# taz.de -- USA und Syrien: Der Ton wird schärfer | |
> US-Präsident Obama verurteilt das syrische Vorgehen und erwägt "selektive | |
> Sanktionen". Einen Sitz Syriens im Menschenrechtsrat der UN will er nicht | |
> unterstützen. | |
Bild: Obama bedauert die Gewalt in Syrien, will aber kein Eingreifen der Nato. | |
WASHINGTON taz | Während in Damaskus Baschar al-Assad Panzer gegen | |
unbewaffnete DemonstrantInnen einsetzt, geht die US-Spitze in die | |
diplomatische Offensive gegen Syrien. In einem Telefonat mit dem türkischen | |
Ministerpräsidenten Recep Erdogan verurteilte US-Präsident Barack Obama die | |
"inakzeptable Gewalt gegen das eigene Volk". | |
Sprecher des Weißen Hauses kündigten an, dass nunmehr "selektive | |
Sanktionen" erwogen würden, die sich gegen jene Angehörigen des Regimes | |
richten, die für die Morde verantwortlich sind. Außerdem forderte die | |
US-Regierung - ebenso wie Deutschland - ihre Staatsangehörigen auf, Syrien | |
umgehend zu verlassen. | |
In für US-Diplomatie ungewöhnlicher Klarheit erklärte ein Sprecher des | |
Außenministerium, dass sein Land den Antrag Syriens auf Mitgliedschaft im | |
UN-Menschenrechtsrat nicht unterstütze. "Es wäre unangemessen und | |
heuchlerisch, wenn Syrien dem Menschenrechtsrat beiträte", sagte Mark | |
Toner. | |
Syrien war im Januar als neues Mitglied für das Gremium vorgeschlagen | |
worden. Das Regime hatte nach seiner Nominierung erklärt, es werde "die | |
höchsten Standards bei der Förderung und beim Schutz der Menschenrechte und | |
der grundlegenden Freiheitsrechte" einhalten. Auch der britische | |
Außenminister William Hague verurteilte das Vorgehen in Syrien. Und die EU | |
erwägt ihrerseits Sanktionen. | |
## US-Politiker fordern Luftschläge | |
Einigen DemokratInnen und RepublikanerInnen gehen die Warnungen des Weißen | |
Hauses an Syrien nicht weit genug. Der demokratische Senator Joe Lieberman | |
sprach von einem "Präzedenzfall Libyen". Er erklärte, wenn Assad sein Volk | |
schlachte, "so wie Gaddafi es tut", dann müssten die USA mit ihm ebenso | |
verfahren wie mit dem libyschen Diktator. Verschiedene Abgeordnete der | |
Republikanischen Partei teilen diese Position, die in der Konsequenz auf | |
Bomben gegen Damaskus hinauslaufen könnte. Doch die Beziehung der USA zu | |
Syrien ist völlig anders als die zu Tripolis. | |
In Syrien hat die US-Diplomatie ein "nationales Interesse". Das Land mit | |
Grenzen zu Israel, zum Irak, zum Libanon und zu Jordanien sowie zur Türkei | |
spielt eine zentrale Rolle in der Nahost-Diplomatie der USA. Auch für die | |
Kontakte in den Iran ist Syrien für die USA wichtig. | |
Die jüngere Geschichte der US-syrischen Beziehungen ist durchwachsen. Nach | |
den Attentaten vom 11. September 2001 haben Washington und Damaskus bei der | |
Terror-Verfolgung begrenzte Zusammenarbeit praktiziert. 2003 komplizierte | |
der US-Krieg gegen den Irak die Beziehung. 2005 sorgte der Mord an dem | |
libanesischen Politiker Rafik Hariri für neue Spannungen. Damals zogen die | |
USA ihren Botschafter ab. Wegen der syrischen Unterstützung für | |
terroristische Gruppen führte Expräsident George W. Bush Mitte des letzten | |
Jahrzehnts Sanktionen gegen Syrien ein. Davon ausgenommen sind der Handel | |
mit Nahrungsmitteln und Medizin. | |
Parallel spielte Syrien eine Rolle im Hintergrund bei den - von der Türkei | |
vermittelten - Nahostgesprächen mit Israel. Seit dem Machtantritt von Assad | |
junior im Jahr 2000 haben nicht nur die USA, sondern auch verschiedene | |
europäische Länder ihre diplomatischen Beziehungen zu Syrien intensiviert. | |
So lud der französische Präsident Nicolas Sarkozy den syrischen Präsidenten | |
2008 zu seinem Gründungsgipfel für die Mittelmeerunion ein. | |
Mit von der Partei waren auch Gaddafi und der inzwischen gestürzte Ägypter | |
Husni Mubarak, den Sarkozy zu seinem Kopräsidenten für die Mittelmeerunion | |
machte. Aus Washington sind zahlreiche PolitikerInnen seit dem Amtsantritt | |
von Obama nach Damaskus gereist. US-Außenministerin Hillary Clinton lobte | |
die Reformbemühungen Assads. | |
Um den Zwang von Wiederholungen der Bombardements wie bei Libyen zu | |
vermeiden, hat das Weiße Haus wiederholt klargestellt, dass kein Land im | |
Nahen Osten dem anderen ähnele. Am Wochenende erklärte Obamas Sprecher Jay | |
Carney, dass die USA die Gewalt in Syrien bedauern. Und dass sie die | |
syrische Regierung dazu aufrufen, vom Einsatz von Gewalt abzusehen. Doch | |
zugleich sagte Carney: "Jedes Land ist anders und jede Situation ist | |
unterschiedlich. Die Umstände in Libyen - der unmittelbar bevorstehende | |
Überfall auf eine Stadt mit einer großen Bevölkerung, bei der Gaddafi keine | |
Gnade zu zeigen versprochen hatte - sind ziemlich einzigartig." | |
26 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Proteste in Syrien: "Tag der Wut" | |
Die syrische Opposition ruft zu Demonstrationen nach dem Freitagsgebet auf. | |
Das Regime zeigt sich entschlossen, die Proteste zu unterdrücken. Die EU | |
berät über Sanktionen. | |
UNO zu Syrien: Diplomatischer Druck auf Assad | |
Die USA fordern eine scharfe Verurteilung Syriens. Auch eine Kandidatur für | |
einen Sitz im Menschenrechtsrat soll verhindert werden. | |
Krise in Syrien: UN-Menschenrechtsrat wird tagen | |
Der UNO-Menschenrechtsrat wird zu einer Sondersitzung zur Lage in Syrien | |
zusammen kommen. Zuvor hatte sich der UN-Sicherheitsrat nicht einigen | |
können. | |
UN zu den Unruhen in Syrien: Ratlosigkeit und Sorge | |
Der UN-Sicherheitsrat hat sich nicht auf eine gemeinsame Erklärung zur Lage | |
in Syrien einigen können. Die Bundesregierung fordert Sanktionen. | |
Syrien und das System Assad: Unberechenbare Freiheit | |
Das syrische Regime setzt das Militär gegen die Bevölkerung ein. Die Stadt | |
Daraa ist völlig abgeriegelt, es wird geschossen. Doch kann sich Assad auf | |
seine Armee verlassen? | |
Kommentar Syrien: Der schwierige Umgang mit Assad | |
Eine "starke Botschaft" der UNO an den Diktator Assad oder neue Sanktionen | |
sind sicher nicht falsch. Sie besitzen aber nicht mehr als einen | |
symbolischen Charakter. | |
Unruhen in Syrien: US-Bürger zur Ausreise aufgefordert | |
Nach dem brutalen Vorgehen von Assads Regime gegen Demonstranten erwägt die | |
US-Regierung "gezielte Sanktionen". Zugleich sorgt sie sich um die | |
Sicherheit von US-Bürgern in Syrien. | |
Unruhen in Syrien: Mit Panzern gegen den Protest | |
Daraa, die Stadt im Süden des Landes, wird von regimetreuen Kräften völlig | |
abgeriegelt, die Kommunikation unterbrochen. Es ist die Rede von Dutzenden | |
Toten. |