# taz.de -- Die Art Cologne und Ai Weiwei: Der Markt hat seine eigene Logik | |
> Auf der Art Cologne ist von der Verschleppung des chinesischen Künstlers | |
> Ai Weiwei kaum die Rede. Einige Galeristen setzen aber auf | |
> wirtschaftliche Sanktionen gegen China. | |
Bild: Ein Bild des chinesischen Künstlers Ai Weiwei ist als Ausdruck der Solid… | |
Die Stimmung ist gut. Die 45. Art Cologne wird allseits gelobt, die | |
Verkäufe laufen gut. Dass im fernen China Künstler spurlos verschwinden, | |
ist kaum Thema auf der wieder wichtigsten deutschen Kunstmesse. Nur die | |
deutsche Sektion des internationalen Kunstkritikerverbands aica widmete | |
sich vor einer Veranstaltung am Mittwoch kurz dem Thema Ai Weiwei. | |
Ansonsten: Einige haben Petitionen unterschrieben, ohne von deren Wirkung | |
überzeugt zu sein, manche greifen das offiziöse, die Reputation des | |
Künstlers untergrabende Argument gern auf, es ginge um Steuerhinterziehung. | |
Wieder andere glauben, nur Merkel oder Obama könnten etwas bewirken. | |
"Ganz falsch", meint Alexander Ochs, Galerist in Berlin und Peking mit | |
langjähriger China-Erfahrung, "auf politischen Druck reagieren die nur mit | |
Gegendruck." Man müsse realisieren, dass im chinesischen Verständnis auch | |
ein Staat "sein Gesicht verlieren" kann. Jede kritische Initiative sei gut | |
und wichtig, aber eher als Beweis hiesiger Entrüstung. Alles Weitere müsse | |
über die Wirtschaft laufen - die Aktionen des ehemaligen BDI-Vorsitzenden | |
Hans-Olaf Henkel seien ein gutes Beispiel. Der Wirtschaftsminister und | |
möglichst viele Firmen müssten kommunizieren, dass die Sache um Ai Weiwei | |
einen hohen Preis hat und zu einem Problem wird, dass das Image | |
chinesischer Produkte beschädigt. Auch via Städtepartnerschaften und | |
Uniprojekten sollte agiert werden. Doch nicht moralische Entrüstung sollte | |
übermittelt werden, sondern schlicht die Gefahr, dass der Handel mit China | |
und die politische Kooperation Rückschläge erleiden. | |
Außerdem, so Alexander Ochs, sollten die drei deutschen, an der großen | |
Pekinger Ausstellung "Kunst der Aufklärung" beteiligten Museumsdirektoren | |
endlich klar Stellung beziehen, ihre Absprachen transparent machen und | |
aufklären, was Druck und was vorauseilende Selbstzensur ist. Und ihre | |
zweifellos vorhandenen Gesprächsmöglichkeiten nutzen. | |
Dass der Kunstmarkt aktuell Ai Weiweis Inhaftierung zynisch nutze, um | |
höhere Preise durchzusetzen, hält Ochs, der zurzeit keine Werke des | |
Künstlers mehr vorrätig hat, für üble Nachrede. Langfristig könnten sich | |
aber auf dem Sekundärmarkt, also bei Auktionen, durchaus Preissteigerungen | |
ergeben. Der Markt hat eben seine eigene Logik. | |
Die Sprache der Macht auch: Inzwischen wurden auch der Buchhalter und der | |
Architekt Ai Weiweis verhaftet, um die offiziöse Lesart | |
"Wirtschaftsverbrechen" zu stützen. Und in Hamburg antwortete die | |
chinesische Generalkonsulin auf kritische Fragen bei einer | |
Ausstellungseröffnung am Montag: "Was passiert jetzt in China? Nichts | |
passiert. Chinesische Künstler genießen die große Freiheit". | |
14 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Hajo Schiff | |
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