# taz.de -- UN-Tribunal in Den Haag: Kein Freispruch für Vojislav Seselj | |
> Das Verfahren gegen den serbischen Ultranationalisten wird fortgesetzt. | |
> Er steht wegen Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien in Den Haag vor | |
> Gericht. | |
Bild: "Serbien wartet auf Seselj": Plakatwand in Belgrad. | |
BELGRAD taz | Wann kommt Vojislav Seselj nach Hause? Diese Frage zieht sich | |
wie ein Leitmotiv durch die serbische Innenpolitik, seit sich Seselj vor | |
acht Jahren freiwillig dem UN-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen | |
Jugoslawien gestellt hat. Der Rückkehr des "Woiwoden der Tschetniks" hat | |
das Tribunal jetzt vorerst einen Riegel vorgeschoben. | |
Der Richtersenat entschied am Mittwoch mit Stimmenmehrheit, dass die von | |
der Anklage präsentierten Beweise gegen Seselj ausreichend seien, um den | |
Prozess fortzusetzen. Somit wurde der von Seselj in März gestellte Antrag | |
abgelehnt, ihn sofort freizulassen, weil die Anklage "rein gar nichts" | |
bewiesen hätte. Seseljs Verehrer fluchten landesweit erbittert. | |
"Das ist ein weiterer Beweis, dass das Tribunal eine von den USA gesteuerte | |
politische Institution ist", erklärte Dragan Todorovic, Seseljs Vize in der | |
Serbischen Radikalen Partei (SRS), die vor ihrer Spaltung vor zweieinhalb | |
Jahren die stärkste Partei in Serbien war. Der Richtersenat habe unter | |
anderem die "bewiesene Tatsache" einfach ignoriert, dass die Anklage 36 | |
Zeugen gegen Seselj "erpresst, eingeschüchtert oder bestochen" hätte. | |
In Serbien überwiegt die Meinung, dass die Anklage auf schwachen Füßen | |
steht. Rechtsexperten meinen, eine eventuelle Haftstrafe sei mit den | |
Jahren, die Seselj schon abgesessen habe, abgegolten. Überzeugt, dass die | |
Beweise der Anklage "idiotisch" sind, erklärte Seselj, er werde seinerseits | |
auf die Präsentation der Beweise verzichten, um den Prozess abzukürzen. | |
Seselj ist wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und | |
ethnischer Säuberung in Serbien, Kroatien und Bosnien zwischen 1991 und | |
1993 angeklagt. Dem Politiker wird zur Last gelegt, eine "nationalistische | |
Ideologie" propagiert zu haben, "die die Vertreibung von Nichtserben | |
forderte und in der nichtserbischen Bevölkerung Angst" verbreitete. | |
5 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Andrej Ivanji | |
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