Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Regierungskrise in Serbien: Demonstration der Entschlossenheit
> Serbiens Premierminister Mirko Cvetkovic will seinen Vize Mladjan Dinkic
> feuern. Der hatte zuvor gesagt, Cvetkovic habe keine Autorität mehr.
Bild: Seid still: Serbiens Premierminister Mirko Cvetkovic lässt keine Kritik …
BELGRAD taz | Serbiens Regierungschef Mirko Cvetkovic hat am Dienstag
erklärt, dass er ein Verfahren in Gang gesetzt habe, um seinen Vize und
Wirtschaftsminister Mladjan Dinkic zu entlassen. Die Regierung sei nicht
funktionsfähig, erklärte Cvetkovic. All jene, die deren Einheit und Ansehen
bedrohten, müssten abgelöst werden. Der Premier sagte, dass seine
Entscheidung nicht gegen die Partei "G 17" und ihre Minister gerichtet sei.
Die Tür für Neuwahlen ist damit jedoch geöffnet.
Obwohl sich die Regierungskrise schon länger abzeichnete, kam diese
Demonstration der Entschlossenheit des sonst unscheinbaren Premiers
überraschend. Zuvor hatte G-17-Chef Dinkic den Premier beschuldigt, dass
nicht er die Entscheidungen in der Regierung treffe, sondern "Personen
außerhalb der staatlichen Institutionen, die weder eine öffentliche noch
eine politische Verantwortung haben".
Er sprach von informellen "Machtzentren innerhalb der DS", die die
staatliche Politik beeinflussen - gemeint sind einzelne serbische Tycoons.
Dinkic ließ Staatspräsident Boris Tadic, der auch Vorsitzender des
Seniorpartners in der Regierung, der Demokratischen Partei (DS) ist,
ausrichten, dass G 17 nicht länger eine "Geisel der unfähigen DS-Kader"
sein wolle. Premier Cvetkovic habe keine Autorität mehr und wegen der
mangelnden Koordination verliere die Regierung auch rapide an Ansehen in
der Bevölkerung.
Ohne die Unterstützung von G 17 würde die Koalitionsregierung die knappe
Parlamentsmehrheit verlieren. Obwohl alle Regierungsparteien, inklusive G
17, Neuwahlen vermeiden möchten, gilt Dinkic als stur und unnachgiebig. Er
und seine neoliberalen Parteien waren direkt für den Sturz von zwei
Regierungen verantwortlich, an denen sie nach der politischen Wende im Jahr
2000 beteiligt waren.
"Die Ratten verlassen das sinkende Schiff", konnte man in serbischen
Oppositionskreisen noch vor zwei Wochen hören, als Gesundheitsminister
Tomica Milosavljevic, auch Mitglied von G 17, sein Amt niederlegte. Die
Gründe für seinen Rücktritt seien rein privater Natur, erklärte der "ewige"
Minister, doch niemand nahm ihm das ab.
Nach den Lehrern und Polizisten fordern nun auch die Gewerkschaften im
Gesundheitswesen eine Gehaltserhöhung und kündigen für Ende Februar einen
Streik an. Vergebens wiederholten Regierungsvertreter, dass man aus der
leeren Staatskasse nichts mehr herausholen könne
Ausgelöst hatte Dinkic Zorn die Erklärung eines Staatssekretärs der DS, in
der es hieß, dass der Wirtschaftsminister, der auch zuständig ist für die
regionale Entwicklung, sein Amt missbrauche, um für die eigene Partei zu
werben. Konkret: Dinkic würde die Staatsgelder in jene Gemeinden leiten, in
denen seine Partei an der Macht ist. Dinkic forderte den Premier sofort
auf, den Sekretär zu feuern. Als nichts geschah, attackierte er den
Minister- und den Staatspräsidenten.
Als größte Regierungspartei wird vor allem die DS für die soziale Misere im
Lande verantwortlich gemacht, die rechtspopulistische Opposition führt
schon in Meinungsumfragen. Neuwahlen mehr als ein Jahr vor regulären
Parlamentswahlen sind das Letzte, was die DS will. Andererseits können es
sich die DS, der Minister- und der Staatspräsident nicht leisten, noch mehr
an Autorität zu verlieren, wenn sie Dinkic nachgeben.
Neuwahlen könnte man eventuell nur durch eine Kabinettsumbildung
verhindern, und wenn Dinkic eine Minderheitsregierung unterstützen würde.
Was immer an der politischen Spitze geschieht, es wird den wachsenden Unmut
der verarmten Bevölkerung nicht mindern.
14 Feb 2011
## AUTOREN
Andrej Ivanji
## ARTIKEL ZUM THEMA
UN-Tribunal in Den Haag: Kein Freispruch für Vojislav Seselj
Das Verfahren gegen den serbischen Ultranationalisten wird fortgesetzt. Er
steht wegen Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien in Den Haag vor
Gericht.
Serbiens Opposition will Neuwahlen: Protest der Unzufriedenen
Zehntausende gehen in Belgrad gegen Arbeitslosigkeit und Armut auf die
Straße. Notfalls soll das Parlament belagert werden. Doch die EU ist nicht
länger der Bösewicht.
Lehrer-Streik in Serbiens Schulen: Setzen, sechs!
Seit Freitag streiken Serbiens Lehrer. Damit protestieren sie gegen lausige
Gehälter und die desolate Lage an den Schulen. Doch die Regierung bleibt
hart.
Kommentar Serbische Finanzkrise: Die Hoffnung ist schon tot
Viele Serben leben am Existenzminimum und nehmen die Politiker nur als
überfordert und korrupt wahr. Dazu fehlen in der Opposition die
Alternativen. Die Lunte ist gelegt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.