# taz.de -- Antiterrorgesetze ohne Evaluation: Union erwartet Rüffel aus Karls… | |
> Viele glauben, die Koalition streite über die Verlängerung der | |
> Antiterrorgesetze insgesamt. Doch geht es nur um einen kleinen | |
> Ausschnitt. Bei vielen Gesetzen passiert gar nichts. | |
Bild: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich auf Besichtigungstour beim Bunde… | |
FREIBURG taz | Beim derzeitigen Streit über die innere Sicherheit geht es | |
nicht um alle Antiterrorgesetze, die seit den Anschlägen von 2001 | |
eingeführt wurden. Die Politik beschäftigt derzeit nur ein kleiner und | |
relativ harmloser Ausschnitt: die Auskunftsrechte der Geheimdienste bei | |
Post, Banken, Flug- und Telekommunikationsunternehmen. Dieses | |
Terrorbekämpfungs-Ergänzungsgesetz ist auch nur deshalb so umstritten, weil | |
es im Januar 2012 ausläuft und die Koalition sich jetzt über eine | |
Verlängerung, Verschärfung oder Milderung einigen muss. Bei anderen | |
Antiterrorgesetzen ist zwar auch eine Evaluierung vorgesehen, doch in der | |
Koalition tut sich derzeit gar nichts. Die taz gibt einen Überblick. | |
Seit 2007 gibt es die Antiterrordatei als gemeinsame Datenbank von 38 | |
deutschen Sicherheitsbehörden. Sie soll den Informationsaustausch zwischen | |
Polizei und Geheimdiensten sowie zwischen Bundes- und Landesbehörden | |
erleichtern. Bei der Einführung wurde gesetzlich festgelegt, dass nach fünf | |
Jahren, also 2012, eine Evaluierung des Gesetzes stattfindet. | |
Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag wurde dies sogar noch ausgeweitet. | |
Danach sollen "die bestehenden Sicherheitsdateien" sowie das Gemeinsame | |
Terrorabwehrzentrum in Berlin und weitere Einrichtungen evaluiert werden. | |
Bisher hat die Regierung damit aber noch nicht begonnen. Innen- und | |
Justizministerium diskutieren noch über den "Evaluierungsgegenstand sowie | |
die Evaluierungskriterien", erklärte das Innenministerium auf Anfrage der | |
taz. | |
Wie in Berlin zu hören ist, will das Innenministerium nur gemeinsame | |
Dateien von Polizei und Geheimdiensten überprüfen, während das | |
Justizministerium auch reine Polizeidateien, etwa die Hooligandatei, | |
einbeziehen will. | |
Wann die Prüfung beginnen soll, ist im Koalitionsvertrag nicht festgelegt. | |
Die FDP, die daran vor allem interessiert ist, hat auch kein Druckmittel in | |
der Hand. Denn eine etwaige Verlängerung des Gesetzes über die | |
Antiterrordatei muss erst im Dezember 2017 beschlossen werden. | |
Ähnlich ist die Situation beim BKA-Gesetz. Das Bundeskriminalamt bekam | |
Anfang 2009 erstmals Befugnisse zur Abwehr von Terroranschlägen, bisher war | |
es nur für die Strafverfolgung zuständig. Diese Weichenstellung ist aber | |
nicht befristet und wird auch nicht evaluiert. | |
## 2014 ist noch weit entfernt | |
## | |
Nur zwei besonders umstrittene Befugnisse müssen laut Gesetz nach fünf | |
Jahren, also 2014, überprüft werden: die heimliche Ausspähung von Computern | |
(Onlinedurchsuchung) und die präventive Rasterfahndung. 2014 ist aber noch | |
weit entfernt, vorher wird sogar der Bundestag neu gewählt. Die Befugnis | |
zur Onlinedurchsuchung läuft zwar automatisch aus, aber erst am 31. | |
Dezember 2020. | |
Allerdings finden sich im schwarz-gelben Koalitionsvertrag konkrete | |
Aufträge zur Änderung des BKA-Gesetzes. So soll die Genehmigung von | |
präventiven BKA-Maßnahmen künftig nicht mehr durch das Amtsgericht | |
Wiesbaden, sondern durch einen Richter am Bundesgerichtshof erfolgen. | |
Außerdem soll bei heimlichen Lausch- und Spähaktionen der Kernbereich der | |
Persönlichkeit auch dann geschützt werden, wenn sie im Freien, also | |
außerhalb der eigenen Wohnung stattfinden. Das heißt, ein Picknick mit | |
engen Freunden oder Verwandten dürfte nicht mehr überwacht werden. | |
Nach Angaben aus Koalitionskreisen will die Union derzeit aber nicht über | |
diese Änderungen verhandeln, weil in diesem Jahr auch das | |
Bundesverfassungsgericht noch über das BKA-Gesetz verhandeln will. Geklagt | |
hatten unter anderem die beiden FDP-Politiker Gerhart Baum und Burkhard | |
Hirsch. Wie es aussieht, geht die Union von einem erneuten Rüffel aus | |
Karlsruhe aus. | |
Neue Antiterror-Strafvorschriften sollen laut Gesetz und Koalitionsvertrag | |
weder überprüft noch verändert werden. | |
5 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Chr. Rath | |
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