# taz.de -- Koalition streitet über Terrorbekämpfung: Schaukampf um Antiterro… | |
> Die Koalition streitet über die Verlängerung von Regelungen, die Terror | |
> bekämpfen sollen. Doch die meisten Gesetze, die seit 2001 beschlossen | |
> wurden, gelten dauerhaft - und der Rest ist harmlos. | |
Bild: Bei der Debatte um die Anti-Terror-Gesetze geht es auch um die Befugnisse… | |
FREIBURG taz | Nur ein kleiner Teil der Antiterrorgesetze, die seit 2001 | |
beschlossen wurden, läuft demnächst aus und muss verlängert werden. Alle | |
wichtigen Antiterrorgesetze wurden einst dauerhaft beschlossen und sind | |
deshalb auch nicht Gegenstand der Koalitionsdebatte. | |
Deshalb ist zum Beispiel für folgende Gesetze keine Verlängerung | |
erforderlich: | |
* neue Strafvorschriften gegen ausländische terroristische Vereinigungen (§ | |
129b) und gegen den Besuch von terroristischen Ausbildungslagern (§ 89a) | |
* neue Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes für die Abwehr von | |
internationalen Terrorgefahren, inklusive Befugnis zur heimlichen | |
Ausspähung von Computern | |
* Einrichtung eines Gemeinsamen Terrorabwehrzentrums (GTAZ) der | |
Sicherheitsbehörden | |
* Einrichtung einer Antiterrordatei als gemeinsame Datenbank von 38 | |
deutschen Sicherheitsbehörden | |
Die Verlängerungsdiskussion bezieht sich nur auf das | |
Terrorismusbekämpfungsgesetz, das 2002 beschlossen, 2006 verlängert wurde | |
und am 11. Januar 2012 ausläuft. | |
Im Wesentlichen geht es bei dem Gesetz, das viele andere Gesetze geändert | |
hat, um folgende Befugnisse: | |
* Die Nachrichtendienste (Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, | |
Militärischer Abschirmdienst) dürfen bei Banken, Postdienstleistern, | |
Fluggesellschaften, Telefon- und Internetfirmen heimlich Informationen über | |
Terrorverdächtige und Extremisten abfragen. | |
* Personen, die bei Infrastruktureinrichtungen wie Kraft- oder Wasserwerken | |
an sicherheitsrelevanten Posten arbeiten, müssen sich einer | |
Sicherheitsüberprüfung unterziehen, um Sabotage von innen zu verhindern. | |
Es geht also um Regelungen, bei denen man sich wundert, dass sie erst nach | |
2001 eingeführt wurden und nicht schon früher. Innenminister Hans-Peter | |
Friedrich (CSU) schlägt nun vor, dass diese Befugnisse nicht nur verlängert | |
werden, sondern künftig dauerhaft gelten sollen. Er stützt sich dabei auf | |
ein Gutachten des Rechtsprofessors Heinrich Amadeus Wolff, der die | |
Entfristung empfahl. Er war gemeinsam von Innen- und Justizministerium mit | |
der Evaluierung betraut worden. | |
Außerdem will Friedrich das Terrorbekämpfungsgesetz in mehreren Punkten | |
verschärfen. So sollen Unternehmen, die Fragen der Geheimdienste nicht | |
beantworten, künftig ein Bußgeld bezahlen. Außerdem sollen die | |
Nachrichtendienste bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht | |
(Bafin) nachfragen können, welche Konten ein Verdächtiger überhaupt hat. | |
Einen ersten Gesetzentwurf hat Friedrich "Rechtsschutzstärkungsgesetz" | |
genannt, weil er auf Vorschlag von Wolff auch die Kontrolle der | |
Geheimdienste durch parlamentarische Gremien etwas verbessern wollte. | |
Bis zum Sommer wollen CDU/CSU und FDP nun versuchen, einen Entwurf zu | |
erarbeiten. Angesichts der eher drittrangigen Inhalte sollte das gut | |
möglich sein. Dass derzeit so heftig diskutiert wird, zeigt, dass es vor | |
allem um symbolische Politik geht. So ist die Debatte über das | |
Terrorbekämpfungsgesetz eng mit der über die Vorratsdatenspeicherung | |
verknüpft, obwohl diese laut Polizei auch zur Bekämpfung von | |
Kinderpornografie und anderen nichtterroristischen Straftaten eingesetzt | |
werden soll. | |
Die Vorratsspeicherung beruht auf einer EU-Richtlinie, die Deutschland | |
umsetzen muss. Die Union drängt darauf, während die FDP dies so lange wie | |
möglich verhindern will. Derzeit gibt es in Deutschland keine | |
Vorratsspeicherung, weil das Verfassungsgericht im März 2010 die Umsetzung | |
der großen Koalition beanstandet hat. | |
2 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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