geisterstadt. Wer vor den Kämpfen fliehen konnte, hat dies getan. | |
Asylland gesucht | |
Die USA suchen unterdessen nach einem Bericht der New York Times intensiv | |
nach einem Asylland für den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi - | |
ungeachtet der Weigerung des Diktators, sein Land zu verlassen. Wie die | |
Zeitung am Samstag online schrieb, werden die Sondierungen mit großer | |
Diskretion geführt und konzentrieren sich auf Afrika. Die Truppen des | |
libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi sollen weltweit geächtete | |
Streumunition gegen Zivilisten eingesetzt haben. Bereits jetzt gehen den | |
Nato-Staaten nach US-Medieninformationen die Präzisionsbomben aus. | |
Die Suche eines Exillandes werde dadurch erschwert, dass Gaddafi | |
wahrscheinlich Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den | |
Haag drohten, schreibt die New York Times weiter. Dies gelte für den | |
Anschlag auf einen PanAm-Jumbo 1988 über dem schottischen Lockerbie, bei | |
dem insgesamt 270 Menschen ums Leben kamen, und Gräueltaten in Libyen. | |
Ein Ausweg wäre, ein Aufnahmeland zu finden, das sich nicht vertraglich zur | |
Anerkennung dieses Gerichts verpflichtet hat, schrieb das Blatt unter | |
Berufung auf drei hohe US-Regierungsbeamte. Auf diese Weise könne Gaddafi | |
möglicherweise dazu bewogen werden, Libyen zu verlassen. Etwa die Hälfte | |
der afrikanische Staaten hat das sogenannte Rom-Statut, die vertragliche | |
Grundlage des Internationalen Strafgerichtshofs, nicht unterzeichnet oder | |
ratifiziert. Dies gilt auch für die USA. | |
"Wir haben einige Lektionen aus dem Irak gelernt, eine der größten ist, | |
dass die Libyer selbst für einen Regimewechsel verantwortlich sein müssen, | |
nicht wir", zitierte die New York Times einen der US-Beamten. "Was wir | |
einfach versuchen, ist, irgendeinen friedlichen Ausweg zu organisieren, | |
wenn sich die Gelegenheit bietet." | |
## Streumunition im Einsatz | |
Die Truppen Gaddafis sollen weltweit geächtete Streumunition gegen | |
Zivilisten eingesetzt haben. Die Organisation Human Rights Watch berichtete | |
am Freitag (Ortszeit) in New York, in der Nacht zum Donnerstag seien | |
mindestens drei Granaten mit Streumunition über einem Wohnviertel der Stadt | |
Misurata 210 Kilometer östlich von Tripolis explodiert. | |
Experten hätten die von einem New York Times-Reporter entdeckte Munition | |
begutachtet und als Mörsergranaten aus spanischer Produktion identifiziert. | |
Streumunition sind Bomben oder Granaten, die sich in der Luft öffnen und | |
zahlreiche kleinere Sprengsätze freigeben. Ein Sprecher des Regimes in | |
Tripolis wies die Angaben zurück. | |
US-Außenministerin Hillary Clinton verurteilte in der New York Times den | |
Einsatz von Streumunition. "Ein Grund, warum der Kampf in Misurata so | |
schwierig ist, ist, dass es auf so engem Raum bebaut ist. Alles spielt sich | |
in den Wohngebieten ab und das macht es für die Nato und für die Kämpfer | |
gegen Gaddafi so kompliziert." | |
Die Lage in der seit Wochen belagerten, drittgrößten libyschen Stadt wird | |
immer verzweifelter. Die Gaddafi-Truppen nahmen Misurata auch am Samstag | |
unter Artilleriebeschuss, Panzer und Heckenschützen waren ebenfalls im | |
Einsatz. "Gaddafi versucht Misurata so schnell wie möglich einzunehmen, | |
bevor die Nato mit Bodentruppen kommt", sagte ein Bewohner in einer | |
Audio-Botschaft, die über Internet verbreitet wurde. "Wenn nicht bald etwas | |
geschieht, wird die Lage noch schlimmer", fügte er hinzu. Man schätze, was | |
die Nato bisher für die Menschen in Libyen geleistet habe, sagte ein | |
anderer Bewohner - "aber sie muss noch mehr tun". | |
## Keine Präzisionsbomben mehr? | |
Bereits jetzt gehen den Nato-Staaten nach Informationen der Washington Post | |
die Präzisionsbomben aus. Das zeige die eingeschränkte Fähigkeit der | |
Franzosen, Briten und anderer Europäer auch zu einem relativ begrenzten | |
Militäreinsatz, schreibt das Blatt unter Berufung auf Nato-Offiziere. | |
Es mangele in Europa an Munition, aber auch an einsatzfähigen Flugzeugen. | |
Militärs stellten deshalb die Frage, ob sich die USA weiter so in dem | |
Konflikt zurückhalten könnten. Die Nato, Frankreich und Großbritannien | |
wollten den Bericht nicht kommentieren. | |
17 Apr 2011 | |
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