# taz.de -- Kommentar Ai Weiwei: Wenn es still wird in Deutschland | |
> So lautstark die Bundesregierung Weiweis Freilassung verlangt, so | |
> schweigsam wird sie, wenn es darum geht, ob man nicht mehr tun kann, als | |
> nur seine Stimme zu erheben. | |
Es ist keine sehr schwierige Übung, sich für die Freilassung von Ai Weiwei | |
einzusetzen. Die Betonung dieser Tatsache soll keineswegs die Demonstranten | |
diskreditieren, die sich am Sonntag weltweit für den von der Staatsmacht | |
verfolgten chinesischen Künstler auf die Straße begeben haben. Ai Weiwei | |
gehört unsere Solidarität, und diejenigen, die sich in persona in Berlin, | |
Paris oder New York für ihn einsetzen, verdienen unsere Hochachtung. | |
Und doch: Die Politik besitzt andere Möglichkeiten des Protests. Und da | |
wird es in Deutschland plötzlich ganz still. So lautstark Parteien und | |
Bundesregierung Weiweis Freilassung verlangen, so schweigsam werden sie, | |
wenn es um die Frage geht, ob man nicht mehr tun kann, als nur seine Stimme | |
zu erheben. | |
Dabei steht nicht die Forderung nach Wirtschaftssanktionen im Raum. Es geht | |
lediglich darum, ob unbeschadet künstlerischer Unfreiheit eine deutsche | |
Ausstellung in Peking weitergeführt werden soll, die ausgerechnet die | |
Aufklärung in der Kunst zum Thema hat. Bundesaußenminister Guido | |
Westerwelle hat die Schau vor zwei Wochen eröffnet. | |
Eine vorzeitige Schließung der Ausstellung wäre das, was man allgemein als | |
Symbolpolitik bezeichnet. Der Stopp würde China nicht wirklich hart | |
treffen. Das Ende der Schau wäre ebenso wenig wie der Protest eine Garantie | |
dafür, dass Ai Weiwei freikommt. Aber es wäre ein Affront gegen die | |
Machthaber in Peking. Sie wären vor der Weltöffentlichkeit blamiert. | |
Wenn es um die Durchsetzung der Menschenrechte im Allgemeinen geht, ist | |
diese Regierung um wohlfeile Worte nicht verlegen. Geht es aber darum, auch | |
einmal etwa zu unternehmen, was die guten bilateralen Kontakte eintrüben | |
könnte, schreckt sie zurück. In Ägypten kam unserem Außenminister die | |
Forderung nach einem Rücktritt von Staatschef Mubarak sehr, sehr lange | |
nicht über die Lippen. Dafür ließ er sich nach dem Sieg der Demokratie in | |
Kairo gern feiern. | |
In Libyen, findet unsere Bundesregierung, möge Herr Gaddafi doch bitte | |
ganz, ganz schnell das Land verlassen. Um dieser Forderung Nachdruck zu | |
verleihen, tut sie nicht viel. In China findet die Regierung das Wegsperren | |
von Ai Weiwei gar nicht gut. Und belässt es bei verbalen Protesten. | |
Die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung verdient darum die | |
Auszeichnung: dröhnend still. | |
17 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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