# taz.de -- Unruhen in Syrien: US-Bürger zur Ausreise aufgefordert | |
> Nach dem brutalen Vorgehen von Assads Regime gegen Demonstranten erwägt | |
> die US-Regierung "gezielte Sanktionen". Zugleich sorgt sie sich um die | |
> Sicherheit von US-Bürgern in Syrien. | |
Bild: In Daraya, südwestlich von Damaskus, protestierten am Montag Frauen mit … | |
WASHINGTON/AMMAN dpa/rtr | Das amerikanische Außenministerium hat die | |
US-Bürger in Syrien zum Verlassen des Landes aufgefordert. Auch Mitarbeiter | |
der US-Botschaft, die nicht unbedingt vor Ort erforderlich seien, und | |
Familienangehörige des Botschaftspersonals seien angewiesen worden, | |
abzureisen, berichteten US-Medien in der Nacht zum Dienstag. Die Botschaft | |
in Damaskus werde geöffnet bleiben, aber die Dienstleistungen würden | |
eingeschränkt. | |
Das Außenministerium forderte alle US-Bürger dringend auf, nicht in den von | |
Unruhen erschütterten Nahoststaat zu fahren. Diejenigen, die sich in Syrien | |
befänden, sollten abreisen, solange es noch Verkehrsverbindungen gebe. Alle | |
nicht zwingend notwendigen Reisen sollten unterbleiben. | |
Die USA hatten am Montag die jüngsten blutigen Militäreinsätze in Syrien | |
mit Hunderten Toten scharf verurteilt und dem Regime in Damaskus mit | |
"gezielten Sanktionen" gedroht. Die US-Führung prüfe eine Reihe von | |
Optionen als Reaktion auf die nicht zu akzeptierende Gewalt gegen | |
Demonstranten, sagte ein Regierungssprecher im Weißen Haus. Eine der | |
Optionen seien Sanktionen. | |
## Mit Panzern gegen Demonstranten | |
Syriens Staatschef Baschar al-Assad war nach dem Aufflammen neuer | |
Massenproteste erstmals mit Panzern gegen Demonstranten vorgegangen. Die | |
Panzer rückten am Montag in die Aufständischen-Hochburg Deraa ein und | |
eröffneten das Feuer. Nach Angaben des Aktivisten Ammar Kurabi kamen | |
mindestens 18 Menschen ums Leben. Zudem gebe es viele Vermisste oder | |
Verletzte. Menschenrechtsgruppen zufolge kamen seit Ausbruch der Proteste | |
in Syrien mehr als 350 Zivilisten ums Leben, ein Drittel davon in den | |
vergangenen drei Tagen. Sicherheitskräfte hätten im ganzen Land rund 500 | |
Anhänger der Demokratiebewegung festgenommen, teilte die unabhängige | |
syrische Organisation Sawasiah am Dienstag mit. | |
"Die Leute suchen in ihren Häusern Deckung", so ein Zeuge aus Deraa am | |
Montag. Auf Regierungsgebäuden wurden demnach Scharfschützen in Stellung | |
gebracht. Zudem sollen Leichen in der Nähe der wichtigsten Moschee der | |
Stadt liegen. Ein anderer Zeuge sagte dem Sender Al-Dschasira, Panzer seien | |
auf Zufahrtsstraßen nach Deraa aufgefahren. Sie hätten auch Ziele in der | |
Stadt beschossen. Ein Oppositioneller berichtete im Sender Al-Arabija, fünf | |
Offiziere und zehn Soldaten hätten sich geweigert, auf Einwohner zu | |
schießen. | |
Ausländische Journalisten wurden größtenteils aus Syrien ausgewiesen, so | |
dass die Berichte nicht überprüft werden können. Die Grenze zu Jordanien | |
wurde nach Angaben der dortigen Behörden geschlossen. Die Stadt Deraa liegt | |
nur wenige Kilometer vom Nachbarland entfernt. | |
Auch in anderen Städten gingen die Sicherheitskräfte gegen Demonstranten | |
vor. So wurden am Sonntag nach Darstellung einer Menschenrechtsgruppe in | |
Dschabla am Mittelmeer mindestens 13 Zivilisten von Regierungssoldaten oder | |
Scharfschützen getötet. Zuvor hatte es dort Demonstrationen gegeben. Auch | |
der Vorort Duma der Hauptstadt Damaskus wurde gestürmt, wie ein | |
Menschenrechtler berichtete. Sicherheitskräfte hätten auf unbewaffnete | |
Zivilisten geschossen und Einwohner festgenommen. "Sie wollen die | |
Revolution niederschlagen und gehen mit äußerster Brutalität vor", sagte | |
der Aktivist. Die Telekommunikationsverbindungen nach Duma seien | |
unterbrochen worden. | |
## Kritik von UN-Menschenrechtsbeauftragter | |
## | |
Der Aufstand gegen Assad scheint sich immer stärker auszuweiten. Am Montag | |
veröffentlichten gut 100 syrische Schriftsteller und Journalisten eine | |
gemeinsame Erklärung, in der das Vorgehen der Regierung angeprangert wird. | |
"Wir verurteilen die unterdrückerischen Akte der Gewalt des syrischen | |
Regimes gegen die Protestierenden und betrauern die Märtyrer des | |
Aufstands", heißt es darin. Unterzeichnet haben auch Intellektuelle der | |
alawitischen Minderheit, die in Syrien das Sagen hat. | |
Auch die Vereinten Nationen verurteilten die Eskalation der Gewalt. Die | |
Regierung müsse ihre Sicherheitskräfte zurückhalten und darüber hinaus | |
politische Gefangene freilassen, sagte die UN-Menschenrechtsbeauftragte | |
Navi Pillay. Auch Deutschland verurteilte die Taten. "Gewaltanwendungen | |
gegen friedliche Demonstranten müssen sofort eingestellt und das | |
Bürgerrecht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit garantiert | |
werden", erklärte Außenminister Guido Westerwelle. | |
26 Apr 2011 | |
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