# taz.de -- Serbien lässt Jovan Divjak festnehmen: Der General, der Sarajevo v… | |
> Auf Antrag Serbiens wurde der bosnische Ex-General Jovan Divjak in | |
> Österreich festgenommen. Das ist ein sehr durchsichtiges Kalkül. | |
> Politiker in Sarajewo fordern seine Freilassung. | |
Bild: Fordern seine Freilassung: Demonstranten in Sarajewo. | |
SARAJEVO taz | Die Festnahme des bosnischen Exgenerals Jovan Divjak am | |
Donnerstagabend in Österreich elektrisiert die Menschen in Sarajevo. Sie | |
empört, dass ein Auslieferungsgesuch der serbischen Justiz aus Belgrad in | |
Österreich ernst genommen wird. Tausende demonstrierten am Samstag vor der | |
österreichischen Botschaft in Sarajevo. | |
Besonders eindrücklich schilderte ein Jugendlicher seine Motivation im | |
bosnischen Fernsehen: "Wenn es Jovak Divjak nicht gegeben hätte, stünde ich | |
wahrscheinlich nicht hier, ich würde gar nicht existieren." Und damit | |
erinnerte der junge Mann viele ältere Bewohner Sarajevos an die Rolle Jovan | |
Divjaks bei der Verteidigung der Stadt 1992, an die ersten Kriegstage im | |
April, als serbische Truppen die Stadt mit ihren 400.000 Einwohnern | |
einkesselten und mit Artillerie beschossen. Jovan Divjak, selbst Serbe aus | |
Belgrad, half als Kommandeur der sogenannten Territorialeinheiten bei der | |
Verteidigung der Stadt. | |
Divjak stemmte sich gegen die serbischen Nationalisten, die Bosnien erobern | |
und mit Gewalt alle Nichtserben aus den eroberten Gebieten vertreiben | |
wollten. Er genießt in der Stadt hohes Ansehen, auch weil er nach dem Krieg | |
zur Versöhnung aufrief und sich mit seiner Hilfsorganisation für | |
Waisenkinder aller Volksgruppen engagiert. | |
Es geht den serbischen Behörden um die Verhaftung der Schuldigen bei der | |
Schießerei in der Dobrovoljacka-Straße am 3. Mai 1992, bei denen 42 | |
serbische Soldaten getötet und über 70 weitere verwundet wurden. Sie wirft | |
den damals führenden bosnischen Politikern und Militärs vor, für diesen | |
Übergriff verantwortlich zu sein. | |
Nach der Festnahme des bosnischen Präsidenten Alija Izetbegovic am | |
Flughafen Sarajevo durch serbische Sicherheitskräfte sollten die in einer | |
Kaserne im Stadtzentrum Sarajevos festsitzenden serbischen Soldaten freies | |
Geleit aus der Stadt erhalten, dafür sollte Izetbegovic wieder freigelassen | |
werden. Als klar wurde, dass die serbischen Soldaten entgegen der Absprache | |
auch schwere Waffen aus der Stadt bringen wollten, kam es zu den Schüssen | |
auf die Kolonne. | |
Die Rolle Jovan Divjaks ist in einem BBC-Film dokumentiert. Auf einem | |
Militärfahrzeug stehend rief er "Nicht schießen!". In der verworrenen | |
Situation wurde dennoch auf die abziehende Kolonne geschossen. Für Zdravko | |
Grebo, Rechtsprofessor in Sarajevo, ist damit tatsächlich ein | |
untersuchungswürdiger Tatbestand entstanden, aber Divjak dafür | |
verantwortlich zu machen lehnt er ab. | |
Aus dem gleichen Grund wurde im Vorjahr der damalige Vizepräsident Bosniens | |
Ejub Ganic in London festgenommen und nach dreimonatigen Untersuchungen | |
durch die britische Justiz wieder freigelassen. Für Bosnien engagierte | |
Politiker wie Daniel Cohn-Bendit und Marie-Luise Beck von den Grünen, der | |
CDU-Abgeordnete Michael Brand und andere forderten die österreichischen | |
Behörden inzwischen auf, Jovan Divjak sofort freizulassen. | |
6 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathflder | |
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